Brandfrüherkennung auf der Basis der digitalen Bildverarbeitung

Aus Brand-Feuer.de
Zur Navigation springenZur Suche springen

von Dipl.-Ing. (FH) Michael Orth, Fachjournalist von der Firma Brandschutzplanung Orth

Foto: Securiton GmbH, Alarm- und Sicherheitssysteme

Feuer und Flamme

Durch hohe Rechenleistung heutiger Prozessoren und durch preisgünstige Speicherkapazitäten haben sich der digitalen Bildverarbeitung in den letzten Jahren neue Anwendungsgebiete erschlossen. Dazu gehört die Brandfrüherkennung auf der Basis der digitalen Bildverarbeitung. Zwei Methoden haben sich auf diesem Gebiet etabliert. Die digitale Video-Bildanalyse und die Infrarot-Thermografie. Der Beitrag stellt beide Verfahren gegenüber.
Von einem System zur Brandfrüherkennung erwartet man, dass es Rauch und Feuer schon in der Entstehungsphase zuverlässig erkennt und Alarm schlägt, lange bevor konventionelle Rauch- oder Brandmeldesysteme ansprechen. Punkt- oder linienförmige Rauchmelder und Ansaugrauchmelder prüfen die Umgebung ständig auf feinste Rauchpartikel. In hohen Innenräumen, wie Lager- und Montagehallen, Flugzeughangars oder Atrien, führt das häufig zu Problemen. Im Brandfall vergeht oft wertvolle Zeit, bis aufsteigender Rauch ein Meldersystem erreicht und Alarm auslöst. Herkömmliche Brandmeldetechnik (Rauchmelder) ist für den Einsatz im Freien ungeeignet. Um Brände frühzeitig zu erkennen, kann hier der Einsatz von konventioneller Video-Überwachungstechnik mit intelligenter Bildanalyse oder von Infrarot-Kameras die passende Lösung sein.

digitale Bildverarbeitung

Bei der Video-Bildverarbeitung werden digitale Kamera-Signale auf Bewegungsabläufe und Verhaltensmuster untersucht, um zu erkennen, ob im Bild bestimmte Ereignisse aufgetreten sind. Eine Form der Bildanalyse ist der digitale Videosensor. Diese Sensoren setzen die Helligkeitssignale der Bildpunkte in Grauwerte um. Verändert sich der Bildinhalt, ergeben sich Kontraständerungen in aufeinander folgenden Videobildern, die ausgewertet werden. Alarmkriterium ist die Stärke der Änderungen innerhalb einer Zeiteinheit.
Selbstlernende Videodetektionssysteme generieren aus den Pixeln des Gesamtbildes Vorder- und Hintergrundmuster einer Szene. Filterfunktionen blenden störende Umwelteinflüsse, die zu Falschalarmen führen können - wie Reflexionen, wechselnde Lichtverhältnisse oder Witterungseinflüsse - weitestgehend aus. Die Störgrößen verlieren in der modernen Videosensorik immer mehr an Bedeutung.
Videodetektionssysteme erkennen Personen, Fahrzeuge, Geschwindigkeiten und Bewegungsrichtungen, sowie Lage und Farbe von Gegenständen. Objekte können automatisch verfolgt oder gezählt werden. Bestimmte Verhaltensmuster lassen sich überwachen und unerwünschte Ereignisse detektieren, beispielsweise Gepäckstücke am Flughafen, die länger als üblich an einem Platz stehen oder auch Graffity-Sprayer.

Bilder: Werner Hagedorn m.u.t Aviation-Technology GmbH
Quelle: Ascom (Schweiz) AG
Quelle: http://www.flirthermography.de/

Brandfrüherkennung

Die digitale Videobildanalyse zur Brandfrüherkennung stützt sich auf die Erkennung von charakteristischen Bewegungsmustern, Farben und Kontrasten der aufgenommen Bilder.
Man nutzt dafür herkömmliche Schwarz/Weiß- und Farbkameras. Diese Analogsignale werden digitalisiert, hochauflösende IP-Kameras liefern ohnehin digitale Bilder. Die Bilder werden einem Rechner oder einem speziellen Videoserver zugeführt, dessen Software die Bildsequenzen analysiert. Ein Zusammenspiel hochkomplexer Auswertealgorithmen untersucht die Bildinhalte auf die typischen Kriterien für Rauch oder Feuer und führt Plausibilitätsprüfungen durch. Im Programm sind Schwellwerte einstellbar. Werden diese erreicht oder überschritten, kann das System stufenweise Alarm auslösen; den Voralarm und Hauptalarm.
„Die Zukunft der digitalen Bildanalyse wird zu einem großen Teil in der Entwicklung von Auswerte-Algorithmen liegen, die in der Lage sind, vorgegebene Ereignisse noch präziser zu analysieren und voneinander zu unterscheiden, um Störgrößen weitestgehend auszuschließen“, meint Markus Strübel von der Securiton GmbH.


andere Maßstäbe

Je besser es gelingt, die Eigenschaften und das Verhalten von Brandrauch und Feuer sowie das Verhalten der Größen Nebel, Staub, Dampf, Regen oder Schnee in der Software abzubilden, desto genauer und zuverlässiger wird ein System arbeiten und umso geringer wird die Falschalarmquote ausfallen.
Für viele sicherheitstechnische Aufgaben genügt es, Videobilder aufzuzeichnen, Alarmbilder zu speichern und bei Bedarf die gewünschten Sequenzen abzurufen. Für ein Sicherheitssystem, das mittels Videobildanalyse Rauch und Feuer im Frühstadium erkennen soll, müssen völlig andere Maßstäbe angelegt werden.


Erkennung von Brandrauch und Flammen

In der Frühphase eines Feuers entsteht zunächst halbdurchsichtiger Rauch. Im Videobild verwischen allmählich der Hintergrund und die Konturen der Objekte. Die Bildschärfe verringert sich, die Farbsignale verblassen und verschwinden. In Innenräumen sind diese Kriterien meist ein sicheres Zeichen für Rauch. Im Freien bewirken jedoch Nebel, Staub oder Dampf ein ähnliches Verhalten. Um zu unterscheiden, ob es sich um Brandrauch oder um Störgrößen handelt, sind weitere Faktoren zu berücksichtigen. Es gibt Rechenmodelle, die die charakteristische Flackerfrequenz züngelnder Flammen auswerten. Der mittlere Wert liegt bei etwa zehn Hertz und ist unabhängig vom brennenden Material. Im Frühstadium eines Feuers flimmern auch die Konturen des heißen Rauches mit etwa dieser Frequenz. Das charakteristische Ausbreitungsmuster von Brandrauch und sein dynamisches Verhalten sind die Alarmkriterien.


Farbzusammensetzung

Ein weiteres Merkmal, um Flammen zu identifizieren, ist dessen Farbzusammensetzung. Die Flammenfarbe wiederum ist abhängig vom brennenden Material. Deshalb muss der auszuwertende Farbbereich in der Software voreingestellt werden. Die Farbinhalte einzelner Pixel oder von Pixelgruppen werden mit der RGB-Farbtabelle verglichen. Bezieht man die Flackerfrequenz ein, lässt sich Feuer eindeutig von Objekten mit flammenähnlicher Färbung, blendenden Autoscheinwerfern oder Reflexionen unterscheiden. Sämtliche Werte werden auf Plausibilität geprüft und danach entschieden, ob die Alarmkriterien erfüllt sind.
Die Zuverlässigkeit und Falschalarmsicherheit solcher Anlagen kann durch die Auswahl der Kamerastandorte maßgeblich beeinflusst werden. Diese Systeme müssen mithilfe von Versuchsbränden auf Ansprechempfindlichkeit und Funktion eingerichtet und geprüft werden. Um Falschalarmen vorzubeugen und die Reaktion der Anlage beobachten zu können, ist es sinnvoll, die zu erwartenden Fremdgrößen zu simulieren.
Für eine Früherkennung von Rauch und Feuer mittels Video-Bildanalyse, gibt es bisher keine Standards und keine verbindlichen Normen, Richtlinien oder Prüfverfahren. Diese Technologie hat sich für eine breite Anwendung bislang kaum durchgesetzt. Sie bleibt noch immer Speziallösungen vorbehalten.


Anwendungen mit digitaler Bildanalyse

Das Brandfrüherkennungssystem Firevison von Securiton bietet eine lückenlose Überwachung von Gefahrenherden besonders in großen Bauten und weitläufigen Arealen.
Das System prüft permanent die Bilder, die von den Überwachungskameras eintreffen, auf Rauch- und Feuerentwicklung. Werden kleinste Spuren entdeckt, löst es automatisch Alarm aus und schaltet die Videosequenzen auf die Überwachungsmonitore. Die Einsatzkräfte erhalten sofort ein genaues Bild der Situation. Invis Smoke heißt ein Software-Modul der Ascom AG, das durch intelligente Bildanalyse die Entstehung von Rauch in Straßentunnels überwacht. Zunächst weist das System auf eventuelle Sichtabnormitäten hin, bevor es bei hoher Rauchwahrscheinlichkeit Alarm auslöst. Um die Falschalarmrate zu senken und die Sicherheit zu erhöhen, können diese Systeme als Ergänzung zu einer Brandmeldeanlage installiert werden, an die beispielsweise Temperatursensoren angeschlossen sind.


IR–Thermografie

Während bei der digitalen Bildanalyse die Kenngröße ‚Temperatur’ explizit bereitgestellt werden muss, ist bei dem Verfahren Infrarot (IR)-Thermografie die Oberflächentemperatur von Festkörpern das eigentliche Überwachungskriterium. Jeder Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes (0 Kelvin = -273,15 Grad Celsius) sendet Wärmestrahlung aus. Die Strahlungsintensität wird von Thermografiekameras berührungslos gemessen und daraus die Oberflächentemperatur berechnet. IR-Kameras sind in der Lage, kleinste Temperaturdifferenzen zu messen (< 0,1 Kelvin) und das über einen weiten Messbereich – abhängig vom Gerätetyp von etwa -40 bis über 1.000 Grad Celsius. Mit speziellen Geräten erreicht man Messwerte bis 2.500 Grad Celsius. Die IR-Thermografie macht Wärmestrahlung und Temperaturunterschiede in einer Falschfarbendarstellung sichtbar.


Glutnester und Temperaturveränderungen

Für Brandfrüherkennungssysteme kommen meist stationäre Infrarotkameras zum Einsatz, die im langwelligen IR-Bereich (LWIR, Wellenlänge acht bis 14 Mikrometer) empfindlich sind. Sie können entweder fest montiert einen vorgegebenen Bildbereich kontrollieren (Prozesskontrolle) oder beweglich auf einem Schwenk-Neigekopf gleichmäßig eine zu überwachende Fläche scannen. Sie erkennen kleinste Glutnester und Temperaturveränderungen, lange bevor der Zündpunkt erreicht ist. Ein entscheidender Vorteil dieser Geräte ist, dass man im Brandfall durch Rauch und Wasserdampf noch gut „hindurchsehen“ kann. Anders bei Kameras, die im nahen IR-Bereich arbeiten (NIR, Wellenlängen ca. 0,8 – 1,1 Mikrometer). Sie sind bei Rauch, Staub oder Nebel blind und streuen einfallendes Licht. Diesen Effekt nutzt man zur Raucherkennung. Die Bildsignale werden auch bei IR-Systemen in einer Recheneinheit, meist einem PC-System, analysiert. Die Auswertesoftware liefert einen kontinuierlichen Temperatur-Zeitverlauf über die kontrollierten Bereiche und macht die Temperaturunterschiede als Falschfarbendarstellung sichtbar. Vergleichbar mit den Helligkeitsgrenzwerten der digitalen Bildanalyse, lassen sich bei Brandfrüherkennungssystemen auf IR-Basis Temperaturgrenzwerte einstellen.


Anwendungen mit IR-Kameras

Bei der Lagerung von Abfällen in Müllbunkern, von Brennstoffen oder losem Schüttgut kann sich durch chemische Reaktionen Hitze entwickeln, die zur Selbstentzündung führt. Hier müssen geringe Temperaturerhöhungen erkannt werden, noch bevor sich Rauch entwickelt.
„Entsteht in einem Müllbunker Rauch oder gar Feuer, ist es bereits zu spät“, erläutert Jürgen Fiebig Projektleiter bei der InfraTec GmbH. „Das gilt es unter allen Umständen zu vermeiden, deshalb benötigen wir, bevor ein Feuer ausbricht, einen Zeitvorsprung durch großflächige Temperaturkontrolle, den derzeit nur die IR-Thermografie bieten kann“, so Fiebig weiter.
Ein Überwachungssystem für Straßentunnel mittels IR-Thermografie wurde von der DIAS Infrared GmbH und dem Ingenieurbüro Strehle & Partner entwickelt. Das System besteht aus Infrarot- und CCTV-Kameras sowie einer anwendungsspezifischen Software. Die IR-Kameras scannen Fahrzeuge, die in einen Tunnel einfahren, nach überhitzten Teilen. „In den meisten Fällen sind heiß gelaufene Reifen die Ursache für Tunnelbrände“, sagt Dr. Manfred Zimmerhackl von DIAS Infrared. „Erkennt die Infrarotkamera eine zu hohe Temperatur, werden sofort Maßnahmen eingeleitet, um das betreffende Fahrzeug zu stoppen und aus dem Verkehr zu ziehen.“


auch konventionelle Technik

Auch mit konventionellen CCTV-Kameras lassen sich Lösungen im Infrarot-Bereich realisieren. „Für die Überwachung der Laderäume von Fracht- und Passagierflugzeugen bieten wir ein System mit modifizierten CCTV-Kameras an. Manche CCD-Sensoren sind im nahen IR-Bereich (NIR) hochempfindlich. Mit speziellen Infrarot-Filtern entsteht eine auf die Anwendung zugeschnittene, sensitive Kamera“, erläutert Werner Hagedorn von der M.u.t AG. „Im Gegensatz zur langwelligen Wärmestrahlung wird die NIR-Strahlung an den meisten Oberflächen reflektiert, so dass man Wärmequellen quasi ‚um die Ecke’ erkennen kann“, erklärt Hagedorn. Die Anwendungsgebiete der IR-Thermografie gehen weit über eine Brandfrüherkennung hinaus. Als einer der führenden Hersteller leistungsfähiger Wärmebildsysteme bietet die FLIR Systems GmbH Infrarot-Lösungen für nahezu alle Einsatzbereiche aus einer Hand; von der Bauthermografie über die Prozess- und Fertigungskontrolle bis zur Human- und Veterinärmedizin. In den nächsten Jahren dürften auch diesen Bereichen hinsichtlich der digitalen Bildverarbeitung zahlreiche Neuerungen zu erwarten sein.


Muster und Temperatur

Brandfrüherkennungssysteme auf der Basis digitaler Video-Bildanalyse untersuchen die Bildinhalte auf charakteristische Bewegungs- und Verhaltensmuster sowie auf Kontrastunterschiede der aufgenommenen Bilder. Das Kriterium ‚Temperatur’ muss bei Bedarf durch zusätzliche Wärmesensoren bereitgestellt werden. Bei Dunkelheit erfordert diese Erkennungsfunktion eine Zusatzbeleuchtung.
Die Infrarot-Thermografie überwacht direkt das Kriterium ‚Oberflächentemperatur’. Temperaturwerte werden als Falschfarbendarstellung sichtbar gemacht. D


Die Kameras

können für verschiedene Infrarot-Wellenlängenbereiche ausgelegt und damit den Anforderungen optimal angepasst werden. Eine zusätzliche Beleuchtung ist nicht erforderlich, da alle Körper oberhalb Null Kelvin Wärmestrahlung abgeben.


Quelle:



oder zur Hauptseite