Blaulicht ein und los!

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Pressemitteilung: 04.11.2023; Zwei Männer sind wegen eines Brandes in Weyhe mit ihren Privatwagen auf dem Weg zum Feuerwehrgerätehaus,
als der 35-Jährige an einer Kreuzung ein Rotlicht ignoriert und mit seinem 47-jährigen Kameraden zusammenstößt.



Jeder Lenker eines Einsatzfahrzeuges ist alleine und voll verantwortlich für alle Handlungen während der Einsatzfahrt. Die StVO gibt einen Spielraum, dessen Freiraum bei jeder Fahrt jeweils es zu prüfen gilt. Von FT Ing. Richard Berger, Freiwillige Feuerwehr der Stadt Mödling

Rotlicht stoppt Blaulicht
Foto: Uwe Ahlemeyer Polizei Gütersloh

Die Regeln der Straßenverkehrsordnung gelten für alle Verkehrsteilnehmer. So ist laut StVO ein Einsatzfahrzeug dann ein solches, wenn [es] aufgrund der kraftfahrrechtlichen Bestimmungen blaues Licht und Folgetonhorn (Schallzeichen mit einer Aufeinanderfolge verschieden hoher Töne) führt, [und zwar] für die Dauer der Verwendung eines dieser Signale.“
Das bedeutet, ein Feuerwehrfahrzeug, welches sich laut Kraftfahrgesetz durch die ausschließliche oder vorwiegende Verwendung für den Feuerwehrdienst auszeichnet, ist nur dann ein Einsatzfahrzeug, wenn eines der beiden Einsatzwarnzeichen verwendet wird. „Besonders ist die gesetzlich geforderte erhöhte Sorgfaltspflicht der Lenker von Einsatzfahrzeugen zu beachten“, weist OBI Karl Eder – im Zivilberuf als Chefinspektor der stellvertretende Leiter der Polizeiinspektion Mödling – als Ausbildungsoffizier der Freiwilligen Feuerwehr Mödling auf den Vertrauensgrundsatz hin. „Der Lenker muss sich sicher sein, dass die Straßenbenützer ihn als Einsatzfahrzeug erkennen können.
Das bedeutet, der Kraftfahrer muss durch die Verwendung von Blaulicht und die zusätzliche Verwendung des Folgetonhornes der Situation entsprechend auf sich aufmerksam machen.“ Dennoch bedeutet die Verwendung von Einsatzwarnzeichen keinen Freibrief. „Neben den gesetzlichen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung, dem Kraftfahr- und Führerscheingesetz, sowie den jeweiligen länderspezifischen Feuerwehrgesetzen gilt besonders ein Gesetz, welches auch mit ‚Augenzudrücken‘ immer geahndet wird: das Gesetz der Physik. Ein Fahrzeug mit 18 Tonnen Eigengewicht steht nicht innerhalb von 0,2 Sekunden.“ OBI Eder ist seit langem für die Rechtsschulungen in der Feuerwehr Mödling zuständig. Auch auf Bezirksebene schult der langgediente Feuerwehrmann und Polizist, Kraftfahrer im Rahmen der Maschinistenausbildung auf die gesetzliche Lage rund um die Einsatzfahrten.


Wenn Sie so die Feuerwehr sehen, sollte man sofort Platz machen; es geht um Sekunden.
Foto: Ing. Richard Berger

Einsatzfahrt


Der Einsatzfahrer oder die Einsatzfahrerin muss sich also überzeugen, dass andere Straßenteilnehmer sie als solchen erkennen. Dies führt zu einem Problem: Der Nachweisbarkeit. Generell wird die „Folgetonhorninflation“ zu einem immer größeren Problem. „Permanente Dauertonfahrten – egal welcher Organisation – führen zu einer Abstumpfung der Autofahrer. Es wird das Sondersignal vernommen, aber viele können keinen Unterschied zwischen Feuerwehr, Rettung, Polizei, E-Werk, Gaswerk oder Telekom erkennen. Die Verkehrsteilnehmer warten, bis diese etwas sehen, um zu reagieren.“, berichtet OBI Karl Eder im Gespräch.


Aber Einsatzsignale dürfen nur unter besonderen Umständen verwendet werden:

  • Gefahr in Verzug, zum Beispiel bei Fahrten zum und vom Ort der dringenden Hilfeleistung oder zum Ort des sonstigen dringenden Einsatzes,
  • Bei unmittelbaren Einsatzsituationen, wo sich daraus Gefahr im Verzug und somit ein dringender Einsatz ergibt, oder
  • Am Ort der Hilfeleistung oder des sonstigen Einsatzes aus Gründen der Verkehrssicherheit, jedoch nur Blaulicht.


Aus diesen drei Punkten ergibt sich eine weitere Spitzfindigkeit: Wann ist wirklich Gefahr in Verzug? Nehmen wir die klassischen Gefahren wie Wohnungsbrand oder Menschenrettung einmal aus, müssen wir uns als Einsatzfahrer die Frage stellen: Muss das sein? Ob nun – alle Tierschützer mögen mir verzeihen – die Taube noch acht Sekunden länger im Drahtzaun verfangen ist oder ob die beiden Fahrzeuge im Graben, wo keine Person gefährdet ist, noch 20 Sekunden länger dort liegen spielt in 98% der Fälle keine Rolle. Und wenn etwas passiert, dann haben Sachverständige und Richter alle Zeit der Welt die Entscheidung des Fahrzeuglenkers zu überdenken. So schreibt der Gesetzgeber eindeutig vor, dass bei einer nicht dringenden Hilfeleistung (z.B.: Unterstützung der Polizei bei nicht dringenden Maßnahmen) die Fahrt nicht unter Einsatzwarnzeichen durchzuführen und erst am Einsatzort das Blaulicht zur Absicherung einzuschalten ist.


Vorrang


Laut StVO § 19 Abs. 2 haben „Einsatzfahrzeuge (…) immer den Vorrang.“ Aber gerade bei diesem Satz sei erneut auf die besondere Sorgfaltspflicht hingewiesen. So ist die rote Ampel bei einer Einsatzfahrt als Stopp-Tafel zu betrachten. „Die Lenker von Einsatzfahrzeugen dürfen auch bei rotem Licht in eine Kreuzung einfahren, wenn sie vorher ANGEHALTEN und sich überzeugt haben, dass sie hiebei nicht Menschen gefährden oder Sachen beschädigen.“ So sagt es § 26 Abs. 3.2. der StVO. (vgl. hierzu „Die Österreichische Feuerwehr“ 5/1995 Artikel „Rotlicht für Blaulicht“ von Dr. Rudolf Keplinger, Bundespolizeidirektion Linz) Aber auch auf einer ungeregelten Kreuzung hat der Einsatzfahrer seine Fahrverhältnisse den Gegebenheiten anzupassen. „Gibt ein Verkehrsteilnehmer dem Einsatzfahrer nicht den Vorrang, so ist dies eine einfache Verwaltungsübertretung. Kommt es zum Verkehrsunfall, vielleicht sogar mit Personenschaden, so gilt für den Lenker des Einsatzfahrzeuges ein Straftatbestand!“ bringt OBI Eder die Sache auf den Punkt. „Wenn der Einsatzfahrer auf einer ampelgeregelten Kreuzung rot hat, so dürfen die Verkehrsteilnehmer bei Grün fahren. Dies gilt auch für Fußgänger. Grün heißt freie Fahrt.“, so Eder weiter. Auch die geliebte Einbahnregelung darf nicht ohne Grund aufgehoben werden. Einsatzfahrzeuge dürfen nur dann gegen die Einbahn den Einsatz anfahren, wenn dies gar nicht anders oder nicht in der gebotenen Zeit möglich ist. „Gar nicht“ ist leicht zu definieren. „Nicht in der gebotenen Zeit“ ist hier schon etwas schwammiger. So ist es sicher nicht erlaubt, die entgegengesetzte Richtungsfahrbahn zu verwenden, um so zehn Sekunden einsparen zu können. Aber auch hier sind der Einsatzfahrer und die Einsatzfahrerin gefordert, die richtige Entscheidung zu treffen. Passiert etwas, haben wieder Richter und Sachverständige das Wort. Wir kennen das von etwas weiter oben. Wenn etwas passiert…
Wenn der tragische Fall eines Verkehrsunfalles bei einer Einsatzfahrt eintrifft, so hat der Einsatzfahrer die Fahrt zu unterbrechen und an der Sachverhaltsdarstellung mitzuwirken. Das Gesetz schützt den Geschädigten. Ein Weiterfahren kommt dem Tatbestand einer Fahrerflucht gleich. Egal, welcher noch so dringende Einsatz auf das Fahrzeug wartet. OBI Eder: „In einem solchen Fall ist ein Funkspruch abzusetzen, dass das Fahrzeug außer Betrieb gestellt wurde. Eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls, auch wenn keine Personen zu Schaden kamen, ist sinnvoll.“ Das bedeutet, dass eine Selbstanzeige bei einer Streife der Polizei am Einsatzort bei einer Sachbeschädigung nicht ausreicht. Sollte kein Fahrzeughalter anwesend sein, weil zum Beispiel der Seitenspiegel eines parkenden Fahrzeuges beschädigt wurde, so sollten zumindest die Daten am Fahrzeug hinterlassen werden und es ist UNVERZÜGLICH die nächste Polizeiinspektion aufzusuchen, wo eine Selbstanzeige durchgeführt wird. Die Fahrt zur Polizeiinspektion ist ohne Blaulicht und ohne Folgetonhorn zu absolvieren.


...nur hier am Strand gibt es nicht so viele Gefahren für die Fahrzeugführer von Rettungsfahrzeugen.
Foto: BR 01072010

Zusammenfassung

Der Einsatzfahrer hat ein schweres Los. Einerseits soll er schnell zum Einsatzort. Er oder sie darf die mitfahrenden Feuerwehrmitglieder, sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden oder Sachen beschädigen. Der Lenker muss die rechtlichen und physikalischen Gesetze berücksichtigen und muss aufgrund der besonderen Sorgfaltspflicht andere Verkehrsteilnehmer – ob Fußgänger, Fahrradfahrer oder Autofahrer – besonders respektieren. „Am besten ist es, wenn man sich folgende Sätze immer im Gedächtnis hält: ‚Ich habe Personen im Fahrzeug. Es bringt nichts, gar nicht am Einsatzort anzukommen. Blaulicht und Folgetonhorn schließen den Lenker eines Einsatzfahrzeuges nicht aus dem Vertrauensgrundsatz aus!“, fasst OBI Karl Eder das Thema Einsatzfahrt zusammen.


Quelle:

FT Ing. Richard Berger

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  • E - Mail: Richard.Berger@ffmoedling.at



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