Ruß: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Brand-Feuer.de
Zur Navigation springenZur Suche springen
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Ruß auf dem Fußboden RS.jpg|thumb|300px|left|Nach einem [[Brand]] sollten sie den [[Ruß]] nicht ohne Schutzausrüstung entfernen. [[Brandfolgeprodukte]] nach einem [[Brand]] sind immer toxisch. Fragen sie bei ihrer [[Gebäudeversicherung]] oder [[Hausratversicherung]] nach einem Spezialunternehmen zur Brandschadensanierung]]  
[[Datei:Ruß auf dem Fußboden RS.jpg|thumb|300px|left|Nach einem [[Brand]] sollten sie den [[Ruß]] nicht ohne Schutzausrüstung entfernen. [[Brandfolgeprodukte]] nach einem [[Brand]] sind immer toxisch. Fragen sie bei ihrer [[Gebäudeversicherung]] oder [[Hausratversicherung]] nach einem Spezialunternehmen zur Brandschadensanierung]]  


'''Ruß''' (von [[Althochdeutsche Sprache|ahd.]] ''ruos'', dunkel-, schmutzfarben) ist ein schwarzer, pulverförmiger Feststoff, der je nach Qualität und Verwendung zu 80% ... 99,5% aus Kohlenstoff besteht.
[[Datei:Russ KFI Deggendorf per FB Jan. 2020.jpeg|thumb|300px|[[Brand]] in einer Werkstatt mit hohen Rußablagerungen.<br/>Vorstellbar ist, welche [[Luftverschmutzung]] entstand.<Br/>Foto: KFI Deggendorf]]
[[Datei:Russ KFI Deggendorf per FB Jan. 2020.jpeg|thumb|300px|[[Brand]] in einer Werkstatt mit hohen Rußablagerungen.<br/>Vorstellbar ist, welche [[Luftverschmutzung]] entstand.<Br/>Foto: KFI Deggendorf]]


Zeile 9: Zeile 8:
[[Bild:Frischer Glansruß.JPG|thumb|300px|[[Glanzruß]] findet man immer häufiger.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]]]]
[[Bild:Frischer Glansruß.JPG|thumb|300px|[[Glanzruß]] findet man immer häufiger.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]]]]


[[Bild:Fingerabdruck.JPG|thumb|300px|Fertigen einer Fingerabdruckspur in der [[Kriminaltechnik]] mit Ruß.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]] 0310]]
{{Dieser Artikel|beschreibt primär die industrielle Chemikalie Industrieruß (Carbon Black) und infolge der umgangssprachlichen Verwendung des Begriffs „Ruß“ das Verbrennungsprodukt Ruß. Für weitere Bedeutungen von ''Ruß'' oder ''Russ'' siehe [[Russ]]}}
[[Datei:Russvrp.jpg|mini|Ruß. Oben ''Furnace-'', unten ''Channelruß'' ([[Transmissionselektronenmikroskop|TEM-Abbildung]]).]]
'''Ruß''' (von [[Althochdeutsche Sprache|ahd.]] ''ruos'', dunkel-, [[schmutz]]farben) ist ein schwarzer, pulverförmiger [[Festkörper|Feststoff]], der je nach Qualität und Verwendung zu 80 % bis 99,5 % aus [[Kohlenstoff]] besteht. Ruß bezeichnet [[Umgangssprache|umgangssprachlich]] sowohl industrielle [[Produkt (Wirtschaft)|Produkte]] als auch unerwünschte, schädliche [[Nebenprodukt]]e von [[Verbrennung (Chemie)|Verbrennungsprozessen]].
'''Industrieruß''' ({{enS|'''Carbon Black'''}}, [[CAS-Nummer|CAS-Nr.]]: 1333-86-4) ist gezielt als Industrie-Grundstoff hergestellter Ruß. Industrieruß ist zweckbedingt eine [[Modifikation (Chemie)|Modifikation]] des Kohlenstoffs mit hohem [[A/V-Verhältnis|Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnis]] und wird vor allem als [[Füllstoff]] und als [[Liste der Pigmente#Schwarz|Schwarzpigment]] verwendet.
Der sich bei unvollständiger Verbrennung an [[Rauchgas]]leitungen wie [[Schornstein]]en absetzende Ruß wird als [[Glanzruß]] bezeichnet. Aus [[Kienspan|Kienspänen]] hergestellter Ruß heißt [[Kienruß]].
'''Geschichte'''


Die Herstellung von Rußen als Schwarz[[pigment]] für [[Tinte]]n&nbsp;→&nbsp;[[Rußtinte]] und [[Tusche]]n geht bis in die frühen [[Hochkultur (Geschichtswissenschaft)|Hochkulturen]] der Menschheit zurück. Zur Zeit der alten Hochkulturen der [[Chinesisches Altertum|Chinesen]] und [[Altes Ägypten|Ägypter]] stieg der Bedarf an kleinen und kleinsten Rußpartikeln beständig an, um daraus große Mengen an Tuschen und Tinten herstellen zu können. Der dafür benötigte Ruß wurde durch gezielte Verbrennung von [[Harz (Material)|Harzen]], [[Pflanzenöle]]n oder [[Asphalt (Geologie)|Asphalt]] in speziellen [[Ofen|Öfen]] oder flachen Wannen gewonnen. So schreibt der [[Römisches Reich|römische]] Bauherr [[Vitruv|Marcus Vitruvius Pollio]] (1.&nbsp;Jhdt. v.&nbsp;Chr.) in seinem Standardwerk der [[Antike]] [[De Architectura]] über die Kunst der Herstellung von Schwarzpigment: {{"|In den [[Ofen]] wird nun Kiefernharz eingebracht, daraus entsteht beim Verbrennen Ruß, der gesammelt wird.}} Ein besonders edles Schwarz, das „Beinschwarz“, entstand aus der [[Kohlenmeiler|Verkohlung]] von [[Elfenbein]]. Die Herstellung von „Beinschwarz“ soll vom griechischen [[Malerei|Maler]] und [[Universalgelehrter|Gelehrten]] [[Apelles]] (um 325 v.&nbsp;Chr.) erfunden worden sein.<ref>[http://www.materialarchiv.ch/detail/1005/Elfenbeinschwarz-echt#/detail/1005/elfenbeinschwarz-echt ''Elfenbeinschwarz''.] Auf materialarchiv.ch, abgerufen am 16. August 2016.</ref>
Im Mittelalter war die Rußgewinnung Sache der [[Kienrußbrenner|Rußbrenner]], die in ihren [[Hütte|Waldhütten]] – meist gemeinsam mit [[Teerschweler]]n und [[Harzer (Beruf)|Pechsiedern]] – stark qualmendes harzhaltiges Holz und den bei der Herstellung von [[Pech (Stoff)|Pech]] anfallenden Rückstand ([[Pechkuchen]]) verbrannten. Der mit dem [[Rauch]] entweichende Ruß schlug sich in der ''Rußkammer'' des [[Abzug (Gas)|Abzugs]] nieder, wo er abgeschabt werden konnte.<ref>Johann Carl Leuchs (Hrsg.): ''Vollständige Farben und Färberkunde.'' 3. Band, 2. Auflage, Verlag C. Leuchs, Nürnberg 1846.</ref><ref>Ferdinand Schubert: ''Handbuch der Forstchemie.'' Brockhaus, Leipzig 1848, S.&nbsp;658 ff.</ref> Ruß von feinster Qualität war der ''Lampenruß'' (auch Lampenschwarz), der in der „Rußlampe“ mit Hilfe eines dicken Baumwolls[[docht]]s (in [[China]] wurde der Docht mit Saft vom [[Echter Steinsame|echten Steinsamen]] getränkt) aus Ölen, Fetten, [[Tran]]en, Pech und ''Teeröl'' (in China auch [[Kampferbaum|Kampferöl]] und [[Tungöl]])<ref>Yingxing Song, E-tu Zen Sun, Shiou-chuan Sun: ''Chinese Technology in the Seventeenth Century.'' Dover Publications, 1997, ISBN 0-486-29593-1, S.&nbsp;285.</ref><ref>Kurt Arndt, J. Zellner: ''Die künstlichen Kohlen.'' 2. Auflage. Springer, 1932, S.&nbsp;50. (Reprint: ISBN 978-3-642-89488-6)</ref> bei geminderter Luftzufuhr gebrannt wurde.<ref>Hellmut Gnamm, K. Grafe, L. Jablonski u.&nbsp;a.: ''Handbuch der Gerberei und Lederfabrikation.'' 3. Band, 1. Teil, Springer, 1936, S.&nbsp;544. (Reprint: ISBN 978-3-7091-2211-2)</ref> Ruß wurde benötigt zur Herstellung von Lederfarbe, Malfarben, [[Druckerschwärze]], Tinten und [[Wagenschmiere]]. Eine Anleitung zur Rußherstellung findet sich im ''[[Serbischer Psalter|Codex latinus Monacensis 4]]'', einer um 1470 im [[Kloster Tegernsee]] entstandenen [[Manuskript|Handschrift]]. Um besonders feinen Ruß für spezielle Anwendungen herzustellen, wurden vor allem [[Baumharz]]e unter begrenzter Luftzufuhr verbrannt&nbsp;→&nbsp;[[Pecherei]]. Bis in das 16.&nbsp;Jahrhundert war dies das einzige bekannte Verfahren zur Rußherstellung mit ''kleinsten Partikelgrößen'', die mit ''Carbon Black'' vergleichbar sind. Dieses Verfahren kommt noch unter dem Namen ''Flammrußverfahren'' zum Einsatz. Ab dem 19.&nbsp;Jahrhundert wurde Ruß vermehrt aus [[Erdgas]] und [[Steinkohlenteer]] gewonnen.<ref>{{Webarchiv|url=http://riskcart.wzu.uni-augsburg.de/files/CarbonBlack.pdf |wayback=20160816125204 |text=''Was ist Carbon Black''. |archiv-bot=2019-05-11 07:19:10 InternetArchiveBot }} (PDF; 306&nbsp;kB), auf riskcart.wzu.uni-augsburg.de, abgerufen 16. August 2016.</ref><ref>{{Webarchiv|url=http://u01151612502.user.hosting-agency.de/malexwiki/index.php/Ru%C3%9Fbrenner |wayback=20160816125208 |text=''Rußbrenner''. |archiv-bot=2019-05-11 07:19:10 InternetArchiveBot }} Auf user.hosting-agency.de, abgerufen am 16. August 2016.</ref>
Der Begriff „Carbon Black“ verbreitete sich in den 1870er Jahren, als die aus Erdgas hergestellten Produkte unter diesem Namen verkauft wurden. 1882 wurde durch [[Godfrey Lowell Cabot]] die erste Produktionsstätte für Industrieruß gegründet, welche mit dem ''Channelrußverfahren'' zu „Channel Black“ betrieben wurde. Verwendung fand der Ruß hauptsächlich als Bestandteil von Druckerschwärze. Da Erdgas in Deutschland nur in unbedeutenden Mengen zur Verfügung stand, wurde ''intensiv'' nach Alternativen unter Verwendung ''einheimischer Rohstoffe'' gesucht. Steinkohlenteer fällt in [[Gaswerk]]en bei der [[Kondensation]] von Gas in bedeutenden Mengen an. 1889 entwickelte [[Otto Thalwitzer]] auf Basis von ''Teeröl'' aus Steinkohlenteer das ''Furnaceverfahren''. Obwohl „geschlossene Reaktoren“ entwickelt waren und die ''Furnaceverfahren'' wesentlich höhere Ausbeuten ergeben, setzte sich das ''Oil-Furnaceverfahren'' aufgrund der Verknappung der [[Primärenergie]]träger erst 1943 durch.
Die [[Massenproduktion|Massenfertigung]] von Rußen setzte in Folge der expandierenden Reifenindustrie ein in der ersten Hälfte des 20.&nbsp;Jahrhunderts. Als ''Verstärkerfüllstoff'' optimieren Ruße die [[Stoffeigenschaft#Physikalische Stoffeigenschaften|physikalischen Eigenschaften]] der Reifen und fördern ihre [[Lebensdauer (Technik)|Langlebigkeit]]. Die ersten größeren Anlagen wurden als ''Channel-Black-Anlagen'' auf den [[Ölfeld]]ern in den [[USA]] gebaut, um einen Teil des bei der [[Ölförderung]] austretenden Erdgases zu verwerten. Die Ausbeuten waren gering (5 %), was wegen des Überschusses an Erdgas keine Rolle spielte. Ab 1920 wurde in den USA das ''Thermalrußverfahren'', zuerst zur Gewinnung von [[Wasserstoff]] für [[Luftschiff]]e und das ''Gas-Furnaceverfahren'' entwickelt, diese haben eine größere Ausbeute und produzieren weniger [[Emission (Umwelt)|Emissionen]]. 1922 wurde das ''Oil-Furnaceverfahren'' patentiert, es wurde aber erst später genutzt.
In Deutschland wurde 1934 das [[Degussa]]-''Gasrußverfahren'': „Gas-Black“ auf Basis von ''Teerölen'' entwickelt. Unter den [[Zeit des Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] war Industrieruß ein kriegswichtiger Rohstoff und in den neu gegründeten Gemeinschaftsunternehmen von Degussa und Reifenherstellern nach dem ''Gasrußverfahren'' produziert. So erfolgte 1936 die Gründung der „[[Deutschen Gasrußwerke GmbH & Co.&nbsp;KG]]“ in Dortmund.<ref>[http://geschichte.evonik.de/sites/geschichte/de/standorte/ehemalige-standorte/kalscheuren/pages/default.aspx ''Kalscheuren – Stammsitz der Industrierußaktivitäten''.] Auf geschichte.evonik.de, abgerufen am 18. März 2013.</ref> Der stark steigende Bedarf der „Reifenindustrie“ sorgte ab 1937 in den USA für die weitere Entwicklung des ''Oil-Furnacerußverfahrens'', das eine Ausbeute je nach Produkteigenschaft von 10 % bis 70 % erreicht, es wurde 1943 erstmals kommerziell genutzt.<ref>John J. McKetta Jr.: ''Encyclopedia of Chemical Processing and Design:'' Volume 6, Marcel Dekker, 1978, ISBN 0-8247-2456-9, S.&nbsp;189.</ref>
Technisch verlief die Entwicklung der „Furnaceruße“ in vier Wellen: Eine erste Generation von Produkten unterschied sich hauptsächlich in der Größe der ''Primärpartikel'' und damit der [[Spezifische Oberfläche|spezifischen Oberfläche]] (N110, N220, … N990), in einer zweiten Generation wurde das [[Aggregation (Chemie)|Aggregierungsverhalten]], also der „Verwachsungsgrad“ der ''Primärpartikel'', die „Struktur“, variiert. In den 1970er und 1980er Jahren wurden beispielsweise über die [[Verweilzeit (technischer Prozess)|Verweilzeit]] direkt anwendungstechnische Eigenschaften des [[Gummi]]s beeinflusst. In den 1990er Jahren schließlich kamen andere [[Füllstoff]]e auf den Markt, so das [[Kieselsäure]]-[[Silan]]-System in dem von [[Michelin]] patentierten ''Grünen Reifen'', mit dem der [[Rollwiderstand]] und damit der [[Benzinverbrauch]] gesenkt wurde. So wurden die [[Nanotechnologie|nanostrukturierten]] Industrieruße als vierte ''Innovationsgeneration'' von Reifenrußen entwickelt.


[[Bild:Fingerabdruck.JPG|thumb|300px|Fertigen einer Fingerabdruckspur in der [[Kriminaltechnik]] mit Ruß.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]] 0310]]
'''Eigenschaften'''


Je nach ihrem Anwendungsgebiet besitzen Ruße spezielle Eigenschaftsprofile, die durch die Art des Herstellverfahrens und durch Variation der Prozessparameter gezielt beeinflusst werden.
'''Hersteller'''


Ruß besteht aus kleinsten, meist kugelförmigen Teilchen, die auch Primärpartikel genannt werden. Diese haben meist eine Größe von 10&nbsp;[[Nanometer|nm]] – 300&nbsp;nm, daher spricht man auch von sogenannten [[Nano]]teilchen. Sie sind somit mehr als 1.000 Mal kleiner als der Durchmesser eines Haars. Diese Primärpartikel sind zu kettenförmigen, teilweise klumpenartigen Aggregaten zusammengewachsen.<br/>
Zu den größten Herstellern von Industrierußen (Carbon Black) zählen unter anderem:
<br/>
* [[Birla Carbon]] (ein Unternehmen des indischen Mischkonzerns [[Aditya Birla]])
Viele dieser Aggregate lagern sich zusammen und bilden so die Agglomerate. Durch Variation der Herstellbedingungen können sowohl die Größe der Primärteilchen als auch deren Aggregierung gezielt eingestellt werden.<br/>
* [[Cabot Corporation]] (Spezialchemieunternehmen und einer der größten Rußhersteller)
<br/>
* [[Orion Engineered Carbons]] (das ehemalige globale Carbon Black-Geschäft von [[Evonik Industries]], seit 2011 eigenständig und seit 2014 gelistet an der [[New York Stock Exchange]])
<br/>
* [[Phillips Carbon Black]] (größter nationaler Rußhersteller Indiens)


Bei diesen Dimensionen ist es nicht mehr nur die chemische Zusammensetzung allein, sondern auch die Größe und Form der Partikel, die die Eigenschaften bestimmen. Hinzu kommen Einflüsse durch jene Strukturen die zwischen dem reinen Kohlenstoff und den großen Molekülen von Kohlenwasserstoff(resten) liegen.<br/>
<br/>
Optische, elektrische und magnetische Eigenschaften, aber auch Härte, Zähigkeit oder [[Schmelzpunkt]] von [[Nanoteilchen|Nanomaterialien]] unterscheiden sich deutlich von denen der makroskopischen Festkörper, darin lassen sich besondere Eigenschaften des Rußes begründen.<br/>
<br/>
Andere Modifikationen von Kohlenstoff sind der ideal kristallisierte [[Diamant]] und der in Schichten aufgebaute [[Graphit]].


'''Eigenschaften'''


'''Schadwirkung'''
Zwei fundamentale Eigenschaften des Industrierußes bestimmen die zwei Hauptanwendungsgebiete:
* die ''Verstärkungswirkung'' in [[Gummi]] (Natur- und Synthesekautschuk)
* die Farbe des Industrierußes als meistverbreitetes Schwarzpigment
* die [[Wärmeleitfähigkeit]] und die [[elektrische Leitfähigkeit]]
* die Beständigkeit gegen [[Ultraviolettstrahlung|UV-Strahlung]]
Industrieruß besteht aus kleinen, meist kugelförmigen Teilchen (Primärpartikel  oder auch Nodule). Diese haben meist eine Größe von 10 bis 300 [[Meter#Gebräuchliche dezimale Vielfache|Nanometern]]. Diese Primärpartikel sind zu kettenförmigen, teilweise klumpenartigen [[Aggregation (Chemie)|Aggregaten]] zusammengewachsen. Viele dieser Aggregate lagern sich zusammen und bilden so die [[Agglomerat (Technik)|Agglomerate]]. Bei diesen Dimensionen bestimmen weniger die ''chemische Zusammensetzung'' allein, sondern vorrangig Größe und Form der Partikel die Eigenschaften. Die [[Schüttdichte]] von Rußpulver beträgt etwa 80&nbsp;kg/m<sup>3</sup>.


Ruß kann aber auch als unerwünschtes Produkt bei '''Verbrennungsvorgängen''' auftreten und enthält dann meist an seiner Oberfläche [[Adsorption|adsorbierte]] ölige Bestandteile und [[Pyrolyse]]produkte.  
Optische, elektrische und magnetische Eigenschaften, sowie [[Härte]], [[Zähigkeit]] und [[Schmelzpunkt]] von [[Nanomaterial]]ien unterscheiden sich deutlich von denen der jeweiligen [[makroskopisch]]en Festkörper. Daraus erklären sich die besonderen Eigenschaften von Ruß.


Dieser Ruß (englisch ''soot'') hatte im Tierversuch das Potenzial [[Krebs (Medizin)|Krebs]] auszulösen. Diese Gefährdung beruht auf den bei der unvollständigen Verbrennung als Zwischenprodukt entstehenden [[Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe|polyzyklischen Aromaten]] (PAK), die Indikatorsubstanz ist das [[Benzo(a)pyren]]. Eine komplette Verbrennung würde zwangsläufig zu [[Kohlendioxid]] (CO<sub>2</sub>) oder wenigstens zu [[Kohlenstoffmonoxid|Kohlenmonoxid]] (CO) führen.
Die [[spezifische Oberfläche]] von Industrieruß beträgt etwa [[BET-Messung|BET]] 10 bis 1500&nbsp;m<sup>2</sup>/g.<ref>Alessandro Lavacchi, Hamish Miller, Francesco Vizza: ''Nanotechnology in Electrocatalysis for Energy.'' Springer, 2013, ISBN 978-1-4899-8058-8, S.&nbsp;121 f.</ref> Industrieruß kann gezielt mit speziellen Eigenschaften erzeugt werden, Einflussgrößen dafür sind: die Art des Herstellverfahrens, Änderungen von Prozessparametern wie Druck, Temperatur, Reaktionszeit, Eindüsung, Rohstoff. Es können die Größe der Primärteilchen und deren Aggregierung gezielt beeinflusst werden.


In alten Heizungsanlagen setzte sich Ruß beim Abkühlen als Produkt der '''unvollständigen''' Verbrennung ab und war Ursache des ''Versottens'' von [[Schornstein]]en. Aktuelles Beispiel ist die Diskussion um den [[Dieselruß]] in Lastkraftfahrzeugabgasen.


''siehe auch:'' [[Rußzahl]])
{| class="wikitable"
|-
!Rußart
!Type of Carbon Black
! Korndurchmesser nm
!BET Oberfläche m<sup>2</sup>/g
!pH-Wert
!Zusammensetzung
!Ausbeute %
|-
|
|Channel Black
|{{0|00}}0–30
|110–120
|3{{0|,0}}–5,5
|C 95,6; H 0,6; S 0,2{{0}}; O 3,5
|{{0}}3-6
|-
|Gasruß
|Gas Black
|{{0|00}}8–30
|{{0}}90–500
|3{{0|,0}}–5,5
|C 96{{0|,0}}; H 1{{0|,0}}; S 0,2{{0}}; O 2,5
|10–60
|-
|Ofenruß
|Furnace Black
|{{0}}10–110
|{{0}}24–600<ref name="Katz">H. S. Katz, J. V. Mileski: ''Handbook Of Fillers For Plastics.'' Van Nostrand Reinhold, 1987, ISBN 0-442-26024-5, S. 393 f.</ref> bis 1500 ([[Polymerelektrolytbrennstoffzelle|PEMFCS]])
|2,1–9<ref name="Katz" />
|C 97,9; H 0,4; S 0,6{{0}}; O 0,7
|10–70
|-
|Flammruß
|Lamp Black
|{{0}}60–110
|{{0}}16–24
|6{{0|,0}}–9
|C 98{{0|,0}}; H 0,2; S 0,8{{0}}; O 0,8
|50<ref>Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg: ''Industrielle Anorganische Chemie.'' 4. Auflage. Wiley, 2013, ISBN 978-3-527-33019-5, S. 654.</ref>
|-
|Spaltruß
|Thermal Black
|100–500
|{{0}}10–50
|7{{0|,0}}–9
|C 99,3; H 0,4; S 0,01; O 0,2
|35–40
|-
|Acetylenruß
|Acetylene Black
|{{0}}30–50
|{{0}}20–80
|4,8–7
|C 99,7; H 0,1; S 0,02; O 0,2
|35–40
|-
|}




'''Herstellung'''
'''Herstellung'''


Ruß ist ein wichtiges technisches Produkt (''Industrieruß'', englisch ''carbon black''), das durch unvollständige [[Verbrennung (Chemie)|Verbrennung]] oder [[Pyrolyse]] von [[Kohlenwasserstoffe]]n in großen Mengen hergestellt wird.
Industrieruß ist ein technisches Produkt, das durch unvollständige [[Verbrennung (Chemie)|Verbrennung]] oder [[Pyrolyse]] von [[Kohlenwasserstoffe]]n hergestellt wird.
 
 
'''Herstellungsverfahren'''


Das wichtigste (weltweit 98%) Herstellungsverfahren für Industrieruß ist der ''Furnace-Prozess''.
Industrieruß wird nach seiner Herstellung in ''Verbrennungsruß'' (entsteht durchunvollständige Verbrennung) und
Bei diesem Verfahren wird in einer [[Brennkammer]] (engl. ''furnace'') ein ''Heißgas'' von 1200 bis 1800 [[Grad Celsius|°C]] durch [[Erdgas]]- oder [[Öle|Öl]]verbrennung erzeugt. In dieses Heißgas wird dann ein Rußrohstoff, meist aromatenreiche [[kohle]]- und [[erdöl]]stämmige Ruß-Öle, eingedüst. Durch unvollkommene Verbrennung und thermische Spaltung (Pyrolyse) des Rußrohstoffs wird dabei der Ruß gebildet. Nach einer bestimmten [[Verweilzeit (technischer Prozess)|Verweilzeit]] wird das Prozessgasgemisch durch Wassereindüsung schlagartig abgekühlt (''Quenching'') und der Ruß wird in Schlauchfiltern abgetrennt. Die Brennkammern werden ganzjährig durchgehend ("[[24/7]]") im Schichtbetrieb gefahren. Die verzögerte Abkühlung im Vergleich z.B. zum kontinuierlich arbeitenden ''Gasruß-'' bzw. ''Channel''-Verfahren begünstigt größere Rußpartikel, siehe Bild oben.
''Spaltruß'' (entsteht durch thermische Zersetzung bzw. Pyrolyse) unterteilt.


Neben Furnace und dem Gasruß-Verfahren gibt es noch das ''Flammruß''-, ''[[Acetylen]]ruß''- und [[Thermalrußverfahren]].
* Acetylenruß (Acetylen-Black): durch unvollständige Verbrennung von Acetylen gewonnener Ruß, Acetylenruße sind Ruße hoher Reinheit.
Besitzt der Ruß kleine Primärteilchen und hat weitverzweigte Aggregate, so ermöglicht er eine elektrische Leitfähigkeit in verschiedenen Anwendungen. Man spricht daher auch von sog. ''Leitruß'' oder ''Leitfähigkeitsruß''. Für viele Anwendungen werden auch geeignete Nachbehandlungen des Rußes durchgeführt. Beispielsweise werden Ruße für hochfarbtiefe Lacke durch eine nachträgliche [[Oxidation]] des Basisrußes hergestellt. Die oxidischen Gruppen ergeben eine bessere Kompatibilität mit Netzmitteln und Harzen.
* Thermalruß (Thermal-Black): Thermalruße entstehen in einem diskontinuierlichen oder zyklischen Prozess in speziellen Öfen, bei dem [[Erdgas]] oder [[Methan]] als am häufigsten verwendeter Rohstoff eingesetzt wird. Es können jedoch auch [[Mineralöl]]e als Ausgangsmaterial verwendet werden. Das Erdgas wird in die innere Atmosphäre des Ofens injiziert, wo es in Ruß und Wasserstoff zersetzt wird (thermische Spaltung, Pyrolyse). Thermalruße haben die größte Primärteilchengrößen (größer als beim Flammrußverfahren) und gehören zu den Rußtypen mit der niedrigsten Oberfläche und Struktur. Da sie aus Erdgas hergestellt werden, sind sie sehr rein.


Die [[spezifische Oberfläche]] dieser Rußpartikel beträgt etwa 10-1000 m<sup>2</sup>/g. Durch die Nanostrukturierung ist es gelungen, die drei wichtigsten Kenngrößen von [[Autoreifen]] ([[Rollwiderstand]], [[Nassrutschfestigkeit]] und [[Abrieb]]) gezielt zu optimieren. Industrieruß ist heutzutage ein Hightechwerkstoff.
* Channelruß (Channel-Black): Erdgas wird in vielen kleinen leuchtenden Flammen gegen wassergekühlte Eisenrinnen (Channels) verbrannt. Wegen der geringen Ausbeute (3 % – 6 %) wird dieses Verfahren nicht mehr angewandt.
* Flammruß (Lamp-Black): es ist die industrielle Variante zur Gewinnung von „Lampenschwarz“, ''Öl'', ''Teer'', ''Pech'': harzreiche Hölzer werden verbrannt, dies ergibt grobe, dichte Ruße


* Gasruß (Gas-Black): er wurde in den 1930er Jahren in Konkurrenz zu den Herstellern aus den USA von der Firma [[Degussa]] mit Unterstützung durch das nationalsozialistische Deutschland entwickelt. In diesem Verfahren wird ein wasserstoffhaltiges Gas über erhitztes [[aromaten]]reiches Öl (meist Steinkohlen-[[Teeröl]]e) geführt und das so mit Öldämpfen gesättigte Traggas (Trägergas) wird mit einem vor einer wassergekühlten Walze sitzenden [[Brenner (Gerät)|Brenner]] verbrannt. Der dabei entstehende Ruß wird zu einen Teil direkt an der Walze abgeschieden, zum anderen Teil über einen [[Schwebstofffilter]] aus den Rauchgasen dem Endprodukt zugefügt. Das Gasruß-Verfahren arbeitet im Gegensatz zum Furnaceruß-Verfahren in einem für die Außenluft offenen System. Der Prozess kann daher lediglich über die Rohstoffzufuhr über das Traggas reguliert werden. Dennoch ist das Verfahren hinsichtlich der Partikelgröße sehr anpassungsfähig. Die Struktur dieses Rußes ist herstellungsbedingt locker und leicht<br> [[Dispergierbarkeit|dispergierbar]]. Das Gasruß-Verfahren besitzt nur noch eine geringe Bedeutung (ca.&nbsp;5 %). Es wird nahezu ausschließlich für Pigmente (Farbruß) verwendet, kaum als Zuschlagstoff für Reifen-Laufflächen.<br>
* Furnaceruß (Furnace Black): das Furnacerußverfahren ist mit weltweit etwa 95 % das am meisten genutzte Verfahren. Dabei wird Industrieruß durch unvollständige Verbrennung der schweren [[Destillation|Fraktionen]] der [[Erdölraffinerie#Primärverarbeitung (Rohöldestillation)|Erdöldestillation]], meist Rückstände aus [[Fluid Catalytic Cracking]]- oder [[Steamcracken]] oder auch aus der Destillation von [[Steinkohlenteer]], hergestellt. Bei diesem Verfahren wird in einer [[Brennkammer]] ({{enS|''furnace''}}) ein Heißgas von 1200 bis 1800&nbsp;[[Grad Celsius|°C]] durch [[Erdgas]]- oder [[Öle|Öl]]-Verbrennung erzeugt. In dieses Heißgas werden die Rußrohstoffe (aromatenreiche [[kohle]]- und [[erdöl]]stämmige Ruß-Öle) eingedüst. Durch unvollkommene Verbrennung und thermische Spaltung (Pyrolyse) entsteht dabei Ruß, wobei die konkurrierenden Reaktionen von [[Keimbildung]] und Keimwachstum in der Reaktionszone durch die Ölbeladung und die [[Verweilzeit (technischer Prozess)|Verweilzeit]] so gesteuert werden, dass Industrieruß mit den gewünschten Eigenschaften entsteht. Nach einer bestimmten Verweilzeit wird das Prozessgasgemisch durch Wassereindüsung schlagartig abgekühlt ([[Quenchen (Chemie)|gequencht]]) und der dabei entstehende Ruß wird nachfolgend in [[Schlauchfilter]]n abgetrennt. Die Anlagen werden kontinuierlich gefahren.


'''Füllstoffruß'''
Für manche Anwendungen werden die Ruße nachbehandelt. Beispielsweise werden Ruße für [[Farbtiefe (Farbmittel)|hochfarbtiefe]] Lacke durch eine nachträgliche [[Oxidation]] hergestellt. Durch oxidischen Gruppen wird eine bessere [[Benetzung]] mit [[Bindemittel]]n und Harzen erreicht.


Industrie-Ruß wird zu über 90% als Füllstoff in der Gummiindustrie (hauptsächlich [[Autoreifen]], [[Fördergurt]]) verwendet.


Für [[Autoreifen]] gibt es ungefähr 40 verschiedene Rußtypen, die dem [[Gummi]] jeweils spezifische Eigenschaften vermitteln. International üblich ist die Klassifizierung von Standardrußen nach der US-amerikanischen [[ASTM]]-Norm. Im Bereich der [[GUS]]-Staaten ist auch die abweichende [[GOST]]-[[Normung|Norm]] gebräuchlich.
'''Füllstoffruß'''


In der Menge wird Industrieruß zu über 90 % als [[Füllstoff]] in der Gummiindustrie verwendet, davon etwa 70 % für [[Autoreifen]] und etwa 20 % für technische Gummiartikel wie [[Fördergurt|Förderbänder]], [[Keilriemen]], [[Schlauch|Schläuche]], [[Schwingungsdämpfer|Dämpfungselemente]]. Die Fahrzeugindustrie ist der mit Abstand größte Abnehmer von Industrieruß: Für Reifen verbrauchte sie im Jahr 2011 mehr als 7,8 Millionen Tonnen. Für Autoreifen gibt es nahezu 40 verschiedene Industrierußtypen, die dem Gummi jeweils spezifische Eigenschaften vermitteln. International üblich ist die Klassifizierung von „Standardrußen“ nach der US-amerikanischen [[ASTM]]-Norm. Im Bereich der [[Gemeinschaft Unabhängiger Staaten|GUS]]-Staaten ist die abweichende [[Gossudarstwenny Standart|GOST]]-[[Normung|Norm]] gebräuchlich. Industrieruße mit ''großer Oberfläche'' und entsprechender ''Verstärkungsaktivität'' (N1xx bis N3xx gemäß folgender Tabelle) werden in der Lauffläche von Reifen verarbeitet, um ihr die notwendige ''Härte'' und ''Abriebfestigkeit'' zu geben. Diese Gruppe von Industrierußen wird daher auch ''Tread Blacks'', ''Hard Blacks'' oder ''Aktivruß'' genannt. Die Gruppe der ''halbaktiven'' Industrieruße (N5xx bis N7xx) wird für die Seitenwände ([[Karkasse (Reifen)|Karkasse]]) des Reifens verwendet, um die notwendige ''Federung'' und ''Dämpfung'' einzustellen. Sie machen den Gummi [[Elastizität (Physik)|elastischer]]. Sie werden ''Carcass Blacks'', ''Soft Blacks'' oder ''Halbaktivruße'' genannt. Typischerweise werden die Produktionsanlagen so ausgelegt, dass entweder die eine oder die andere Gruppe optimal produziert wird. Neben den weiteren [[Rohstoff]]en und insbesondere der Reifentechnologie selbst bestimmen die ''Eigenschaftsprofile'' der verwendeten Industrieruße im Reifen seine drei ''Kenngrößen'': [[Rollwiderstand]], [[Nassrutschfestigkeit]] und [[Abrieb]].


{| class="prettytable"
{| class="wikitable"
!Bezeichnung  
|-
!Abkürzung  
!Bezeichnung
!ASTM-Code  
!Abkürzung
!ASTM-Code
!Anmerkung
!Anmerkung
|-
|-
Zeile 69: Zeile 154:
|SAF
|SAF
|N 110
|N 110
|sehr abriebfeste Type
|sehr abriebfester Typ
|-
|-
|Intermediate S.A.F.
|Intermediate S.A.F.
Zeile 84: Zeile 169:
|SCF
|SCF
|N 294
|N 294
|elektrisch leitfähige Type
|elektrisch leitfähiger Typ
|-
|-
|High Abrasion Furnace
|High Abrasion Furnace
Zeile 94: Zeile 179:
|HAF-LS
|HAF-LS
|N 326
|N 326
|für Haftmischungen verwendete Type und Verbrauchmaximierung
|für Haftmischungen verwendeter Typ und Verbrauchmaximierung
|-
|-
|HAF - High Structure
|HAF - High Structure
Zeile 104: Zeile 189:
|FF
|FF
|N 440
|N 440
|US-Type (in Europa nicht gebräuchlich)
|US-Typ (in Europa nicht gebräuchlich)
|-
|-
|Extra Conductive Furnace
|Extra Conductive Furnace
|XCF
|XCF
|N 472
|N 472
|nicht mehr gebräuchliche Type
|nicht mehr gebräuchlicher Typ
|-
|-
|FEF - Low Structure
|FEF - Low Structure
Zeile 119: Zeile 204:
|FEF
|FEF
|N 550
|N 550
|Einsatz z.B. in Profilen
|Einsatz z. B. in Profilen
|-
|-
|FEF - High Structure
|FEF - High Structure
Zeile 129: Zeile 214:
|HMF
|HMF
|N 601
|N 601
|US-Type (in Europa nicht gebräuchlich)
|US-Typ (in Europa nicht gebräuchlich)
|-
|-
|General Purpose Furnace
|General Purpose Furnace
Zeile 139: Zeile 224:
|SRF-LM-NS
|SRF-LM-NS
|N 762
|N 762
|Type für nicht verfärbende technische Artikel
|Typ für nicht verfärbende technische Artikel
|-
|-
|Semi Reinforcing Furnace
|Semi Reinforcing Furnace
Zeile 149: Zeile 234:
|MPF
|MPF
|N 785
|N 785
|selten eingesetzte Type
|selten eingesetzter Typ
|-
|-
|Fine Thermal
|Fine Thermal
|FT
|FT
|N 880
|N 880
|US-Type (in Europa eher nicht gebräuchlich)
|US-Typ (in Europa eher nicht gebräuchlich)
|-
|-
|Medium Thermal
|Medium Thermal
|MT
|MT
|N 990
|N 990
|inaktivste Type
|inaktivster Typ
|}
|}




'''Leitruß'''  
'''Leitfähigkeitsruß'''
 
Besitzt der Ruß kleine „Primärteilchen“ und hat weitverzweigte Aggregate, so besitzt er eine elektrische Leitfähigkeit für unterschiedliche Anwendungen. Diese Sorten und Produktqualitäten werden als ''Leitfähigkeitsruß'' geführt. Er wird in der [[Elektroindustrie]] und als Rohstoff für [[Technische Keramik|Ingenieurkeramiken]] genutzt, sowie für [[Elektrode]]nmaterial. Eine spezielle Anwendung besteht in der Herstellung [[Druckfarbe|elektrisch leitfähiger Druckfarben]], die besonders als [[Sicherheitsmerkmal]] für Dokumente geeignet sind. Eine andere Anwendung ist der Druck von [[Leiterbahn]]en mit schwarzen ''leitenden Druckfarben''.
 
Acetylenruß wird als Zusatz bei der Herstellung von [[Kathode]]n für [[Zink-Braunstein-Zelle|Zink-Kohle-Batterien]] verwendet. Die Zugabe von Acetylenruß erhöht die elektrische Leitfähigkeit des elektrochemisch aktiven [[Mangandioxid]]s (Braunstein) und erlaubt eine bessere Aufnahme von [[Elektrolyt]]lösung in der Kathode.
 
 
'''Farbruß'''
 
Ruß wird als Schwarzpigment ([[Color Index|C.&nbsp;I.]] Pigment Black 7 und ''6 Lamp Black'')<ref>Robert Leach: ''The Printing Ink Manual.'' Fourth Edition, Van Nostrand Reinhold, 1988, ISBN 978-94-011-7099-4, S.&nbsp;154.</ref> für [[Druckfarbe]]n, [[Tinte#Tusche|Tuschen]], [[Lack]]e und zur Einfärbung von [[Kunststoff]]en (insbesondere als UV-Schutz) genutzt. In Spezialprodukten wie [[Mascara (Kosmetik)|Maskara]], [[Blumenerde|Graberde]], [[Spezialpapier|Dekorpapier]] und [[Faser]]n dient er gleichfalls als Schwarzpigment.
 
Farbruße sind [[Nanotechnologie|nanoteilige]] Ruße, die durch ihre Feinheit zunehmend den braunen ''Grundton'' verlieren. Ihre Verwendung erfolgt bei der Herstellung schwarzer Druckfarben der unterschiedlichsten [[Druckverfahren]]. Da die gedruckten Schichten sehr dünn und teilweise [[Transparenz (Physik)|transparent]] sind, ist eine besondere Qualität der Ruße erforderlich. Für eine ausreichende [[Farbtiefe (Farbmittel)|Farbtiefe]] (Schwarzton) von preiswerteren Rußqualitäten, insbesondere bei [[Zeitung]]sdruckfarben, wird oft mit [[Liste der Pigmente#Blau|Blaupigmenten]] geschönt, um einen [[Farbstich|Rot-/ Braunstich]] zu unterdrücken. Ruße für ''hochfarbtiefe'' Lacke werden durch nachträgliche [[Oxidation]] des ''Basisrußes'' hergestellt. Die oxidischen Gruppen ergeben eine bessere Einarbeitung zu den Bindemitteln und Harzen. Ruß wird als farbgebendendes Pigment bei den meisten [[Tätowierfarbe]]n, nicht nur bei Schwarz, verwendet.
 
 
'''Ökologie und Toxikologie'''
 
Industrieruß wird so breit angewendet, dass er überall vorkommt, zunächst jedoch meist eingebettet in die jeweilige Grundsubstanz. Er gelangt durch Abrieb von Reifen oder aus Druckfarben recycelter Zeitungen in die [[Umwelt]]. Die Partikelgröße bedingt eine Einordnung als [[Feinstaub]].
 
Relevanz ist auch aufgrund der Herstellverfahren  oder Nanomaterial denkbar. Bei der Herstellung wird teilweise [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe|PAK]]-haltiges und somit [[Karzinogen|krebserregendes]] Ausgangsmaterial eingesetzt. Es können je nach den Prozessbedingungen Rückstände des Ausgangsmaterials im Industrieruß verbleiben. Diese Rückstände werden durch die hohe Oberflächenaktivität ([[Van-der-Waals-Kraft|Van-der-Waals-Kräfte]]) des Industrierußes fest [[Adsorbieren|adsorbiert]]. Die [[International Agency for Research on Cancer]] (IARC) bewertet die Toxizität von ''Carbon Black'': {{"|Carbon black is possibly carcinogenic to humans ([[List of IARC Group 2B carcinogens|Group&nbsp;2B]])}}.
 
 
Kurzzeitige [[Exposition (Medizin)|Exposition]] mit hohen Konzentrationen von ''Carbon Black'' (Staub) kann möglicherweise durch eine mechanische [[Irritation]] die Beeinträchtigung der oberen [[Atemwege]] auslösen. Industrieruß wird als ''für Menschen möglicherweise karzinogen'' angesehen. Zwar gibt es ausreichend aussagekräftige Untersuchungen mit [[Tier]]en, aber keine entsprechenden [[Laborstudie|Studien]] mit Menschen.<ref name="IARC" /> Die wesentlichen Aussagen zur Karzinogenität in Tierstudien rühren von Studien an [[Ratten]], zwei davon zur chronischen [[Inhalation]] und zwei zum direkten Einflößen in die [[Luftröhre]]. Diese Studien zeigten signifikant erhöhtes Auftreten von [[Lungenkrebs]] an den untersuchten Ratten.<ref name="IARC" /> Eine weitere Inhalationsstudie, diesmal an [[Mäuse]]n, zeigte keine Zunahme des Lungenkrebses.<ref name="IARC" /> [[Epidemiologisch]]e Daten gibt es über drei verschiedene [[Kohorte (Sozialwissenschaft)|Kohorten]] von Produktionsarbeitern. Zwei Studien, eine aus [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] und eine aus [[Deutschland]] (Produktionswerk [[Kalscheuren]] bei Köln), mit jeweils mehr als 1000 Arbeitern in jeder untersuchten Gruppe zeigten eine erhöhte [[Mortalität]] an Lungenkrebs.<ref name="IARC" /> Eine weitere Studie an über 5000 Industrierußarbeitern aus den USA zeigte diese erhöhte Mortalität nicht.
 
Industrieruß (Carbon Black) wurde 2016 von der Europäischen Union gemäß der [[Verordnung (EG) Nr. 1907/2006]] ([[REACH]]) im Rahmen der [[Stoffbewertung]] in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft ([[CoRAP]]) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen chemischer Stoffe auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Industrieruß in die Bewertung waren die Besorgnisse der [[Verbraucher]], kumulative [[Exposition (Medizin)|Exposition]], Exposition empfindlicher [[Bevölkerungsgruppe]]n, Exposition von [[Arbeitnehmer]]n, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung sowie der vermuteten Gefahren durch krebserregende Eigenschaften und der möglichen Gefahr durch [[reproduktionstoxisch]]e Eigenschaften. Die Neubewertung soll ab 2021 von [[Frankreich]] durchgeführt werden.


Besitzt der Ruß kleine Primärteilchen und hat weitverzweigte Aggregate, so ermöglicht er eine elektrische Leitfähigkeit in verschiedenen Anwendungen. Man spricht daher auch von sog. ''Leitruß'' oder ''Leitfähigkeitsruß''.


Als Leitfähigkeitsruß wird er in der [[Elektroindustrie]] genutzt und als Rohstoff für Ingenieurkeramiken sowie als [[Elektrode]]nmaterial verwendet. Eine spezielle Anwendung besteht in der Herstellung elektrisch leitfähiger Druckfarbe, die als Sicherheitsmerkmal für Dokumente dient, andererseits auch für gedruckte Leiter.
'''Unerwünschter Ruß'''


'''Farbruß'''  
Ruß tritt bei Verbrennungsvorgängen oft als unerwünschtes Produkt auf. Bei unvollständiger Verbrennung entstehen ölige Ruße und Aerosole. Solcher Ruß (englisch ''soot)'' hat im Tierversuch das Potential gezeigt, [[Krebs (Medizin)|Krebs]] auszulösen. Die Krebsgefährdung verursachen hierbei jedoch die bei unvollständiger Verbrennung entstehenden [[Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe|polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe]] (PAK).


Ruß wird als Schwarz-[[Pigment]] (C.I. Pigment Black 7) für [[Druckfarbe]]n, [[Tusche]]n, [[Lack]]e, zur Einfärbung von [[Kunststoff]]en (insbesondere als UV-Schutz) genutzt. Auch in Spezialitäten wie [[Mascara (Kosmetik)|Maskara]], [[Grab]]erde, Dekorpapier und Fasern dient er als Schwarzpigment.  
In Ofen-[[Heizung]]en setzt sich als Produkt der unvollständigen Verbrennung Ruß im Kaminrohr ab und kann zusammen mit dort kondensiertem [[Teer]] zum [[Kaminbrand]] führen. Um das zu verhindern, fegt der [[Schornsteinfeger]] (Rauchfangkehrer) regelmäßig die Kamin-Innenwände mit einer harten Metallbürste.


Farbruße sind sehr feine Ruße, die durch ihre Feinheit zunehmend den braunen Grundton verlieren. Ihre Verwendung erfolgt insbesondere bei der Herstellung von schwarzen Druckfarben für die unterschiedlichsten Druckverfahren. Da die gedruckten Schichten sehr dünn und durchaus transparent sind ist eine besondere Rußqualität von Nöten. Um eine ausreichende Farbtiefe (Schwarzton) von preiswerteren Rußqualitäten zu erreichen wird oft mit [[Liste der Pigmente#Blau|Blaupigment]]en geschönt. Auch für schwarze Lacke und schwarze Kunststoffe kommen Farbrußqualitäten zum Einsatz, das hier die Einfärbung im Vordergrund steht.
Der [[Dieselruß]] in Abgasen von Kraftfahrzeugen mit [[Dieselmotor]] hat eine ähnliche Zusammensetzung, enthält abhängig vom Aromatengehalt des Diesels PAK und ist daher ein [[Luftschadstoff]]. Umso besser die Zerstäubung des Diesels beim Einspritzen, desto kleiner und klungengängiger (und damit riskanter) sind die Rußpartikel.


Ruße für hochfarbtiefe Lacke werden durch nachträgliche [[Oxidation]] des Basisrußes hergestellt. Die oxidischen Gruppen ergeben eine bessere Kompatibilität mit den Bindemitteln: Netzmittel und Harze.
Eine 2020 veröffentlichte Studie gelangt durch Klimasimulationen zum Schluss, dass die durch Rußpartikel veränderte Wolkenbildung zur [[Globale Erwärmung|Erderwärmung]] beiträgt.




'''weitere Anwendungen'''
'''Messtechnischer Nachweis'''


Acetylen-Ruß (engl. ''acetylene black'') wird als Zusatz bei der Herstellung von [[Kathode]]n für [[Zink-Braunstein-Zelle|Zink-Kohle-Batterien]] verwendet. Die Zugabe von Acetylen-Ruß erhöht die elektrische Leitfähigkeit des elektrochemisch aktiven [[Mangandioxid]]s ([[Braunsteine|Braunsteins]]) und erlaubt eine bessere Aufnahme von Elektrolytlösung in der Kathode.
Die [[Emissionsmessung]] von Ruß aus [[Feuerungsanlage]]n kann mittels [[Bacharach-Methode]] erfolgen.<ref>Franz Joseph Dreyhaupt (Hrsg.): ''VDI-Lexikon Umwelttechnik.'' VDI-Verlag Düsseldorf, 1994, ISBN 3-18-400891-6, S.&nbsp;182.</ref> Mit ihr wird halbquantitativ die [[Rußzahl]] bestimmt. Ein vergleichbare Verfahren zur Bestimmung der Rußzahl basiert auf der Änderung des Reflexionsvermögens eines beaufschlagten Messfilters.


Bei der gezielten [[Immissionsmessung]] von Ruß wird auf einem Filter abgeschiedener Kohlenstoff erhitzt und die optische [[Transmission (Physik)|Transmission]] des Filters gemessen.<ref>DIN EN 16909:2017-06 ''Außenluft; Messung von auf Filtern gesammeltem elementarem Kohlenstoff (EC) und organisch gebundenem Kohlenstoff (OC); Deutsche Fassung EN 16909:2017.'' Beuth Verlag, Berlin, S.&nbsp;11.</ref> Bei einem anderen Verfahren wird der auf einem Filter abgeschiedene elementare Kohlenstoff vom organischen Kohlenstoff durch Flüssigextraktion und Thermodesorption getrennt, um anschließend verbrannt zu werden, damit das gebildete Kohlenstoffdioxid [[Coulometrie|coulometrisch]] ermittelt werden kann.




Zeile 232: Zeile 340:
[[Kategorie:Brandursache]]
[[Kategorie:Brandursache]]
[[Kategorie:Brandlehre]]
[[Kategorie:Brandlehre]]
[[Kategorie:Kriminalpolizei]]

Version vom 20. Januar 2021, 01:09 Uhr

Nach einem Brand sollten sie den Ruß nicht ohne Schutzausrüstung entfernen. Brandfolgeprodukte nach einem Brand sind immer toxisch. Fragen sie bei ihrer Gebäudeversicherung oder Hausratversicherung nach einem Spezialunternehmen zur Brandschadensanierung
Brand in einer Werkstatt mit hohen Rußablagerungen.
Vorstellbar ist, welche Luftverschmutzung entstand.
Foto: KFI Deggendorf
Rußanhaftungen in einem Treppenhaus nach einem Brand. An den hellen Stellen hingen Bilder.
Foto: Rainer Schwarz
beim Reinigen des Schornsteins fällt Ruß an
BR0310
Glanzruß findet man immer häufiger.
Foto: Rainer Schwarz
Fertigen einer Fingerabdruckspur in der Kriminaltechnik mit Ruß.
Foto: Rainer Schwarz 0310

Vorlage:Dieser Artikel

Datei:Russvrp.jpg
Ruß. Oben Furnace-, unten Channelruß (TEM-Abbildung).

Ruß (von ahd. ruos, dunkel-, schmutzfarben) ist ein schwarzer, pulverförmiger Feststoff, der je nach Qualität und Verwendung zu 80 % bis 99,5 % aus Kohlenstoff besteht. Ruß bezeichnet umgangssprachlich sowohl industrielle Produkte als auch unerwünschte, schädliche Nebenprodukte von Verbrennungsprozessen.

Industrieruß (Vorlage:EnS, CAS-Nr.: 1333-86-4) ist gezielt als Industrie-Grundstoff hergestellter Ruß. Industrieruß ist zweckbedingt eine Modifikation des Kohlenstoffs mit hohem Oberfläche-zu-Volumen-Verhältnis und wird vor allem als Füllstoff und als Schwarzpigment verwendet.

Der sich bei unvollständiger Verbrennung an Rauchgasleitungen wie Schornsteinen absetzende Ruß wird als Glanzruß bezeichnet. Aus Kienspänen hergestellter Ruß heißt Kienruß.


Geschichte

Die Herstellung von Rußen als Schwarzpigment für Tinten → Rußtinte und Tuschen geht bis in die frühen Hochkulturen der Menschheit zurück. Zur Zeit der alten Hochkulturen der Chinesen und Ägypter stieg der Bedarf an kleinen und kleinsten Rußpartikeln beständig an, um daraus große Mengen an Tuschen und Tinten herstellen zu können. Der dafür benötigte Ruß wurde durch gezielte Verbrennung von Harzen, Pflanzenölen oder Asphalt in speziellen Öfen oder flachen Wannen gewonnen. So schreibt der römische Bauherr Marcus Vitruvius Pollio (1. Jhdt. v. Chr.) in seinem Standardwerk der Antike De Architectura über die Kunst der Herstellung von Schwarzpigment: Vorlage:" Ein besonders edles Schwarz, das „Beinschwarz“, entstand aus der Verkohlung von Elfenbein. Die Herstellung von „Beinschwarz“ soll vom griechischen Maler und Gelehrten Apelles (um 325 v. Chr.) erfunden worden sein.<ref>Elfenbeinschwarz. Auf materialarchiv.ch, abgerufen am 16. August 2016.</ref>

Im Mittelalter war die Rußgewinnung Sache der Rußbrenner, die in ihren Waldhütten – meist gemeinsam mit Teerschwelern und Pechsiedern – stark qualmendes harzhaltiges Holz und den bei der Herstellung von Pech anfallenden Rückstand (Pechkuchen) verbrannten. Der mit dem Rauch entweichende Ruß schlug sich in der Rußkammer des Abzugs nieder, wo er abgeschabt werden konnte.<ref>Johann Carl Leuchs (Hrsg.): Vollständige Farben und Färberkunde. 3. Band, 2. Auflage, Verlag C. Leuchs, Nürnberg 1846.</ref><ref>Ferdinand Schubert: Handbuch der Forstchemie. Brockhaus, Leipzig 1848, S. 658 ff.</ref> Ruß von feinster Qualität war der Lampenruß (auch Lampenschwarz), der in der „Rußlampe“ mit Hilfe eines dicken Baumwollsdochts (in China wurde der Docht mit Saft vom echten Steinsamen getränkt) aus Ölen, Fetten, Tranen, Pech und Teeröl (in China auch Kampferöl und Tungöl)<ref>Yingxing Song, E-tu Zen Sun, Shiou-chuan Sun: Chinese Technology in the Seventeenth Century. Dover Publications, 1997, ISBN 0-486-29593-1, S. 285.</ref><ref>Kurt Arndt, J. Zellner: Die künstlichen Kohlen. 2. Auflage. Springer, 1932, S. 50. (Reprint: ISBN 978-3-642-89488-6)</ref> bei geminderter Luftzufuhr gebrannt wurde.<ref>Hellmut Gnamm, K. Grafe, L. Jablonski u. a.: Handbuch der Gerberei und Lederfabrikation. 3. Band, 1. Teil, Springer, 1936, S. 544. (Reprint: ISBN 978-3-7091-2211-2)</ref> Ruß wurde benötigt zur Herstellung von Lederfarbe, Malfarben, Druckerschwärze, Tinten und Wagenschmiere. Eine Anleitung zur Rußherstellung findet sich im Codex latinus Monacensis 4, einer um 1470 im Kloster Tegernsee entstandenen Handschrift. Um besonders feinen Ruß für spezielle Anwendungen herzustellen, wurden vor allem Baumharze unter begrenzter Luftzufuhr verbrannt → Pecherei. Bis in das 16. Jahrhundert war dies das einzige bekannte Verfahren zur Rußherstellung mit kleinsten Partikelgrößen, die mit Carbon Black vergleichbar sind. Dieses Verfahren kommt noch unter dem Namen Flammrußverfahren zum Einsatz. Ab dem 19. Jahrhundert wurde Ruß vermehrt aus Erdgas und Steinkohlenteer gewonnen.<ref>Vorlage:Webarchiv (PDF; 306 kB), auf riskcart.wzu.uni-augsburg.de, abgerufen 16. August 2016.</ref><ref>Vorlage:Webarchiv Auf user.hosting-agency.de, abgerufen am 16. August 2016.</ref>

Der Begriff „Carbon Black“ verbreitete sich in den 1870er Jahren, als die aus Erdgas hergestellten Produkte unter diesem Namen verkauft wurden. 1882 wurde durch Godfrey Lowell Cabot die erste Produktionsstätte für Industrieruß gegründet, welche mit dem Channelrußverfahren zu „Channel Black“ betrieben wurde. Verwendung fand der Ruß hauptsächlich als Bestandteil von Druckerschwärze. Da Erdgas in Deutschland nur in unbedeutenden Mengen zur Verfügung stand, wurde intensiv nach Alternativen unter Verwendung einheimischer Rohstoffe gesucht. Steinkohlenteer fällt in Gaswerken bei der Kondensation von Gas in bedeutenden Mengen an. 1889 entwickelte Otto Thalwitzer auf Basis von Teeröl aus Steinkohlenteer das Furnaceverfahren. Obwohl „geschlossene Reaktoren“ entwickelt waren und die Furnaceverfahren wesentlich höhere Ausbeuten ergeben, setzte sich das Oil-Furnaceverfahren aufgrund der Verknappung der Primärenergieträger erst 1943 durch.

Die Massenfertigung von Rußen setzte in Folge der expandierenden Reifenindustrie ein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Verstärkerfüllstoff optimieren Ruße die physikalischen Eigenschaften der Reifen und fördern ihre Langlebigkeit. Die ersten größeren Anlagen wurden als Channel-Black-Anlagen auf den Ölfeldern in den USA gebaut, um einen Teil des bei der Ölförderung austretenden Erdgases zu verwerten. Die Ausbeuten waren gering (5 %), was wegen des Überschusses an Erdgas keine Rolle spielte. Ab 1920 wurde in den USA das Thermalrußverfahren, zuerst zur Gewinnung von Wasserstoff für Luftschiffe und das Gas-Furnaceverfahren entwickelt, diese haben eine größere Ausbeute und produzieren weniger Emissionen. 1922 wurde das Oil-Furnaceverfahren patentiert, es wurde aber erst später genutzt.

In Deutschland wurde 1934 das Degussa-Gasrußverfahren: „Gas-Black“ auf Basis von Teerölen entwickelt. Unter den Nationalsozialisten war Industrieruß ein kriegswichtiger Rohstoff und in den neu gegründeten Gemeinschaftsunternehmen von Degussa und Reifenherstellern nach dem Gasrußverfahren produziert. So erfolgte 1936 die Gründung der „Deutschen Gasrußwerke GmbH & Co. KG“ in Dortmund.<ref>Kalscheuren – Stammsitz der Industrierußaktivitäten. Auf geschichte.evonik.de, abgerufen am 18. März 2013.</ref> Der stark steigende Bedarf der „Reifenindustrie“ sorgte ab 1937 in den USA für die weitere Entwicklung des Oil-Furnacerußverfahrens, das eine Ausbeute je nach Produkteigenschaft von 10 % bis 70 % erreicht, es wurde 1943 erstmals kommerziell genutzt.<ref>John J. McKetta Jr.: Encyclopedia of Chemical Processing and Design: Volume 6, Marcel Dekker, 1978, ISBN 0-8247-2456-9, S. 189.</ref>

Technisch verlief die Entwicklung der „Furnaceruße“ in vier Wellen: Eine erste Generation von Produkten unterschied sich hauptsächlich in der Größe der Primärpartikel und damit der spezifischen Oberfläche (N110, N220, … N990), in einer zweiten Generation wurde das Aggregierungsverhalten, also der „Verwachsungsgrad“ der Primärpartikel, die „Struktur“, variiert. In den 1970er und 1980er Jahren wurden beispielsweise über die Verweilzeit direkt anwendungstechnische Eigenschaften des Gummis beeinflusst. In den 1990er Jahren schließlich kamen andere Füllstoffe auf den Markt, so das Kieselsäure-Silan-System in dem von Michelin patentierten Grünen Reifen, mit dem der Rollwiderstand und damit der Benzinverbrauch gesenkt wurde. So wurden die nanostrukturierten Industrieruße als vierte Innovationsgeneration von Reifenrußen entwickelt.


Hersteller

Zu den größten Herstellern von Industrierußen (Carbon Black) zählen unter anderem:


Eigenschaften

Zwei fundamentale Eigenschaften des Industrierußes bestimmen die zwei Hauptanwendungsgebiete:

Industrieruß besteht aus kleinen, meist kugelförmigen Teilchen (Primärpartikel oder auch Nodule). Diese haben meist eine Größe von 10 bis 300 Nanometern. Diese Primärpartikel sind zu kettenförmigen, teilweise klumpenartigen Aggregaten zusammengewachsen. Viele dieser Aggregate lagern sich zusammen und bilden so die Agglomerate. Bei diesen Dimensionen bestimmen weniger die chemische Zusammensetzung allein, sondern vorrangig Größe und Form der Partikel die Eigenschaften. Die Schüttdichte von Rußpulver beträgt etwa 80 kg/m3.

Optische, elektrische und magnetische Eigenschaften, sowie Härte, Zähigkeit und Schmelzpunkt von Nanomaterialien unterscheiden sich deutlich von denen der jeweiligen makroskopischen Festkörper. Daraus erklären sich die besonderen Eigenschaften von Ruß.

Die spezifische Oberfläche von Industrieruß beträgt etwa BET 10 bis 1500 m2/g.<ref>Alessandro Lavacchi, Hamish Miller, Francesco Vizza: Nanotechnology in Electrocatalysis for Energy. Springer, 2013, ISBN 978-1-4899-8058-8, S. 121 f.</ref> Industrieruß kann gezielt mit speziellen Eigenschaften erzeugt werden, Einflussgrößen dafür sind: die Art des Herstellverfahrens, Änderungen von Prozessparametern wie Druck, Temperatur, Reaktionszeit, Eindüsung, Rohstoff. Es können die Größe der Primärteilchen und deren Aggregierung gezielt beeinflusst werden.


Rußart Type of Carbon Black Korndurchmesser nm BET Oberfläche m2/g pH-Wert Zusammensetzung Ausbeute %
Channel Black Vorlage:00–30 110–120 3Vorlage:0–5,5 C 95,6; H 0,6; S 0,2Vorlage:0; O 3,5 Vorlage:03-6
Gasruß Gas Black Vorlage:08–30 Vorlage:090–500 3Vorlage:0–5,5 C 96Vorlage:0; H 1Vorlage:0; S 0,2Vorlage:0; O 2,5 10–60
Ofenruß Furnace Black Vorlage:010–110 Vorlage:024–600<ref name="Katz">H. S. Katz, J. V. Mileski: Handbook Of Fillers For Plastics. Van Nostrand Reinhold, 1987, ISBN 0-442-26024-5, S. 393 f.</ref> bis 1500 (PEMFCS) 2,1–9<ref name="Katz" /> C 97,9; H 0,4; S 0,6Vorlage:0; O 0,7 10–70
Flammruß Lamp Black Vorlage:060–110 Vorlage:016–24 6Vorlage:0–9 C 98Vorlage:0; H 0,2; S 0,8Vorlage:0; O 0,8 50<ref>Martin Bertau, Armin Müller, Peter Fröhlich, Michael Katzberg: Industrielle Anorganische Chemie. 4. Auflage. Wiley, 2013, ISBN 978-3-527-33019-5, S. 654.</ref>
Spaltruß Thermal Black 100–500 Vorlage:010–50 7Vorlage:0–9 C 99,3; H 0,4; S 0,01; O 0,2 35–40
Acetylenruß Acetylene Black Vorlage:030–50 Vorlage:020–80 4,8–7 C 99,7; H 0,1; S 0,02; O 0,2 35–40


Herstellung

Industrieruß ist ein technisches Produkt, das durch unvollständige Verbrennung oder Pyrolyse von Kohlenwasserstoffen hergestellt wird.


Herstellungsverfahren

Industrieruß wird nach seiner Herstellung in Verbrennungsruß (entsteht durchunvollständige Verbrennung) und Spaltruß (entsteht durch thermische Zersetzung bzw. Pyrolyse) unterteilt.

  • Acetylenruß (Acetylen-Black): durch unvollständige Verbrennung von Acetylen gewonnener Ruß, Acetylenruße sind Ruße hoher Reinheit.
  • Thermalruß (Thermal-Black): Thermalruße entstehen in einem diskontinuierlichen oder zyklischen Prozess in speziellen Öfen, bei dem Erdgas oder Methan als am häufigsten verwendeter Rohstoff eingesetzt wird. Es können jedoch auch Mineralöle als Ausgangsmaterial verwendet werden. Das Erdgas wird in die innere Atmosphäre des Ofens injiziert, wo es in Ruß und Wasserstoff zersetzt wird (thermische Spaltung, Pyrolyse). Thermalruße haben die größte Primärteilchengrößen (größer als beim Flammrußverfahren) und gehören zu den Rußtypen mit der niedrigsten Oberfläche und Struktur. Da sie aus Erdgas hergestellt werden, sind sie sehr rein.
  • Channelruß (Channel-Black): Erdgas wird in vielen kleinen leuchtenden Flammen gegen wassergekühlte Eisenrinnen (Channels) verbrannt. Wegen der geringen Ausbeute (3 % – 6 %) wird dieses Verfahren nicht mehr angewandt.
  • Flammruß (Lamp-Black): es ist die industrielle Variante zur Gewinnung von „Lampenschwarz“, Öl, Teer, Pech: harzreiche Hölzer werden verbrannt, dies ergibt grobe, dichte Ruße
  • Gasruß (Gas-Black): er wurde in den 1930er Jahren in Konkurrenz zu den Herstellern aus den USA von der Firma Degussa mit Unterstützung durch das nationalsozialistische Deutschland entwickelt. In diesem Verfahren wird ein wasserstoffhaltiges Gas über erhitztes aromatenreiches Öl (meist Steinkohlen-Teeröle) geführt und das so mit Öldämpfen gesättigte Traggas (Trägergas) wird mit einem vor einer wassergekühlten Walze sitzenden Brenner verbrannt. Der dabei entstehende Ruß wird zu einen Teil direkt an der Walze abgeschieden, zum anderen Teil über einen Schwebstofffilter aus den Rauchgasen dem Endprodukt zugefügt. Das Gasruß-Verfahren arbeitet im Gegensatz zum Furnaceruß-Verfahren in einem für die Außenluft offenen System. Der Prozess kann daher lediglich über die Rohstoffzufuhr über das Traggas reguliert werden. Dennoch ist das Verfahren hinsichtlich der Partikelgröße sehr anpassungsfähig. Die Struktur dieses Rußes ist herstellungsbedingt locker und leicht
    dispergierbar. Das Gasruß-Verfahren besitzt nur noch eine geringe Bedeutung (ca. 5 %). Es wird nahezu ausschließlich für Pigmente (Farbruß) verwendet, kaum als Zuschlagstoff für Reifen-Laufflächen.
  • Furnaceruß (Furnace Black): das Furnacerußverfahren ist mit weltweit etwa 95 % das am meisten genutzte Verfahren. Dabei wird Industrieruß durch unvollständige Verbrennung der schweren Fraktionen der Erdöldestillation, meist Rückstände aus Fluid Catalytic Cracking- oder Steamcracken oder auch aus der Destillation von Steinkohlenteer, hergestellt. Bei diesem Verfahren wird in einer Brennkammer (Vorlage:EnS) ein Heißgas von 1200 bis 1800 °C durch Erdgas- oder Öl-Verbrennung erzeugt. In dieses Heißgas werden die Rußrohstoffe (aromatenreiche kohle- und erdölstämmige Ruß-Öle) eingedüst. Durch unvollkommene Verbrennung und thermische Spaltung (Pyrolyse) entsteht dabei Ruß, wobei die konkurrierenden Reaktionen von Keimbildung und Keimwachstum in der Reaktionszone durch die Ölbeladung und die Verweilzeit so gesteuert werden, dass Industrieruß mit den gewünschten Eigenschaften entsteht. Nach einer bestimmten Verweilzeit wird das Prozessgasgemisch durch Wassereindüsung schlagartig abgekühlt (gequencht) und der dabei entstehende Ruß wird nachfolgend in Schlauchfiltern abgetrennt. Die Anlagen werden kontinuierlich gefahren.

Für manche Anwendungen werden die Ruße nachbehandelt. Beispielsweise werden Ruße für hochfarbtiefe Lacke durch eine nachträgliche Oxidation hergestellt. Durch oxidischen Gruppen wird eine bessere Benetzung mit Bindemitteln und Harzen erreicht.


Füllstoffruß

In der Menge wird Industrieruß zu über 90 % als Füllstoff in der Gummiindustrie verwendet, davon etwa 70 % für Autoreifen und etwa 20 % für technische Gummiartikel wie Förderbänder, Keilriemen, Schläuche, Dämpfungselemente. Die Fahrzeugindustrie ist der mit Abstand größte Abnehmer von Industrieruß: Für Reifen verbrauchte sie im Jahr 2011 mehr als 7,8 Millionen Tonnen. Für Autoreifen gibt es nahezu 40 verschiedene Industrierußtypen, die dem Gummi jeweils spezifische Eigenschaften vermitteln. International üblich ist die Klassifizierung von „Standardrußen“ nach der US-amerikanischen ASTM-Norm. Im Bereich der GUS-Staaten ist die abweichende GOST-Norm gebräuchlich. Industrieruße mit großer Oberfläche und entsprechender Verstärkungsaktivität (N1xx bis N3xx gemäß folgender Tabelle) werden in der Lauffläche von Reifen verarbeitet, um ihr die notwendige Härte und Abriebfestigkeit zu geben. Diese Gruppe von Industrierußen wird daher auch Tread Blacks, Hard Blacks oder Aktivruß genannt. Die Gruppe der halbaktiven Industrieruße (N5xx bis N7xx) wird für die Seitenwände (Karkasse) des Reifens verwendet, um die notwendige Federung und Dämpfung einzustellen. Sie machen den Gummi elastischer. Sie werden Carcass Blacks, Soft Blacks oder Halbaktivruße genannt. Typischerweise werden die Produktionsanlagen so ausgelegt, dass entweder die eine oder die andere Gruppe optimal produziert wird. Neben den weiteren Rohstoffen und insbesondere der Reifentechnologie selbst bestimmen die Eigenschaftsprofile der verwendeten Industrieruße im Reifen seine drei Kenngrößen: Rollwiderstand, Nassrutschfestigkeit und Abrieb.

Bezeichnung Abkürzung ASTM-Code Anmerkung
Super Abrasion Furnace SAF N 110 sehr abriebfester Typ
Intermediate S.A.F. ISAF N 220 Ruß für Reifenlaufflächen
ISAF - Low Modulus ISAF-LM N 234 ISAF Variante mit besseren Verarbeitungseigenschaften
Super Conductive Furnace SCF N 294 elektrisch leitfähiger Typ
High Abrasion Furnace HAF N 330
HAF - Low Structure HAF-LS N 326 für Haftmischungen verwendeter Typ und Verbrauchmaximierung
HAF - High Structure HAF-HS N 347 ähnlich wie N 220
Fine Furnace FF N 440 US-Typ (in Europa nicht gebräuchlich)
Extra Conductive Furnace XCF N 472 nicht mehr gebräuchlicher Typ
FEF - Low Structure FEF-LS N 539
Fast Extrusion Furnace FEF N 550 Einsatz z. B. in Profilen
FEF - High Structure FEF-HS N 568
High Modulus Furnace HMF N 601 US-Typ (in Europa nicht gebräuchlich)
General Purpose Furnace GPF N 660 Karkassenruß
SRF - Low Modulus, non staining SRF-LM-NS N 762 Typ für nicht verfärbende technische Artikel
Semi Reinforcing Furnace SRF N 770
Multi Processing Furnace MPF N 785 selten eingesetzter Typ
Fine Thermal FT N 880 US-Typ (in Europa eher nicht gebräuchlich)
Medium Thermal MT N 990 inaktivster Typ


Leitfähigkeitsruß

Besitzt der Ruß kleine „Primärteilchen“ und hat weitverzweigte Aggregate, so besitzt er eine elektrische Leitfähigkeit für unterschiedliche Anwendungen. Diese Sorten und Produktqualitäten werden als Leitfähigkeitsruß geführt. Er wird in der Elektroindustrie und als Rohstoff für Ingenieurkeramiken genutzt, sowie für Elektrodenmaterial. Eine spezielle Anwendung besteht in der Herstellung elektrisch leitfähiger Druckfarben, die besonders als Sicherheitsmerkmal für Dokumente geeignet sind. Eine andere Anwendung ist der Druck von Leiterbahnen mit schwarzen leitenden Druckfarben.

Acetylenruß wird als Zusatz bei der Herstellung von Kathoden für Zink-Kohle-Batterien verwendet. Die Zugabe von Acetylenruß erhöht die elektrische Leitfähigkeit des elektrochemisch aktiven Mangandioxids (Braunstein) und erlaubt eine bessere Aufnahme von Elektrolytlösung in der Kathode.


Farbruß

Ruß wird als Schwarzpigment (C. I. Pigment Black 7 und 6 Lamp Black)<ref>Robert Leach: The Printing Ink Manual. Fourth Edition, Van Nostrand Reinhold, 1988, ISBN 978-94-011-7099-4, S. 154.</ref> für Druckfarben, Tuschen, Lacke und zur Einfärbung von Kunststoffen (insbesondere als UV-Schutz) genutzt. In Spezialprodukten wie Maskara, Graberde, Dekorpapier und Fasern dient er gleichfalls als Schwarzpigment.

Farbruße sind nanoteilige Ruße, die durch ihre Feinheit zunehmend den braunen Grundton verlieren. Ihre Verwendung erfolgt bei der Herstellung schwarzer Druckfarben der unterschiedlichsten Druckverfahren. Da die gedruckten Schichten sehr dünn und teilweise transparent sind, ist eine besondere Qualität der Ruße erforderlich. Für eine ausreichende Farbtiefe (Schwarzton) von preiswerteren Rußqualitäten, insbesondere bei Zeitungsdruckfarben, wird oft mit Blaupigmenten geschönt, um einen Rot-/ Braunstich zu unterdrücken. Ruße für hochfarbtiefe Lacke werden durch nachträgliche Oxidation des Basisrußes hergestellt. Die oxidischen Gruppen ergeben eine bessere Einarbeitung zu den Bindemitteln und Harzen. Ruß wird als farbgebendendes Pigment bei den meisten Tätowierfarben, nicht nur bei Schwarz, verwendet.


Ökologie und Toxikologie

Industrieruß wird so breit angewendet, dass er überall vorkommt, zunächst jedoch meist eingebettet in die jeweilige Grundsubstanz. Er gelangt durch Abrieb von Reifen oder aus Druckfarben recycelter Zeitungen in die Umwelt. Die Partikelgröße bedingt eine Einordnung als Feinstaub.

Relevanz ist auch aufgrund der Herstellverfahren oder Nanomaterial denkbar. Bei der Herstellung wird teilweise PAK-haltiges und somit krebserregendes Ausgangsmaterial eingesetzt. Es können je nach den Prozessbedingungen Rückstände des Ausgangsmaterials im Industrieruß verbleiben. Diese Rückstände werden durch die hohe Oberflächenaktivität (Van-der-Waals-Kräfte) des Industrierußes fest adsorbiert. Die International Agency for Research on Cancer (IARC) bewertet die Toxizität von Carbon Black: Vorlage:".


Kurzzeitige Exposition mit hohen Konzentrationen von Carbon Black (Staub) kann möglicherweise durch eine mechanische Irritation die Beeinträchtigung der oberen Atemwege auslösen. Industrieruß wird als für Menschen möglicherweise karzinogen angesehen. Zwar gibt es ausreichend aussagekräftige Untersuchungen mit Tieren, aber keine entsprechenden Studien mit Menschen.<ref name="IARC" /> Die wesentlichen Aussagen zur Karzinogenität in Tierstudien rühren von Studien an Ratten, zwei davon zur chronischen Inhalation und zwei zum direkten Einflößen in die Luftröhre. Diese Studien zeigten signifikant erhöhtes Auftreten von Lungenkrebs an den untersuchten Ratten.<ref name="IARC" /> Eine weitere Inhalationsstudie, diesmal an Mäusen, zeigte keine Zunahme des Lungenkrebses.<ref name="IARC" /> Epidemiologische Daten gibt es über drei verschiedene Kohorten von Produktionsarbeitern. Zwei Studien, eine aus Großbritannien und eine aus Deutschland (Produktionswerk Kalscheuren bei Köln), mit jeweils mehr als 1000 Arbeitern in jeder untersuchten Gruppe zeigten eine erhöhte Mortalität an Lungenkrebs.<ref name="IARC" /> Eine weitere Studie an über 5000 Industrierußarbeitern aus den USA zeigte diese erhöhte Mortalität nicht.

Industrieruß (Carbon Black) wurde 2016 von der Europäischen Union gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen chemischer Stoffe auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von Industrieruß in die Bewertung waren die Besorgnisse der Verbraucher, kumulative Exposition, Exposition empfindlicher Bevölkerungsgruppen, Exposition von Arbeitnehmern, hoher (aggregierter) Tonnage und weit verbreiteter Verwendung sowie der vermuteten Gefahren durch krebserregende Eigenschaften und der möglichen Gefahr durch reproduktionstoxische Eigenschaften. Die Neubewertung soll ab 2021 von Frankreich durchgeführt werden.


Unerwünschter Ruß

Ruß tritt bei Verbrennungsvorgängen oft als unerwünschtes Produkt auf. Bei unvollständiger Verbrennung entstehen ölige Ruße und Aerosole. Solcher Ruß (englisch soot) hat im Tierversuch das Potential gezeigt, Krebs auszulösen. Die Krebsgefährdung verursachen hierbei jedoch die bei unvollständiger Verbrennung entstehenden polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK).

In Ofen-Heizungen setzt sich als Produkt der unvollständigen Verbrennung Ruß im Kaminrohr ab und kann zusammen mit dort kondensiertem Teer zum Kaminbrand führen. Um das zu verhindern, fegt der Schornsteinfeger (Rauchfangkehrer) regelmäßig die Kamin-Innenwände mit einer harten Metallbürste.

Der Dieselruß in Abgasen von Kraftfahrzeugen mit Dieselmotor hat eine ähnliche Zusammensetzung, enthält abhängig vom Aromatengehalt des Diesels PAK und ist daher ein Luftschadstoff. Umso besser die Zerstäubung des Diesels beim Einspritzen, desto kleiner und klungengängiger (und damit riskanter) sind die Rußpartikel.

Eine 2020 veröffentlichte Studie gelangt durch Klimasimulationen zum Schluss, dass die durch Rußpartikel veränderte Wolkenbildung zur Erderwärmung beiträgt.


Messtechnischer Nachweis

Die Emissionsmessung von Ruß aus Feuerungsanlagen kann mittels Bacharach-Methode erfolgen.<ref>Franz Joseph Dreyhaupt (Hrsg.): VDI-Lexikon Umwelttechnik. VDI-Verlag Düsseldorf, 1994, ISBN 3-18-400891-6, S. 182.</ref> Mit ihr wird halbquantitativ die Rußzahl bestimmt. Ein vergleichbare Verfahren zur Bestimmung der Rußzahl basiert auf der Änderung des Reflexionsvermögens eines beaufschlagten Messfilters.

Bei der gezielten Immissionsmessung von Ruß wird auf einem Filter abgeschiedener Kohlenstoff erhitzt und die optische Transmission des Filters gemessen.<ref>DIN EN 16909:2017-06 Außenluft; Messung von auf Filtern gesammeltem elementarem Kohlenstoff (EC) und organisch gebundenem Kohlenstoff (OC); Deutsche Fassung EN 16909:2017. Beuth Verlag, Berlin, S. 11.</ref> Bei einem anderen Verfahren wird der auf einem Filter abgeschiedene elementare Kohlenstoff vom organischen Kohlenstoff durch Flüssigextraktion und Thermodesorption getrennt, um anschließend verbrannt zu werden, damit das gebildete Kohlenstoffdioxid coulometrisch ermittelt werden kann.


siehe auch:







oder zur Hauptseite




Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ruß aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Bilder können unter abweichenden Lizenzen stehen. Der Urheber und die jeweilige Lizenz werden nach einem Klick auf ein Bild angezeigt.