Anhaltspunkte zur Täterprofilerstellung bei Brandstraftaten

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„Anhaltspunkte zur Täterprofilerstellung bei Brandstraftaten“

-Einfach- und Mehrfachbrandstifter im Vergleich-


Abschlussarbeit zur Erlangung des Titels "Master of Arts" in Kriminologie und Polizeiwissenschaft

am Lehrstuhl für Kriminologie der juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum im Wintersemester 2011/2012


Erstgutachter: Dr. Holger Roll
Zweitgutachter: Diplom-Kriminalist Matthias Lapp


Auf Grund des großen Gefahrenpotenzials ist die Öffentlichkeitswirksamkeit eines Brandes schon immer enorm groß gewesen. Durch die enorme Zerstörungskraft sind die angerichteten Schäden sehr groß. Deutsche Hausrat- und Wohngebäudeversicherer zahlen Summen in Milliardenhöhe für Brandschäden. Entsprechend groß ist der Druck, der auf den Ermittlungsbehörden lastet, Brandstraftaten aufzuklären.

Im Gegensatz zu anderen Delikten haben Brandstiftungen jedoch eine Besonderheit, die hier herausgestellt werden muss: Bedingt durch die Folgen der Tat sind in der Regel sämtliche objektiven Spuren am Brandort zerstört oder oft so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass sie für die weitere Ermittlungsarbeit nur noch bedingt oder gar nicht mehr nutzbar sind. Dieses deliktsspezifische Phänomen bringt die Ermittlungsbehörden regelmäßig an die Grenzen ihrer Möglichkeiten. Es ist daher erforderlich hier speziellere Methoden zum Einsatz zu bringen bzw. zu entwickeln, um den besonderen Erfordernissen dieser Deliktsart gerecht zu werden.

Dieser Bedarf wurde teilweise bereits erkannt, was zur Folge hatte, dass Serienbrandstiftungen neben Kapitaldelikten eine der wenigen Deliktsarten sind, bei denen im Einzelfall die Anwendung der Operativen Fallanalyse in Betracht gezogen wird. Allerdings gibt es noch verhältnismäßig wenig empirisch belegte Erkenntnisse, die im Rahmen einer Operativen Fallanalyse Anwendung finden können. Ein klares Forschungsdesiderat ist hier im Bereich der Erstellung von Täterprofilen zu erkennen. Die vorliegende Arbeit soll helfen diese Lücke adäquat zu schließen. Eine gesonderte Betrachtung der Tat und ihrer Bedingungen sowie der Motivation des Täters zur Tatausführung erfolgt nicht. Einzig die unmittelbaren Angaben zur Person des Täters sind ausschlaggebend, da diese im Einzelfall die Grundlage für die Erstellung eines Täterprofils bilden.

Die vorhandenen Angaben sind Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Täterprofil von Brandstiftern“, welches im Oktober 2000 durch das LKA Brandenburg, unter der Beteiligung der Polizeifachhochschule (FHPol) des Landes Brandenburg, ins Leben gerufen wurde. Die Zielstellung war hierbei, Brandermittlern ein praxisnahes und taugliches Hilfsmittel für die:

  • „Bewertung der Informationen vom Brandort,
  • Bestimmung des Tatverdächtigenkreises,
  • Überprüfung konkreter Tatverdächtiger,
  • Überführung des Brandstifters und
  • Erkennung von Serienbrandstiftungen“


in ihrer täglichen Ermittlungsarbeit an die Hand zu geben. Es soll bei der Versionsbildung und -überprüfung weitere Anregungen und Hilfestellungen geben und so die Ermittlungen effektivieren. Ziel war die Schaffung einer Datenbank (BIAS ), die sich ausschließlich mit Brandstraftätern auseinandersetzt und so, ähnlich wie VICLAS , täter- und tatbezogene Daten zur Verfügung stellt. Da am Brandort durch das Feuer, wie bereits geschildert, häufig die objektiven täterbezogenen Beweismittel vernichtet werden, muss sich verstärkt auf den subjektiven Tatbefund konzentriert werden. Daher war die Grundannahme maßgeblich, dass Rückschlüsse vom Modus Operandi auf die Täterpersönlichkeit gezogen werden können. Für die praktische Umsetzung wurde zunächst in Zusammenarbeit der FHPol Brandenburg mit einem Psychologen, Soziologen und erfahrenen Brandursachenermittlern ein Fragebogen erarbeitet. Er umfasst insgesamt 214 Fragen, welche sich auf verschiedene Themenkomplexe beziehen und sich an den Kriterien zur Kriminalistischen Fallanalyse orientieren. Es wurden jeweils Fragenkomplexe zur Straftatenverteilung, der Uhrzeit des Brandes, dem angegriffenem Objekt, der Vorgehensweise, den Angaben zur Person des Täters, den Angaben zur Motivation des Täters und zur Aufklärung des Falls erstellt. In der vorliegenden Arbeit wurden die täterbezogenen Angaben zu Geschlecht und Nationalität, Familie und sozialen Umfeld, Bildung, psychischen Auffälligkeiten, Suchtverhalten, Entfernungen von Wohn- und Arbeitsort zum Brandort, Straffälligkeit und weitere individuelle Merkmale untersucht. Auch der Anteil der Brandstraftäter in den Reihen der Feuerwehr wurde ausgewertet. Angaben zur Altersstruktur waren auf Grund der Beschaffenheit des vorliegenden Datenmaterials nicht möglich.
Es ist klar hervorzuheben, dass die präsentierten Ergebnisse bei der Ermittlungsarbeit nicht als Sammlung dogmatischer Merkmalsraster angesehen werden dürfen. Vielmehr stellt die vorliegende Arbeit einen Versuch dar, verschiedene Versionen nach Wahrscheinlichkeiten geordnet zur Verfügung zu stellen, die durch den Ermittler abgeprüft werden können. Somit führt diese Form der Ermittlungshilfe bei vollumfänglicher Nutzung zu einem empirischen Täterprofil, welches bei der Suche nach bzw. bei der Überprüfung von konkreten Tatverdächtigen hilfreich sein kann. Die Zielstellung war, ein Bindeglied zwischen theoretischen Erkenntnissen zur Täterstruktur und den Falldaten auf der einen Seite und der Praxisanwendung dieses Wissens in der Ermittlungsarbeit zu Fällen mit unbekannten Tätern auf der anderen Seite zu schaffen.



Autor:

Martin Awe Master of Arts in Kriminologie und Polizeiwissenschaft



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