General Slocum

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Die General Slocum war ein Raddampfer der New Yorker Knickerbocker Steamship Company, der am 15. Juni 1904 auf dem New Yorker East River in Brand geriet und sank. Bei der Katastrophe kamen 1.021 Personen ums Leben, hauptsächlich Frauen und ihre Kinder. Es war bis heute die größte zivile Schiffskatastrophe in den USA.

Der Schaufelraddampfer war 1891 aus Holz gebaut worden, 76 Meter lang und für 3.000 Passagiere zugelassen. Benannt war er nach dem Nordstaaten-General und Kongressabgeordneten Henry Warner Slocum.


Das Unglück

Bei den vom Unglück betroffenen Passagieren handelte es sich um Ausflügler der lutherischen St.-Markus-Kirche im Stadtteil Kleindeutschland auf der Lower East Side (East 6th Street). Das Unglück besiegelte den Untergang dieser deutschen Gemeinde, die an diesem Tag das Ende des Sonntagsschuljahres feiern wollten. In New Yorks Kleindeutschland lebten damals etwa 80.000 deutschstämmige Emigranten. Dabei wurde alljährlich ein Boot gechartert, um zu einem nahegelegenen Erholungspark, dem Locust Grove am Long Island Sound, zu fahren. Am 15. Juni 1904 waren 1.388 Personen an Bord der General Slocum.

Etwa um 9:30 entdeckten Matrosen Feuer in einem Laderaum, vermutlich durch ein unachtsam fortgeworfenes Streichholz entzündet. Das Feuer breitete sich rasch aus. Die Löschversuche scheiterten unter anderem weil die Feuerwehrschläuche verrottet waren und unter dem Wasserdruck platzten. Die Besatzung war außerdem nicht im Umgang damit geschult.

Der Kapitän wurde erst zehn Minuten nach Ausbruch des Feuers von der sich anbahnenden Katastrophe unterrichtet. Das Schiff befand sich zu diesem Zeitpunkt im Hell Gate. Dies ist auch heute noch die am schwierigsten zu befahrende Stelle des East River, bedingt durch gefährliche Strudel, die im Laufe der Jahrhunderte viele Schiffsunglücke verursacht haben. Daher war es dem Kapitän nicht möglich, das nahegelegene Ufer anzusteuern, und so gab er den Befehl, mit Volldampf voraus zu der etwa eine Meile entfernten Insel North Brother Island zu steuern. Die nächstgelegen Piers am East River kamen für eine Landung nicht in Betracht, denn dort standen gewaltige Öltanks. Durch die erhöhte Geschwindigkeit wurde das Feuer weiter angefacht.

Unter den Passagieren brach inzwischen Panik aus. Es stellte sich heraus, dass sich der Kork der Schwimmwesten aufgelöst hatte. Die Rettungsboote konnten nicht zu Wasser gelassen werden, da sie mit Farbe am Schiffsrumpf festklebten. Aufgrund der Geschwindigkeit des Schiffes wäre es auch nicht möglich gewesen, sie zu wassern. Die Farbe bot dem Feuer zusätzliche Nahrung.

Als das Schiff schließlich North Brother Island, die bis 1885 als Quarantäne-Hospital genutzt wurde, erreichte, brannte es fast in ganzer Länge. Hier sprangen viele Passagiere ins Wasser, viele ertranken, weil sie größtenteils Nichtschwimmer waren. Da zu diesem Zeitpunkt reger Schiffsverkehr auf dem East River herrschte, beteiligten sich viele Boote an der Rettung bzw. Suche nach Passagieren. Verifiziert wurden 1.021 Opfer des Unglücks. Experten vermuten aber mehr, denn für die Mitnahme von Kindern unter einem Jahr waren keine Tickets notwendig, als ihre Familien den Dampfer bestiegen. Somit gibt es keine verlässlichen Zahlen über die tatsächliche Anzahl der Passagiere und Opfer.


Die Folgen

In den folgenden Wochen wurden umfangreiche Untersuchungen über die Ursache des Unglücks angestellt. Der Kapitän des Schiffs, Captain Van Schaick, wurde vor Gericht angeklagt und zu zehn Jahren schwerer Haft verurteilt. Nach drei Jahren wurde er auf Intervention von Präsident William H. Taft entlassen.

Die Verantwortlichen der Schifffahrtsgesellschaft hingegen wurden nur zu einer geringen Geldstrafe verurteilt, obwohl nachgewiesen werden konnte, dass Dokumente gefälscht worden waren, um die Vernachlässigung der Sicherheitsbestimmungen zu vertuschen. Auch der Prüfinspektor, der dem Schiff einen Monat vor der Katastrophe die Freigabe bescheinigt hatte, kam ohne Strafe frei.

Die Katastrophe der General Slocum hinterließ eine bleibende Wunde. Die Enklave Kleindeutschland löste sich in der Folge weiter auf. Fast jede Familie war von einem Todesfall betroffen. Die Erinnerung bewegte viele dazu, von dort wegzuziehen. Von der Kirchengemeinde und ihrem Wohnbezirk waren im Jahr 1910 bei der Volkszählung nur noch eine Handvoll Familien übrig geblieben. Auf dem Friedhof von Queens sind noch heute viele Grabsteine mit dem gleichen Todesdatum zu finden, dem 15. Juni 1904. Am New Yorker Tompkins Square befindet sich der zentrale Gedenkstein der Slocum-Katastrophe.

In der Folge wurden die Sicherheitsbestimmungen für Dampfschiffe deutlich verschärft. Präsident Theodore Roosevelt setzte eine Kommission ein, die die Katastrophe untersuchen und Vorkehrungen empfehlen sollte, welche eine Wiederholung solch einer Tragödie verhindern sollte. Sämtliche Dampfschiffe wurden daraufhin einer genauen Inspektion unterzogen, die zuständige Behörde United States Steamboat Inspection Service (USSIS) komplett neu organisiert.

Die Überreste der General Slocum wurden geborgen, restauriert und auf den Namen Maryland getauft. Dieses Schiff diente zeitweise als Kohlentender, bis es nach einem schweren Sturm am 4. Dezember 1911 sank.


spätere Entwicklung

Die Erinnerung an das Unglück wurde jedoch kurz darauf von einer weiterern Brandkatastrophe überdeckt: dem Brand der Triangle Shirtwaist Factory, einer Hemdenfabrik, der 146 Tote forderte. Mit dem Ersten Weltkrieg gab es weitere Gründe, das Unglück der deutschstämmigen Immigranten aus der öffentlichen Erinnerung zu drängen. Und auch Amerikaner hörten auf, ihre deutschen Wurzeln zu betonen.

1922 ließ James Joyce seinen Roman Ulysses an einem einzigen Tag handeln, am 16. Juni 1904, dem Tag, an dem die Nachricht von dem Schiffsunglück auch Irland erreichte. 1934 nahm auch ein Kinofilm das Unglück mit einer eindrucksvollen Inszenierung des Brandes als Ausgangspunkt für eine Spielhandlung um zwei Erwachsene, die als Kind den Brand der General Slocum überlebt hatten, aber danach sehr verschiedene Wege beschritten hatten („Manhattan Melodrama“ mit Clark Gable in der Hauptrolle).

Die letzte von ca. 400 Überlebenden des Brandes der General Slocum, Adella Liebenow Wotherspoon aus Watchung in New Jersey, starb 2004 im Alter von 100 Jahren. Damals war sie, als ihre zwei Geschwister bei dem Unglück starben, noch ein Säugling.



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