Verdampfungswärme

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Wasserdampf über einem Herd
Foto: Rainer Schwarz
Gleichgewichtsänderung am Beispiel des Wassers
Die Sättigungsmenge von Wasserdampf in Luft in Funktion der Temperatur Quelle: Markus Schweiß

ie Verdampfungsenthalpie ΔHv, nicht-fachsprachlich auch Verdampfungswärme, im Zusammenhang mit Verdunstung umgangssprachlich Verdunstungskälte genannt, ist diejenige Energie, die benötigt wird, um eine bestimmte Menge einer Flüssigkeit zu verdampfen, also vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand zu überführen. Die Kondensation (Verflüssigung) als Umkehrung der Verdampfung setzt denselben Betrag an Energie wieder als Kondensationsenthalpie (früher auch als Kondensationswärme oder latente Wärme bezeichnet) frei.

Die Energie kann dem System in Form von Wärme und/oder Arbeit (Physik) zugeführt werden. Im Offenes System ist die Verdampfung Isotherme Zustandsänderung und Isobare Zustandsänderung, während das Volumen des Stoffs zunimmt. Die Verdampfungsenthalpie ist ein wichtiger Stoffwert in der Dampfdruckkurve. Sie nimmt mit zunehmendem Druck und zunehmender Temperatur ab und wird am sogenannten „Kritischer Punkt (Thermodynamik)“ zu Null. Technisch wird die Verdampfungsenthalpie z. B. zur Kühlung angewendet.


Abtrennarbeit

Für den Übergang vom flüssigen in den gasförmigen Aggregatzustand muss – auch falls sich die Flüssigkeit schon am Siedepunkt befindet – Energie in Form von Wärme und/oder Arbeit zugeführt werden. Diese Abtrennarbeit dient zur Überwindung der Chemische Bindung|Anziehungskräfte zwischen den Molekül|Flüssigkeitsteilchen. Dabei geht die zugeführte Energie aufgrund des Energieerhaltungssatzes nicht verloren, sondern wird zu einem Teil der im Gas gespeicherten und bei der Kondensation wieder frei werdenden Energie.

Bei verflüssigten Edelgasen ist die Abtrennarbeit am kleinsten, da nur Van-der-Waals-Kräfte überwunden werden müssen, bei anderen Flüssigkeiten kommen Elektrisches Dipolmoment oder Wasserstoffbrückenbindung hinzu. Noch größer ist die Verdampfungsenthalpie bei den Metallen (starke metallische Bindung) und am größten bei den Salzen wegen deren sehr starker Ionische Bindung.
Beispiel: Um ein Kilogramm Wasser bei 100 °C und 1013 mbar zu verdampfen, ist die Abtrennarbeit ΔW = 2088 kJ aufzuwenden. Dieser vergleichsweise hohe Wert resultiert aus den Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Wassermolekülen im flüssigen Aggregatzustand.


Verschiebungsarbeit im isobaren Fall

Außerdem hängt der Betrag der zuzuführenden Verdampfungsenthalpie von den Prozessbedingungen ab. Geschieht die Verdampfung oder Verdunstung Isobare Zustandsänderung bei konstantem Druck p, wie es oft der Fall ist, so muss das entstehende Gas, um sich vom Flüssigkeitsvolumen VF auf das Gasvolumen VG auszudehnen, gegen den äußeren Druck p die Verschiebungsarbeit 1=p·(VG-VF) = p ΔV leisten. Die zugeführte Energie wird also sowohl für Abtrennarbeit als auch für Verschiebungsarbeit verbraucht: 1=ΔHv = ΔU + p·ΔV.

Beispiel: Bei 100 °C und 1013 mbar hat ein Kilogramm Wasser im flüssigen Zustand ein Volumen von 1,04 dm3 und im gasförmigen Zustand ein Volumen von 1,673 m3. Die Wasser-Konzentration in der Gasphase beträgt bei 100 °C dann 598 g/m3 (siehe Dampfdruckkurve).

Die Volumenzunahme beim Verdampfen beträgt also 1,672 m3 und die bei der Ausdehnung gegen den äußeren Luftdruck geleistete Verschiebungsarbeit 169 kJ. Die unter isobaren Verhältnissen bei 100 °C und 1013 mbar pro kg Wasser zuzuführende Verdampfungsenthalpie beträgt daher ΔHv = ΔU + p·ΔV = 2088 kJ + 169 kJ = 2257 kJ = 2,257 MJ.

Unter anderen Bedingungen, wie z. B. Verdampfen ins Vakuum, Verdampfen bei konstantem Volumen usw. gelten andere Gesetzmäßigkeiten.


Zugehörige thermodynamische Größen
Zustandsgröße- und Prozessgrößen
Enthalpie H, Verdampfungsenthalpie ΔHv
Druck p, Flüssigkeitsvolumen VF, Gasvolumen VG
Verschiebungsarbeit (W =) p ΔV, Volumenänderungsarbeit Wv
Innere Energie U 

Die aus den Zustandsgrößen , und gebildete Zustandsgröße

heißt Enthalpie. Ändern sich , und um die Beträge , und , so ändert sich um den Betrag

.

Bleibt der Druck, wie im hier betrachteten Fall, konstant, so ist

.

In diesem isobaren Fall ist die zugeführte und auf Abtrenn- sowie Verschiebungsarbeit verteilte Energie

also gleich der Enthalpieänderung des Systems

und wird entsprechend Verdampfungsenthalpie ΔHv genannt.

Beispiel: die Verdampfungsenthalpie von 1 kg Wasser beträgt 2257 kJ (bei 100 °C).

Zahlreiche alltägliche Verdampfungs- und Verdunstungsvorgänge finden im Offenes System unter isobaren und isothermen Bedingungen statt, weil die betreffenden Systeme dem atmosphärischen Luftdruck ausgesetzt sind.

Die stoffspezifische Verdampfungsenthalpie hängt von der Temperatur, nicht dagegen vom äußeren Luftdruck ab. Tabellenwerte finden sich meist für die Siedetemperatur des Stoffes (Dampfdruck des Stoffs ist dann 1013 mbar). Die spezifische Verdampfungsenthalpie bezieht sich auf 1 kg (bzw. 1 g), die molare Verdampfungsenthalpie auf 1 mol des verdampfenden Stoffs.

Für beliebige Temperaturen kann die molare Verdampfungsenthalpie über den gemessenen Dampfdruck (des zu destillierenden Stoffs) mit der Beziehung von Clausius-Clapeyron-Gleichung berechnet werden (Sättigungsdampfdruck).


Temperaturen berechneter Verdampfungsenthalpie für Wasser


Tempe-
ratur in
°C
Verdampfungs-
enthalpie in
kJ mol−1
Bemerkung
0 0 0 45,054
0 25 43,990 häufige Tabellierungstemperatur
0 40 43,350
0 60 42,482
0 80 41,585
100 40,657 Normalsiedepunkt
180 36,304 1 MPa (10 bar) Druck
≈ 374 000 22 MPa, kritischer Punkt

Die molare Verdampfungsenthalpie (in kJ/mol) kann in die spezifische Verdampfungsenthalpie (in kJ/g) umgerechnet werden, indem man sie durch die molare Masse (hier: 18,02 g/mol für Wasser) teilt.

Die molare Verdampfungsenthalpie von Wasser kann im Temperaturbereich von 273 bis 473 K (0 bis 200 °C) durch folgende empirische Formel berechnet werden:


Kondensationsenthalpie

Kondensation das Gas unter denselben Bedingungen wieder, so wird die zum Verdampfen aufgewandte Verdampfungsenthalpie in Form der betragsmäßig identischen Kondensationsenthalpie auch wieder frei. Man spricht dann umgangssprachlich davon, dass diese Energie in Form nicht fühlbarer Latentwärme im Gas gespeichert gewesen sei. Dabei handelt es sich jedoch nicht um thermische Energie, sondern um diejenige Energie (Abtrenn- und Verschiebungsarbeit), die bei der Verflüssigung durch die Abnahme des Volumens wieder frei wird.


Sublimationsenthalpie

Bei der Sublimation (Physik) (Phasenumwandlung von fest nach gasförmig) spricht man von Sublimationsenthalpie, die zusätzlich zur Verdampfungsenthalpie auch die Schmelzenthalpie des Stoffes beinhaltet. Auch Wassereis kann sublimieren, daher trocknet Wäsche auch bei Temperaturen unter 0 °C.


Anwendungen

Die Verdampfungsenthalpie wird vor allem zum Wärmetransport genutzt:

  • Siedekühlung
  • Funktionsgrundlage des Kühlturms („Rieselkühler“)
  • stromlos betreibbare „Verdunstungs-Kühlschränke“
  • die Kühlung beispielsweise des menschlichen Körpers durch Schweiß.
  • Kältemaschine / Wärmepumpe: die Verdampfungsenthalpie wird an der (zu) kühlenden Seite aufgenommen (Verdampfer) und an der (zu) heizenden Seite abgegeben (Kondensation).
  • Bei der Heizung durch Verbrennung von Kohlenwasserstoffen fällt das Wasser als Reaktionsprodukt der Verbrennung gasförmig an. Dessen Verdampfungsenthalpie ist im Abgas gespeichert. Brennwertkessel kondensieren den Wasserdampf zum größten Teil und gewinnen die dabei frei werdende Kondensationsenthalpie zurück.

Negativbeispiele sind:

  • Verdunstungskälte:
    • weiteres Abkühlen der Autoscheiben bei fahrtwindbegünstigter Verdunstung alkoholhaltiger Scheibenwaschzusätze; daher müssen diese Mischungen für sehr viel tiefere Temperaturen ausgelegt sein als die Außentemperatur im Winter
    • Frieren bei nasser Haut oder Kleidung
    • Bei der Entnahme von Gas aus Flüssiggasbehältern, wie bei Kohlendioxid, Stickstoff und Propangas, kühlen die Rohrleitungen stark ab und müssen oft zum

Beispiel mittels Metallrippen durch Konvektion der Umgebungsluft erwärmt werden.

  • Kondensationsenthalpie:
    • Zur Verflüssigung von Gasen müssen hohe Energiemengen zur Kühlung und/oder zur Erhöhung des Drucks eingesetzt werden, weil Gase unter Umgebungsdruck erst bei sehr niedrigen Temperaturen kondensieren.
    • Die Dampfmaschine und auch das Gas-und-Dampf-Kombikraftwerk (GuD) haben eine um die Verdampfungsenthalpie des Wassers verminderten Wirkungsgrad, weil die Abwärme des Kondensator (Verfahrenstechnik) (falls vorhanden) meist nicht genutzt wird.


Übersicht Verdampfungsenthalpien der chemischen Elemente

Spezifische Verdampfungsenthalpie Δhv [kJ/g] und die molare Verdampfungsenthalpie Δhv [kJ/mol] der reinen Chemisches Element für die Siedetemperatur des Elements und einen Druck von 1013 hPa. Alle Angaben wurden von den jeweiligen Datenübersichten der im Einzelnen genannten Elemente übernommen.


Hauptgruppenelemente:

chemisches Element molare Masse [g/mol] Siede­temp. [°C] Δhv [kJ/mol] Δhv [kJ/g]
1. Hauptgruppe
Wasserstoff (H2) 002,016 −253 00 0,90 0 0,446
wayback=20041113103216 | 006,941 1342 146 21,0
0 22,99 0 883 0 97,0 0 4,22
Kalium 0 39,10 0 759 0 79,9 0 04
Rubidium 0 85,47 0 688 0 72,2 0 0,845
Caesium 0 132,9 0 705 0 67,7 0 0,510
Francium 223,0 0 677 0 64 0 0,29
2. Hauptgruppe
Beryllium 0 00 012 2477 292 32,4
Magnesium 0 24,33 1090 127 0 5,24
Calcium 0} 0,08 1484 154 3,83
Strontium 0 87,62 1382 144 0 1,64
Barium 137,3 1640 142 0 1,03
Radium 226,0 1737 137 0 0,605
3. Hauptgruppe
Bor 10,81 3927 490 45,3
Aluminium 0 26,98 2467 293 10,9
Gallium 0 69,72 2204 259 0 3,71
Indium 114,8 2072 232 0 2,02
Thallium 204,4 1473 164 0 0,803
4. Hauptgruppe
Kohlenstoff (subl.) 12,01 4850 717 59,5
Silizium 0 28,09 2355 384 13,7
Germanium 072,64 2820 331 0 4,56
Zinn 118,7 2602 296 0 2,49
Blei 207,2 1749 178 0 0,858
5. Hauptgruppe
Stickstoff (N2) 0 28,02 −196 00 5,59 0 0,199
Phosphor 0 30,97 0 277 0 12,1 0 0,392
Arsen (subl.) 0 74,92 0 616 0 34,8 0 0,464
Antimon 121,8 1587 0 77,1 0 0,634
Bismut 209,0 1564 105 0 0,502
6. Hauptgruppe
Sauerstoff (O2) 0 32,00 −183 00 6,82 0 0,213
Schwefel 0 32,07 0 445 00 9,6 0 0,30
Selen 221 0 684,6 0 26,3 0 0,333
Tellur 127,6 0 450 0 52,6 0 0,412
Polonium 209,0 0 962 120 0 0,574
7. Hauptgruppe
Fluor (F2) 0 38,00 −188 00 6,54 0,172
Chlor (Cl2) 0 70,90 0 −34 0 20,4 0 0,288
Brom (Br2) 159,8 0 +59 0 29,6 0 0,193
Iod (I2) 253,8 +184 0 41,9 0 0,164
Astat 210,0 +337 0 30 0 0,14
8. Hauptgruppe
Helium 00 4,003 −269 00 0,084 0 0,0211
eon 0 20,18 −246 00 1,73 0 0,0859
Argon 0 39,95 −186 00 6,45 0 0,161
Krypton 0 83,80 −153 00 9,03 0 0,108
Xenon 131,3 −108 0 12,6 0,0962
Radon 222,0 0 −62 0 16,4 0 0,0739



Nebengruppenelemente: (alle Daten konsistent mit den bei den einzelnen Elementen genannten. Die spezifische Verdampfungsenthalpie wurde aus der molaren Verdampfungsenthalpie berechnet; sie gelten am Siedepunkt der Elemente)

chemisches Element molare Masse [g/mol] Siede­temp. [°C] Δhv [kJ/mol] Δhv [kJ/g]
Scandium 44,96 2830 314 6,99
Titan (Element) 47,87 3287 421 8,80
Vanadium 0,94 3409 452 8,87
Chrom 52,00 2672 344 6,62
Mangan 54,94 1962 226 4,11
Eisen 55,85 2750 350 6,26
Cobalt 58,93 2927 377 6,39
Nickel 58,69 2913 370 6,31
Kupfer 63,55 2567 300 4,73
Zink 65,41 0 907 115 1,76
Yttrium 88,91 3336 363 4,08
Zirconium 91,22 4409 591 6,47
Niob 92,91 4744 697 7,50
Molybdän 95,94 4639 598 6,23
Technetium 98,91 4877 660 6,67
Ruthenium 101,1 4150 595 5,89
Rhodium 102,9 3695 493 4,79
Palladium 106,4 2963 357 3,35
Silber 107,9 2162 251 2,32
Cadmium 112,4 0 767 100 0,890
Lanthan 138,9 3457 414 2,98
Cer 140,1 3426 414 2,95
Praseodym 140,9 3520 297 2,11
Neodym 144,2 3100 273 1,89
Promethium 146,9 3000 290 1,97
Samarium 150,4 1803 166 1,11
Europium 152,0 1527 144 0,944
Gadolinium 157,3 3250 359 2,29
Terbium 158,9 3230 331 2,08
Dysprosium 162,5 2567 230 1,42
Holmium 164,9 2695 241 1,46
Erbium 167,3 2510 193 1,15
Thulium 168,9 1947 191 1,13
Ytterbium 173,0 1194 127 0,7
Lutetium 175,0 3395 356 2,03
Hafnium 178,5 4603 575 3,22
Tantal 180,9 5458 743 4,11
Wolfram 183,8 5555 824 4,48
Rhenium 186,2 5596 715 3,84
Osmium 190,2 5012 628 3,30
Iridium 192,2 4428 604 3,14
Platin 195,1 3827 510 2,61
Gold 197,0 2856 334 1,70
Quecksilber 200,6 0 357 0 59,2 0,295
Actinium 227,0 3200 293 1,29
Thorium 232,0 4788 514 2,22
Protactinium 231,0 4027 470 2,03
Uran 238,0 4134 423 1,78
Nepnium 237,0 3902 k. A.
Plutonium 244,1 3327 325 1,33
Americium 243,1 2607 239 0,981
Curium 247,1 3110 k. A.


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