Versicherungspflicht: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Hamburger Feuerkasse RS.jpg|thumb|300px|Eine [[Feuerversicherung]] für ein Gebäude ist keine Pflichtversicherung, es besteht also keine Versicherungspflicht.<br> Schild der ''[https://www.hamburger-feuerkasse.de/content/privat/services/schadenverhuetung/postkartenaktion-fw/index.html Hamburger Feuerkasse]''<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]]]]
[[Datei:Hamburger Feuerkasse RS.jpg|thumb|300px|Eine [[Feuerversicherung]] für ein Gebäude ist keine Pflichtversicherung, es besteht also keine Versicherungspflicht.<br> Schild der ''[https://www.hamburger-feuerkasse.de/content/privat/services/schadenverhuetung/postkartenaktion-fw/index.html Hamburger Feuerkasse]''<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]]]]
Eine Pflichtversicherung ist eine Versicherung, deren Abschluss gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist in vielen Ländern zum Beispiel bei Kfz-Haftpflichtversicherung, Berufshaftpflichtversicherung und vor allem bei der Sozialversicherung der Fall. Man unterscheidet in der Regel staatliche Versicherungssysteme mit gesetzlicher Zwangsmitgliedschaft, vor allem bei der  Sozialversicherungspflicht, sowie die Pflicht zum Abschluss privater Versicherungen. In Deutschland wird dies vor allem bei den Versicherungen gewählt, die dem Schutz Dritter dienen, wie dies bei [[Kfz-Haftpflichtversicherung]] und Berufshaftpflichtversicherung der Fall ist. Dieser Schutz wird aber bei der gesetzlichen Versicherung gegen Arbeitsunfälle auch im Wege der staatlichen Zwangsmitgliedschaft in einer Berufsgenossenschaft hergestellt.
Eine '''Pflichtversicherung''' ist eine [[Versicherung (Kollektiv)|Versicherung]], deren Abschluss gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist in vielen Ländern zum Beispiel bei [[Kfz-Haftpflichtversicherung]], [[Berufshaftpflichtversicherung]] und vor allem bei der [[Sozialversicherung]] der Fall.  


Das Gegenstück zur Pflichtversicherung ist die freiwillige Versicherung für Menschen, die nicht der Versicherungspflicht unterliegen.


'''Allgemeines'''


'''Pflichtversicherung und Vertragsfreiheit'''
Man unterscheidet – in der Regel staatliche – Versicherungssysteme mit gesetzlicher [[Pflichtmitgliedschaft]], vor allem bei der Sozialversicherungspflicht, sowie die Pflicht zum Abschluss privater Versicherungen. In Deutschland wird dies vor allem bei den Versicherungen gewählt, die dem Schutz [[Dritter]] dienen, wie dies bei Kfz-Haftpflichtversicherung, der Berufshaftpflichtversicherung und der [[Jagdhaftpflichtversicherung]] der Fall ist. Dieser Schutz wird aber bei der gesetzlichen Versicherung gegen [[Arbeitsunfall|Arbeitsunfälle]] im Wege der gesetzlich verpflichtenden [[Zuständigkeit]] einer [[Berufsgenossenschaft|gewerblichen Berufsgenossenschaft]] hergestellt. In allen Fällen liegt für [[Versicherungsnehmer]] und [[Versicherer]] ein gesetzlicher [[Kontrahierungszwang]] vor.


Eine gesetzliche Pflichtversicherung steht im Widerspruch zum Prinzip der Vertragsfreiheit, die in Deutschland aufgrund . Abs.&nbsp;1 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]] ein [[Grundrecht]] darstellt. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit durch eine Pflichtversicherung bedarf daher einer gesonderten Begründung. Solche Begründungen sind beispielsweise der Schutz Dritter (bei Haftpflichtversicherungen), der [[Gesundheitsschutz]] oder der [[Verbraucherschutz]]. Von liberaler Seite werden Pflichtversicherungen teilweise als [[Paternalismus]] kritisiert.


Vielfach ist mit einer Pflichtversicherung ein Kontrahierungszwang für die Versicherungsunternehmen verbunden. Historisch wurden Pflichtversicherungen vielfach mit Versicherungsmonopolen verbunden.
'''Pflichtversicherung und Vertragsfreiheit'''


Eine gesetzliche Pflichtversicherung steht im Widerspruch zum Prinzip der [[Vertragsfreiheit]], die in Deutschland aufgrund {{Art.|2|gg|juris}} Abs.&nbsp;1 [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|GG]] ein [[Grundrecht]] darstellt. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit durch eine Pflichtversicherung bedarf daher einer besonderen Begründung. Gründe sind beispielsweise der Schutz Dritter (bei Haftpflichtversicherungen), der [[Gesundheitsschutz]] oder der [[Verbraucherschutz]]. Von liberaler Seite werden Pflichtversicherungen teilweise als [[Paternalismus]] kritisiert.


'''ökonomische Bewertung'''
Vielfach ist mit einer Pflichtversicherung ein [[Kontrahierungszwang]] für die Versicherungsunternehmen verbunden. Historisch wurden Pflichtversicherungen vielfach mit [[Monopolversicherung|Versicherungsmonopol]]en verbunden.


Grundsätzlich sind Pflichtversicherungen aus ökonomischer Sicht kritisch zu betrachten, da sie unter den Bedingungen eines idealen Marktes effizienzvermindernd wirken. Der Versicherungsnehmer wird gezwungen, eine Versicherung abzuschliessen, obwohl sein Nutzen aus einer anderen Verwendung des notwendigen Geldes höher wäre. Da jedoch die Bedingungen eines idealen Marktes in der Realität nicht gegeben sind, gibt es eine Reihe von ökonomischen Argumenten für Pflichtversicherungen.


Aus ökonomischer Sicht kann eine Pflichtversicherung begründet werden, wenn die betreffende Versicherung ein meritorisches Gut darstellt. Dieses Argument wird vor allem in der Rentenversicherung verwendet. Nach dieser Argumentation würden die Versicherten den Bedarf der Altersversorgung systematisch unterschätzen und würden daher ohne eine Pflichtversicherung eine zu niedrige Rente erhalten. Weiterhin können Pflichtversicherungen Moral Hazard und Adverse Selektion verhindern. Dies gilt zum einen in der Sozialversicherung bei kleinen Einkommen aber auch bei Haftpflichtversicherungen. Im Schadensfall würden hier die Kosten nicht von den Versicherten getragen (weil sie es nicht können), sondern vom Sozialamt oder den Geschädigten.
'''Geschichte'''


Historisch sind die [[Feuerversicherung]]en die ersten Pflichtversicherungen. Im 17./18. Jahrhundert entstanden in vielen Gebieten gesetzliche Regelungen, die Brandversicherungen obligatorisch machten. Die [[Sozialgesetzgebung|Bismarcksche Sozialgesetzgebung]] führte ab 1883 erste Pflichtversicherungen im Bereich der Sozialversicherung ein (Unfallversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung).<ref>Vgl. hierzu die 40-bändige [[Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914]] von [[Wolfgang Ayaß]], [[Florian Tennstedt]] u.&nbsp;a.; vgl. Wolfgang Ayaß, Wilfried Rudloff, Florian Tennstedt: ''Sozialstaat im Werden''. Band 1: ''Gründungsprozesse und Weichenstellungen im Deutschen Kaiserreich'', Stuttgart 2021, Band 2: ''Schlaglichter auf Grundfragen'', Stuttgart 2021.</ref> Die erste Haftpflichtversicherung wurde 1923 mit dem [[Luftverkehrsgesetz]] normiert.


'''Geschichte'''


Historisch sind die [[Feuerversicherung]]en die ersten Pflichtversicherungen. Im 17./18. Jahrhundert entstanden in vielen Gebieten gesetzliche Regelungen, die Brandversicherungen obligatorisch machten. Die [[Bismarcksche Sozialgesetzgebung]] führte ab 1883 (Krankenversicherung) erste Pflichtversicherungen im Bereich der Sozialversicherung ein. Die erste Haftpflichtversicherung wurde 1923 mit dem [[Luftverkehrsgesetz]] normiert.
'''Arten, Sozialversicherung'''


'''Haftpflichtversicherung'''


'''Sozialversicherung Deutschland'''
Eine [[Haftpflichtversicherung]] ist in einer Reihe von Fällen gesetzlich vorgeschrieben:
 
Versicherungspflicht in der deutschen Sozialversicherung besteht in der [[Arbeitslosenversicherung]], [[SGB III]], der [[Krankenversicherung_in_Deutschland|Krankenversicherung]], [[SGB V]], der [[Gesetzliche_Rentenversicherung_(Deutschland)|Rentenversicherung]], [[SGB VIII]], der [[Pflegeversicherung_(Deutschland)|Pflegeversicherung]] [[SGB XI]], und der Versicherung gegen Arbeitsunfälle ([[Berufsgenossenschaft]]), [[SGB VII]].
 
Die Versicherungspflicht ist in ihrem Umfang unterschiedlich geregelt. So gibt es Mindestgrenzen, die Bagatellfälle ausschließen: Die [[Geringfügige Beschäftigung|geringfügige Beschäftigung]] nach {{§|8|sgb_4|juris}} [[SGB IV]] („400-Euro-Jobs“) ist versicherungsfrei, obwohl der Arbeitgeber einen gewissen Beitrag zur Kranken- und zur Rentenversicherung zu zahlen hat ({{§|249b|sgb_5|juris}} SGB V, {{§|172|sgb_6|juris}} Abs.&nbsp;3 SGB VI). Ansprüche auf Versicherungsleistungen entstehen dadurch nicht. In der Rentenversicherung werden jedoch Zuschläge an Entgeltpunkten ermittelt ({{§|76b|sgb_6|juris}} SGB VI), die in geringem Umfang auch zu einer Wartezeiterfüllung beitragen ({{§|52|sgb_6|juris}} Abs.&nbsp;2 SGB VI). Der Arbeitnehmer kann durch zusätzliche Beiträge vollwertige Beitragszeiten erwerben ({{§|5|sgb_6|juris}} Abs.&nbsp;2 Satz&nbsp;2 SGB VI). Für die Arbeitslosenversicherung wiederum werden bei geringfügiger Beschäftigung keine Beiträge erhoben und entsprechend keine Ansprüche erworben.
 
Weiter gibt es als Obergrenze die [[Beitragsbemessungsgrenze]], die jährlich aktualisiert wird. Sie ist in der Krankenversicherung und Pflegeversicherung niedriger als in Arbeitslosen- und in der Rentenversicherung.
 
Die Krankenversicherung hat die Besonderheit, dass Besserverdienende versicherungsfrei sind.
 
Deutsche, die im Ausland beschäftigt sind oder in Deutschland selbständig Tätige können in der Deutschen Rentenversicherung auf Antrag pflichtversichert sein ({{§|4|sgb_6|juris}} SGB VI).
 
 
'''Sozialversicherung Österreich'''
 
Unter '''Pflichtversicherung''' versteht man die im [[Sozialversicherung (Österreich)|österreichischen Sozialversicherungsrecht]] geregelte Entstehung einer Sozialversicherungspflicht sowie die gesetzlich geregelte Zugehörigkeit zu einem bestimmten Sozialversicherungsträger.
 
Beispiel: Jemand beginnt eine unselbständige Erwerbstätigkeit in Wien und verdient über der [[Geringfügigkeitsgrenze]]. Dadurch wird er sozialversicherungspflichtig; zuständig für ihn ist die Wiener Gebietskrankenkasse (KV), die [[Pensionsversicherungsanstalt]] (PV) sowie die AUVA (UV).
 
 
'''Sozialversicherung Schweiz'''
 
Auch die [[Gesetzliche_Versicherung_(Schweiz)| Schweizer Sozialversicherung]] kennt umfassende Versicherungspflichten. Sie ist abweichend von der deutschen Sozialversicherung weitgehend als Bürgerversicherung bzw. Versicherung für alle Erwerbstätigen (einschließlich Selbstständigen) konzipiert. Die Zwangsversicherung ist also umfassender als in Deutschland.
 
 
'''Haftpflichtversicherung'''


Eine [[Haftpflichtversicherung]] ist in einer Reihe von Fällen gesetzlich vorgeschrieben:
* [[Kfz-Haftpflichtversicherung]], in den meisten Ländern Europas
* [[Kfz-Haftpflichtversicherung]], in den meisten Ländern Europas
* [[Berufshaftpflichtversicherung]] (Pflicht für Rechtsanwälte ([[Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte]]), Notare, Architekten und Ingenieure, Wirtschaftstreuhänder (=Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) und Ärzte)
* [[Berufshaftpflichtversicherung]] (Pflicht für Rechtsanwälte ([[Berufshaftpflichtversicherung für Rechtsanwälte]]), Patentanwälte, Notare, Architekten und Ingenieure, Wirtschaftstreuhänder (=Wirtschaftsprüfer und Steuerberater) und Ärzte)
* [[Betriebshaftpflichtversicherung]] für bestimmte Branchen und Geschäftszweige
* [[Betriebshaftpflichtversicherung]] für bestimmte Branchen und Geschäftszweige
* [[Jagdhaftpflichtversicherung]] als Voraussetzung für die Erteilung eines Jagdscheines
* [[Jagdhaftpflichtversicherung]] als Voraussetzung für die Erteilung eines Jagdscheines
* [[Tierhalterhaftpflichtversicherung]] (soweit landesrechtlich angeordnet)




'''Reiserecht'''  
'''Insolvenzsicherung'''


Im deutschen [[Reiserecht]] besteht seit 1994 die Besonderheit, dass Anbieter von [[Pauschalreise]]n mit dem [[Reisesicherungsschein]] eine Pflichtversicherung gegen Folgen einer [[Insolvenz]] nachweisen müssen.
Im deutschen [[Reiserecht]] besteht seit 1994 die Besonderheit, dass Anbieter von [[Pauschalreise]]n mit dem [[Reisesicherungsschein]] eine Pflichtversicherung gegen Folgen einer [[Insolvenz]] nachweisen müssen. Danach darf der [[Reiseveranstalter]] Zahlungen des [[Reisender|Reisenden]] auf den [[Reisepreis]] vor Beendigung der Pauschalreise gemäß {{§|651t|bgb|juris}} [[Bürgerliches Gesetzbuch|BGB]] nur fordern oder annehmen, insbesondere wenn
ein wirksamer Kundengeldabsicherungsvertrag besteht oder, in den Fällen des {{§|651s|bgb|juris}} BGB, der Reiseveranstalter nach § 651s BGB Sicherheit leistet.




'''Feuerversicherung'''  
'''[[Feuerversicherung]]'''


In der Vergangenheit war auch die [[Feuerversicherung]] eine Pflichtversicherung. Diese Pflicht wurde in Deutschland aufgehoben.
In der Vergangenheit war auch die [[Feuerversicherung]] eine Pflichtversicherung. Diese Pflicht wurde in Deutschland aufgehoben.




'''siehe auch:'''
'''Wirtschaftliche Aspekte'''


* [[Versicherungspflicht im Sinne der deutschen Sozialversicherung]]
Grundsätzlich sind Pflichtversicherungen aus ökonomischer Sicht kritisch zu betrachten, da sie unter den Bedingungen eines [[Vollkommener Markt|idealen Marktes]] effizienzvermindernd wirken. Der Versicherungsnehmer wird gezwungen, eine Versicherung abzuschließen, obwohl sein [[Nutzen (Wirtschaft)|Nutzen]] aus einer anderen Verwendung des dafür aufzubringenden Geldes höher wäre ([[Opportunitätskosten]]). Da jedoch die Bedingungen eines idealen Marktes in der Realität nicht vorhanden sind, gibt es eine Reihe von ökonomischen Argumenten für Pflichtversicherungen.
* [[Versicherungsfreiheit]]
* [[Sozialversicherung (Österreich)]]


Aus ökonomischer Sicht kann eine Pflichtversicherung begründet werden, wenn die betreffende Versicherung ein [[Meritorisches Gut]] darstellt. Nach dieser Argumentation würden die Versicherten den Bedarf der Altersversorgung systematisch unterschätzen und würden daher ohne eine Renten-Pflichtversicherung eine zu niedrige Rente erhalten. Weiterhin können Pflichtversicherungen [[Moral Hazard]] und [[Adverse Selektion]] sowohl verhindern als auch erzeugen. Dies gilt zum einen in der Sozialversicherung bei kleinen Einkommen aber auch bei Haftpflichtversicherungen. Im Schadensfall würden hier die Kosten nicht von den Versicherten getragen (weil sie es nicht können), sondern vom Sozialamt oder den Geschädigten.


'''Literatur'''
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtversicherung nicht die [[Risikoeinstellung]] eines [[Risikoträger]]s berücksichtigt. Es ist gleichgültig, ob er [[risikoscheu]], [[Risikofreude|risikofreudig]] oder [[Risikoneutralität|risikoneutral]] ist, er muss sich versichern.


* Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens: Pflichtversicherung – Segnung oder Sündenfall: Dokumentation über ein Symposium am 28.–30. Oktober 2004 im Schloss Marbach, Öhningen; Band 30 von Veröffentlichungen der Hamburger Gesellschaft zur Förderung des Versicherungswesens mbH, Hamburg, 2005, ISBN 3899522303, [http://books.google.de/books?id=hX-apicTKwoC&printsec=frontcover&source=gbs_ge_summary_r&cad=0#v=onepage&q&f=false online]


'''Abgrenzung'''


'''Weblinks'''  
Die Pflichtversicherung ist der durch Gesetz ausgeübte Zwang zum Abschluss eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages (etwa [[Kfz-Haftpflichtversicherung]]), während eine ''Zwangsversicherung'' den gesetzlichen Zwang zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnisses (etwa [[Arbeitslosenversicherung]]) darstellt.<ref>Katharina Hedderich, ''Pflichtversicherung'', 2011, S. 2 f.</ref> 


* [http://www.anwalt-seiten.de/artikel/sec7/27.html Wissenswertes zur Freistellung]




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<br />{{Wikipedia}}
<br />{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Kriminalpolizei]]
[[Kategorie:Recht]]
[[Kategorie:Recht]]

Version vom 2. Dezember 2021, 20:28 Uhr

Bitte jede Verordnung oder jeden Gesetzestext auf Aktualität prüfen


Eine Feuerversicherung für ein Gebäude ist keine Pflichtversicherung, es besteht also keine Versicherungspflicht.
Schild der Hamburger Feuerkasse
Foto: Rainer Schwarz

Eine Pflichtversicherung ist eine Versicherung, deren Abschluss gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist in vielen Ländern zum Beispiel bei Kfz-Haftpflichtversicherung, Berufshaftpflichtversicherung und vor allem bei der Sozialversicherung der Fall.


Allgemeines

Man unterscheidet – in der Regel staatliche – Versicherungssysteme mit gesetzlicher Pflichtmitgliedschaft, vor allem bei der Sozialversicherungspflicht, sowie die Pflicht zum Abschluss privater Versicherungen. In Deutschland wird dies vor allem bei den Versicherungen gewählt, die dem Schutz Dritter dienen, wie dies bei Kfz-Haftpflichtversicherung, der Berufshaftpflichtversicherung und der Jagdhaftpflichtversicherung der Fall ist. Dieser Schutz wird aber bei der gesetzlichen Versicherung gegen Arbeitsunfälle im Wege der gesetzlich verpflichtenden Zuständigkeit einer gewerblichen Berufsgenossenschaft hergestellt. In allen Fällen liegt für Versicherungsnehmer und Versicherer ein gesetzlicher Kontrahierungszwang vor.


Pflichtversicherung und Vertragsfreiheit

Eine gesetzliche Pflichtversicherung steht im Widerspruch zum Prinzip der Vertragsfreiheit, die in Deutschland aufgrund Vorlage:Art. Abs. 1 GG ein Grundrecht darstellt. Die Einschränkung der Vertragsfreiheit durch eine Pflichtversicherung bedarf daher einer besonderen Begründung. Gründe sind beispielsweise der Schutz Dritter (bei Haftpflichtversicherungen), der Gesundheitsschutz oder der Verbraucherschutz. Von liberaler Seite werden Pflichtversicherungen teilweise als Paternalismus kritisiert.

Vielfach ist mit einer Pflichtversicherung ein Kontrahierungszwang für die Versicherungsunternehmen verbunden. Historisch wurden Pflichtversicherungen vielfach mit Versicherungsmonopolen verbunden.


Geschichte

Historisch sind die Feuerversicherungen die ersten Pflichtversicherungen. Im 17./18. Jahrhundert entstanden in vielen Gebieten gesetzliche Regelungen, die Brandversicherungen obligatorisch machten. Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung führte ab 1883 erste Pflichtversicherungen im Bereich der Sozialversicherung ein (Unfallversicherung, Krankenversicherung, Rentenversicherung).<ref>Vgl. hierzu die 40-bändige Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 von Wolfgang Ayaß, Florian Tennstedt u. a.; vgl. Wolfgang Ayaß, Wilfried Rudloff, Florian Tennstedt: Sozialstaat im Werden. Band 1: Gründungsprozesse und Weichenstellungen im Deutschen Kaiserreich, Stuttgart 2021, Band 2: Schlaglichter auf Grundfragen, Stuttgart 2021.</ref> Die erste Haftpflichtversicherung wurde 1923 mit dem Luftverkehrsgesetz normiert.


Arten, Sozialversicherung

Haftpflichtversicherung

Eine Haftpflichtversicherung ist in einer Reihe von Fällen gesetzlich vorgeschrieben:


Insolvenzsicherung

Im deutschen Reiserecht besteht seit 1994 die Besonderheit, dass Anbieter von Pauschalreisen mit dem Reisesicherungsschein eine Pflichtversicherung gegen Folgen einer Insolvenz nachweisen müssen. Danach darf der Reiseveranstalter Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Pauschalreise gemäß Vorlage:§ BGB nur fordern oder annehmen, insbesondere wenn ein wirksamer Kundengeldabsicherungsvertrag besteht oder, in den Fällen des Vorlage:§ BGB, der Reiseveranstalter nach § 651s BGB Sicherheit leistet.


Feuerversicherung

In der Vergangenheit war auch die Feuerversicherung eine Pflichtversicherung. Diese Pflicht wurde in Deutschland aufgehoben.


Wirtschaftliche Aspekte

Grundsätzlich sind Pflichtversicherungen aus ökonomischer Sicht kritisch zu betrachten, da sie unter den Bedingungen eines idealen Marktes effizienzvermindernd wirken. Der Versicherungsnehmer wird gezwungen, eine Versicherung abzuschließen, obwohl sein Nutzen aus einer anderen Verwendung des dafür aufzubringenden Geldes höher wäre (Opportunitätskosten). Da jedoch die Bedingungen eines idealen Marktes in der Realität nicht vorhanden sind, gibt es eine Reihe von ökonomischen Argumenten für Pflichtversicherungen.

Aus ökonomischer Sicht kann eine Pflichtversicherung begründet werden, wenn die betreffende Versicherung ein Meritorisches Gut darstellt. Nach dieser Argumentation würden die Versicherten den Bedarf der Altersversorgung systematisch unterschätzen und würden daher ohne eine Renten-Pflichtversicherung eine zu niedrige Rente erhalten. Weiterhin können Pflichtversicherungen Moral Hazard und Adverse Selektion sowohl verhindern als auch erzeugen. Dies gilt zum einen in der Sozialversicherung bei kleinen Einkommen aber auch bei Haftpflichtversicherungen. Im Schadensfall würden hier die Kosten nicht von den Versicherten getragen (weil sie es nicht können), sondern vom Sozialamt oder den Geschädigten.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Pflichtversicherung nicht die Risikoeinstellung eines Risikoträgers berücksichtigt. Es ist gleichgültig, ob er risikoscheu, risikofreudig oder risikoneutral ist, er muss sich versichern.


Abgrenzung

Die Pflichtversicherung ist der durch Gesetz ausgeübte Zwang zum Abschluss eines privatrechtlichen Versicherungsvertrages (etwa Kfz-Haftpflichtversicherung), während eine Zwangsversicherung den gesetzlichen Zwang zum Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Versicherungsverhältnisses (etwa Arbeitslosenversicherung) darstellt.<ref>Katharina Hedderich, Pflichtversicherung, 2011, S. 2 f.</ref>



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