Strafrecht: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Bild:E.d' Arborea.jpg|thumb|250px|Denkmal der<br/>'''[[Eleonora di Arborea]]''' vor dem Rathaus von Oristano / Sardinien. Die von ihr entwickelte '''Carta de Lógu''', einen Kodex, trat '''1395''' in Kraft und war die '''Gesetzesgrundlage''' auf Sardinien, bis zur Bildung des italienischen Staates '''1861'''.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]] 0510]]
[[Bild:E.d' Arborea.jpg|thumb|300px|Denkmal der '''[https://de.wikipedia.org/wiki/Eleonora_von_Arborea Eleonora di Arborea]''' vor dem Rathaus von Oristano, Sardinien. Die von ihr entwickelte '''Carta de Lógu''', einen Kodex, trat '''1395''' in Kraft und war die '''Gesetzesgrundlage''' auf Sardinien, bis zur Bildung des italienischen Staates '''1861'''.<br/>Foto: [[Rainer Schwarz]] 0510]]
Das '''Strafrecht''' ist ein methodisch selbständiger Teil des [[Öffentliches Recht|öffentlichen Rechts]], in welchem für schuldhaft begangenes Unrecht teils schwerwiegende staatliche Sanktionen vorgesehen sind. Art und Höhe der Sanktionen sind in den einzelnen Staaten unterschiedlich und folgen keiner einheitlichen Terminologie; meist sind jedoch für Verbrechen Freiheitsstrafen und für leichtere Vergehen Geldstrafen vorgesehen. Kapitalverbrechen wie Mord sind in einigen Staaten mit der Todesstrafe bedroht. Durch den internationalen Menschenrechtsschutz wird die Todesstrafe allerdings immer mehr von der lebenslangen Freiheitsstrafe abgelöst.  
[[Datei:Kabel abbrennen FW Weißenfels pFB 18.6.21.jpg|thumb|300px|[[Kabel abbrennen]], um [https://de.wikipedia.org/wiki/Kupfer Kupfer] zu gewinnen. Es folgt einen [[strafrecht]]liche Prüfung, ob eine  [[Straftat]] vorliegt, der [[Vorsatz]] kann vorausgesetzt werden.<br>Foto: FW Weißenfels]]
Das '''Strafrecht''', auch als '''Kriminal(straf)recht''' bezeichnet, umfasst im Rechtssystem (Soziologie) eines Landes diejenigen Rechtsnormen, durch die bestimmte Verhaltensweisen verboten und als „[[Straftat]]en“ mit einer Strafe Rechtsfolge|sanktioniert werden. Ziel des Strafrechts ist der Schutz bestimmter Rechtsgüter, so etwa Leben, Gesundheit und Eigentum, zudem die [[Sicherheit]] und Integrität des Staates sowie elementare Werte des Gemeinschaftslebens. Die Strafandrohung, nicht von allen Ländern praktiziert, reicht von Geldstrafe über Freiheitsstrafe zur Körperstrafe. In seiner ultima ratio resultiert in manchen Staaten die Todesstrafe.


Das '''materielle Strafrecht''' beschreibt die Voraussetzungen der Strafbarkeit ([[Tatbestand]]) und deren [[Rechtsfolge]]n. Gesetzlich geregelt ist es im Strafgesetzbuch (StGB) und in zahlreichen nebenstrafrechtlichen, spezialisierten Bestimmungen (zum Beispiel im Außenwirtschaftsgesetz oder im Arzneimittelgesetz).
In den meisten Staaten ist das Strafrecht mit einem eigenen Strafgesetzbuch kodifiziert. Gegebenenfalls wird das Strafgesetzbuch durch Gesetze zum Nebenstrafrecht ergänzt. Das Strafrecht stellt Rechtssatz|Rechtssätze auf, die die Strafbarkeit bestimmter Handlungsweisen und ihre spezifischen Merkmale definieren, die so genannten Tatbestand#Strafrecht|Straftatbestände. Festgelegt werden zudem Art und Umfang der mit der Normverletzung verbundenen Strafmaßnahmen. Aus der Tradition des Römisches Recht|römischen Rechts heraus zählt häufig das Strafverfahrensrecht selbst zum Strafrecht. Zur Durchsetzung der materiell-rechtlichen Strafanordnungen werden in den Verfahrensordnungen die zuständigen Institutionen und deren Arbeitsweise festlegt.  
Zum '''formellen Strafrecht''' gehört das [[Strafverfahrensrecht]], welches das „Wie“ der Durchsetzung des materiellen Strafrechts beschreibt (Rechtsquellen hierfür sind vor allem die [[Strafprozessordnung (Deutschland)|Strafprozessordnung]] und das [[Gerichtsverfassungsgesetz]]).


Das Recht der [[Ordnungswidrigkeit]]en gehört zum Strafrecht im weiteren Sinn, weil es den Methoden des Strafrechts folgt und im Verfahren ähnlich ist. Die Sanktionen sind meist [[Bußgeld]]er, die in der Regel deutlich unterhalb von Geldstrafen bleiben und durch einen Katalog pauschal festgesetzt sein können.  
Hinsichtlich der zulässigen Strafen, der Bewertung des Strafzwecktheorien|Strafzwecks, Art und Umfang der zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen sowie der Einordnung des Strafrechts in die Rechtssystematik gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Rechtssystemen einzelner Staaten. Sie sind Gegenstand der Vergleichende Rechtswissenschaft|vergleichenden Rechtswissenschaft.




'''Begriff der Tat'''


Ein zentraler Begriff des Strafrechts ist die Tat. Der Begriff ist insofern irreführend, als auch eine Nicht-Tat, nämlich ein [[Unterlassen]], strafbar sein kann. Jedenfalls muss das Handeln oder Nicht-Handeln aber zielgerichtet sein und nicht nur zum Beispiel ein Reflex. '''Erfolgsdelikte''' (z.B. Totschlag, Körperverletzung) setzen zudem voraus, dass dieses Handeln oder Unterlassen einen Erfolg verursacht hat. Dieser Erfolg muss auch zurechenbar sein, d.&nbsp;h. er darf nicht völlig unwahrscheinlich oder unvorhersehbar gewesen sein. Weiterhin muss die Tat grundsätzlich [[Vorsatz|vorsätzlich]] begangen worden sein. Bei einigen Taten reicht auch [[Fahrlässigkeit|fahrlässiges]] Handeln. Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist der Tatbestand erfüllt. Aber nur Taten, die rechtswidrig sind, können bestraft werden. '''Rechtswidrig''' ist eine Tat, für die kein [[Rechtfertigungsgrund]] vorliegt. Ein Rechtfertigungsgrund könnte zum Beispiel [[Notwehr]] sein.
'''Strafzwecktheorien'''


Der rechtswidrig handelnde Täter muss ferner '''[[Schuld (Strafrecht)|schuldhaft]]''' (persönlich vorwerfbar) handeln. Erst wenn diese drei Bedingungen – Tatbestandsmäßigkeit, Rechtswidrigkeit, Schuld – erfüllt sind, wird eine Strafe ausgesprochen. Hat jemand eine Straftat begangen, die nicht gerechtfertigt ist, dabei aber [[Schuldunfähigkeit|nicht schuldhaft]] gehandelt, weil er beispielsweise [[psychische Krankheit|psychisch krank]] ist, kann keine Strafe verhängt werden. Stattdessen können [[Maßregeln der Besserung und Sicherung|Maßregeln der Besserung und Sicherung]] ausgesprochen werden.
Als die Haupttopoi der Strafzwecktheorien gelten über die Grenzen der Rechtskreise hinweg Vergeltung, (General- und Spezial-) Prävention, der Schutz der Allgemeinheit und Resozialisierung.


Bei vorsätzlichen Straftaten unterscheidet das deutsche Strafrecht '''unterschiedliche Formen der Beteiligung''': [[Täterschaft]] (unmittelbarer [[Täterschaft|Täter]], [[Täterschaft|mittelbarer Täter]], [[Mittäter]]) und [[Teilnahme]] ([[Anstiftung]], [[Beihilfe (Strafrecht)|Beihilfe]]). Außerdem kennt die Strafrechtsdogmatik den gesetzlich nicht beschriebenen [[Täterschaft|Nebentäter]].
Der letzte Aspekt ist in den Vereinigten Staaten in der jüngeren Vergangenheit in den Hintergrund getreten; wichtigste Rechtfertigung des ''war on crime'' ist deshalb vorrangig der Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern. Eine empirisch beobachtbare Folge dessen sind gestiegene Gefangenenraten und Todesstrafe in den USA|Todesurteile.


Bei Fahrlässigkeitsdelikten gibt es dagegen nur die Täterschaft. Im Gegensatz dazu kennt das österreichische Strafrecht (auch in Dänemark und Italien), nur den Begriff des [[Einheitstäter]]s; es wird also nicht unterschieden zwischen jemandem, der eine Straftat begangen hat und jemandem, der ihm dabei nur geholfen hat (eine vergleichbare Regelung gilt im deutschen [[OWiG|Ordnungswidrigkeitenrecht]]).
Auch in den kontinentalen Systemen oszilliert indessen die Bedeutung der verschiedenen Theorien. So können im 1933 eingeführten deutschen System Strafen im eigentlichen Sinne – sie messen sich an der Schuld des Täters – von Maßregel der Besserung und Sicherung|Maßregeln der Besserung und Sicherung – etwa an Gedanken der Resozialisierung anknüpfend – geschieden werden.




'''Ziel und Zweck des Strafrechts'''  
'''Aufbau der Straftatbestände'''


Strafrecht knüpft an die Verletzung von geschützten Rechtsgütern an. Dabei sollte der gesetzgeberische Einsatz von Strafrecht wegen des verfassungsrechtlichen [[Verhältnismäßigkeitsprinzip]]s immer nur ''ultima ratio'' (letztes Mittel) sein. Das heißt, dass die Verletzung von Rechtsgütern nur dann mit Strafe bedroht werden sollte, wenn Sanktionsmöglichkeiten des [[Zivilrecht|Zivil]]- und [[Verwaltungsrecht]]s nicht mehr ausreichen, um einen wirksamen Rechtsgüterschutz herbeizuführen. Deshalb hat das Strafrecht immer nur fragmentarischen Charakter. Es erfasst nicht lückenlos jedes moralisch verwerfbare Verhalten oder gar die Gesamtheit sozialer und gesellschaftlicher Verflechtungen, sondern stellt lediglich einzelne, vom Gesetzgeber als besonders sozialschädlich erachtete Verhaltensweisen unter Strafe.  
Die Analyse von Aufbau und Bestandteilen einer Tatbestand#Tatbestand in der Rechtswissenschaft|Straftat sind Kerninhalt des Strafrechts. Die Modelle der Rechtsordnungen des Common Law und die kontinentalen, insbesondere deutschen, sind zwar keineswegs völlig inkongruent, weisen jedoch deutliche Unterschiede auf.


Hauptziel des Strafrechts ist nach heute herrschender Ansicht nicht, [[Gerechtigkeit]] in der Rechtsgesellschaft herbeizuführen, sondern den [[Rechtsfrieden]] aufrechtzuerhalten. Dazu wirkt es sowohl [[präventiv]] als auch [[repressiv]] auf Täter und Gesellschaft ein. Um die Reduzierung des [[Opfer (Kriminologie)|Opfers]] auf ein reines Objekt des Strafrechts zu vermeiden, sieht das Verfahrensrecht eine Beteiligung als [[Nebenklage|Nebenkläger]] bei höchstpersönlichen [[Rechtsgut|Rechtsgütern]] vor, z.&nbsp;B. bei [[Körperverletzung]]sdelikten und [[Vergewaltigung]]. Als Rechtsfolge ist der [[Täter-Opfer-Ausgleich]] bekannt.
Insbesondere das Strafrecht (England und Wales)|englische Strafrecht hält am überkommenen Aufbau einer ''offense'' fest. Dieser ist wie folgt:


# ''actus reus,''
# ''mens rea.''


'''Grundsatz: Keine Strafe ohne Gesetz'''
Dem steht ein aus Deutschland stammendes, weltweit verbreitetes, zweites System gegenüber:


Das materielle Strafrecht wird vom Grundsatz "Keine [[Strafe]] ohne [[Gesetz]]" (''[[nulla poena sine lege]]'') geprägt; er genießt Verfassungsrang (vgl. {{Art.|103|gg|juris}} Abs. 2 des [[Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland|Grundgesetz]]es). Dieser Grundsatz beinhaltet folgende Einzelgebote, von denen sich zwei an den Gesetzgeber und zwei an den Rechtsanwender richten:
{| class="wikitable"
* [[Bestimmtheitsgrundsatz|Bestimmtheitsgebot]]: - nulla poena sine lege certa - Der Wortlaut des Gesetzes muss hinreichend genau bestimmt sein. Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, auch Begriffe zu verwenden, die eine Wertung des Gesetzesanwenders voraussetzen (Bsp.: "hoher Schaden", "verwerflich"), wenn die tatsächlichen Umstände nicht anders fassbar sind und der Bedeutungsgehalt des jeweiligen Begriffes mit den allgemein anerkannten Methoden der Auslegung ermittelt werden kann.
!Deutsch
* [[Rückwirkungsverbot]]: - nulla poena sine lege praevia - Die Strafbarkeitsvorschrift muss zur Tatzeit als Gesetz Gültigkeit gehabt haben. Rückwirkende Strafbarkeit ist nicht möglich. Nach herrschender Auffassung bezieht sich das aber nicht auf Voraussetzungen der Strafverfolgung, sondern ausschließlich auf das materielle Strafrecht. So konnte die [[Verjährung]]sfrist für [[Mord]] in der BRD mehrfach bis zur jetzigen Regelung (keine Verjährung) verlängert werden.
!Spanisch
* [[Analogieverbot]]: - nulla poena sine lege stricta -  Im materiellen Strafrecht ist das Heranziehen von Analogien zum Nachteil des Beschuldigten verboten. Die Abgrenzung von [[Auslegung (Recht)|Auslegung]] und [[Analogie (Recht)|Analogie]] bestimmt die Grenze des Wortlauts der jeweiligen Norm. Insoweit ergänzt dieses Prinzip das Bestimmtheitsgebot: Wenn der Gesetzgeber präzise formulieren muss, darf der Gesetzesanwender das nicht durch Überschreiten des Wortlauts umgehen. Eine analoge Anwendung von Vorschriften zu Gunsten des Täters ist aber zulässig.
!Italienisch
* Verbot von [[Gewohnheitsrecht]]: - nulla poena sine lege scripta - Die Richter sind gehindert, Gewohnheitsrecht zur Strafbegründung anzuwenden. Da der Kernbereich des Strafrechts schon seit langem kodifiziert ist, hat das Verbot von Gewohnheitsrecht faktisch keinen Anwendungsbereich mehr. Nicht verboten ist die Rechtfertigung durch Gewohnheitsrecht. Als Beispiel mag die [[Einwilligung]] oder die [[rechtfertigende Pflichtenkollision]] dienen. Insgesamt wird es den Richtern durch das Analogieverbot und das Verbot des Gewohnheitsrechts untersagt, durch Rechtsfortbildung Tatbestände und Rechtsfolgen zu schaffen.
|-
|[[Tatbestand]]smäßigkeit
|''tipicidad''
|''tipicità''
|-
|Rechtswidrigkeit
|''antijuricidad''
|''antigiuridicità''
|-
|Schuld (Strafrecht)
|''culpabilidad''
|''colpevolezza''
|}




'''Ziel und Zweck von Strafe'''
Die deutsche Strafrechtswissenschaft und ihre Allgemeine Lehre vom Strafrecht gehört zu den weltweit einflussreichsten. Die führenden deutschen Lehrbücher werden oftmals ins Spanische, Portugiesische, Chinesische, Japanische und Koreanische übersetzt. Deutsche Strafrechtswissenschaft ist besonders in Spanien, Lateinamerika, Japan, Südkorea, Taiwan sowie in Polen, Griechenland und der Türkei umfassend rezipiert worden.


Das Strafrecht stellt hinsichtlich der Strafbarkeit die '''Tat''' in den Vordergrund, für die Rechtsfolge − also [[Strafe]] oder [[Maßregel der Besserung und Sicherung|Maßregel]] ist auch die Täterpersönlichkeit zu berücksichtigen. Das deutsche Strafrecht vereint verschiedene Strafzwecke (die sich aus sog. [[Straftheorie|Strafzwecktheorien]] herleiten). Zunächst soll die [[Schuld (Strafrecht)|Schuld]] des Täters durch die Strafe gesühnt werden (Schuldprinzip). Darüber hinaus soll der Täter aber auch [[Resozialisierung|resozialisiert]] (positive [[Spezialprävention]]) und von der Begehung weiterer Straftaten abgeschreckt (negative Spezialprävention) werden. Weiter sollen die Bürger von der Begehung von Straftaten abgeschreckt (negative Generalprävention) und generell das Vertrauen der Gesellschaft in die Beständigkeit und Durchsetzungskraft des Rechtssystems gestärkt werden (positive [[Generalprävention]]). In den letzten Jahrzehnten hat sich als Strafzweck immer mehr das „Einsperren“ gefährlicher Täter zur Erhöhung der Sicherheit der Bevölkerung durchgesetzt. Der Gedanke der „Verwahrung gemeingefährlicher Verbrecher“ ist im Vormarsch (vgl. auch [[Sicherungsverwahrung]]). Dies steht jedoch im Widerspruch zur geltenden Rechtslage ({{§|2|stvollzg|juris}} [[StVollzG]]). Danach ist es das Ziel der [[Freiheitsstrafe]], den Gefangenen zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu bewegen (Vollzugsziel). Der Schutz der Allgemeinheit ist allenfalls als nachrangiges Vollzugsziel zu betrachten; wobei ferner strittig ist, ob es sich dabei überhaupt um ein Vollzugsziel handelt.
Das im US-amerikanischen ''Model Penal Code'' vorgeschlagene Modell nähert sich dem deutschen Modell an, behält aber dessen ungeachtet seine charakteristische Färbung. ''Actus reus'' und ''mens rea'' sind auch nach Common Law jedoch nicht ausreichend. Für eine Verurteilung darf der ''offence'' zuletzt auch keine ''defence'', also eine vor allem prozessual gedachte Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten, bestehen.<ref name="Dubber.2006.13180" /> Besonders in England steht man einer Einteilung in rechtfertigende und entschuldigende ''defences'' kritisch gegenüber, während sie in den Vereinigten Staaten besonders für Mord (Vereinigte Staaten) Mord an Bedeutung gewinnt. Die Unterscheidung ist jedoch auch in den USA weniger ontologisch als pragmatisch.


Zu unterscheiden ist zwischen sog. Haupt- und [[Nebenstrafe]]n. Hauptstrafen sind Freiheits- und Geldstrafe.


Der Inhalt der Freiheitsstrafe besteht darin, die Fortbewegungsfreiheit des Gefangenen einzuschränken, da gerade dieses Bedürfnis vom Menschen als besonders wesentlich angesehen und eine Einschränkung dementsprechend als schweres Übel empfunden wird.
Der französische ''Code pénal'' enthält keine Angaben zum Aufbau der Strafbarkeitsprüfung; diese Lücke wurde von der Rechtslehre durch verschiedene Ansätze gefüllt. Der früheste Ansatz unterschied allein nach den Kriterien ''strafbare Tat'' und ''strafbarer Täter.'' Das Kriterium ''strafbarer Täter'' enthielt dabei etwa die Zurechnungsfähigkeit, die Schuld sowie die Notwehr ''(légitime défense).'' Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts setzten sich Ansätze durch, die erstmals die Straftat als solche gliederten. Diese klassische Lehre ''(doctrine classique)'' beschreibt einen dreiteiligen Tataufbau:


Der Inhalt der Geldstrafe besteht in dem zwangsweisen Verzicht auf Konsum. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass dem Konsum in der heutigen Gesellschaft ein hoher Stellenwert beikommt und ein Verzicht dementsprechend seitens des Täters als Übelszufügung empfunden wird. Um eine gerecht-strafende Wirkung bei allen Einkommensschichten zu gewährleisten, wird dabei in Deutschland auf das System der Tagessätze zurückgegriffen.  
# gesetzliches Element ''(élément légal)''
# materielles Element ''(élément matériel)''
# subjektives Element ''(élément subjectif'' auch ''élément psychologique, intellectuel'' oder ''élément moral).''


Ein Tagessatz entspricht dabei in der Regel dem durchschnittlichen Nettoeinkommen des Täters an einem Tag und wird von (mindestens) fünf (bei Geringstverdienern) bis zu fünftausend Euro (bei Vermögenden) festgesetzt {{§|40|stgb|juris}} StGB. Unterhaltspflichten werden berücksichtigt. Damit wird den verschiedenen Einkommensverhältnissen der Täter Rechnung getragen. Wenn die Geldstrafe nicht beitreibbar ist, dann erfolgt eine Freiheitsstrafe in Höhe der Anzahl der Tagessätze. Oft wird die Gelegenheit gegeben, die Geldstrafe durch  gemeinnützige Arbeit abzuarbeiten, Ein Anspruch besteht darauf nicht. Problematisch erscheint bei Geldstrafen in erster Linie, dass (nach herrschender Meinung) die Begleichung einer Geldstrafe durch Dritte zulässig ist, was zur Folge hat, dass die Geldstrafe ihre Wirkung verfehlen kann.


Die persönliche Verantwortlichkeit des Täters war nicht Bestandteil des Aufbaus der Straftat. Später kamen einige Versuche auf, die persönliche Verantwortlichkeit, wie Strafmündigkeit oder Zurechnungsfähigkeit, dem subjektiven Element zuzuordnen; andererseits wurde zum Teil die Existenz eines vierten Elementes, des ''élément injuste'' erwogen, das etwa die Notwehr erfassen sollte.


China lässt sich keinem der beiden großen Systeme zuweisen: Mit der langen eigenen chinesischen Rechtstradition wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten der Rezeption (Recht) des deutschen bzw. Japanisches Recht gebrochen. Man übernahm den klassischen deutschen Aufbau der Strafbarkeitsprüfung in Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld. 1949 verwarf die Kommunistische Partei alles bisher geltende Recht und die bisherige Lehre. Er wurde durch eine vom Recht der Sowjetunion geprägte Einteilung ersetzt, die auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus aufbaute. Die vier Voraussetzungen der Strafbarkeit sind demnach:


'''Gesetzliche Regelungen in Deutschland'''
# Schutzobjekt
# bestimmte objektive Umstände
# Subjekt
# subjektive Tatmerkmale (Vorsatz und Fahrlässigkeit)


Gesetze des materiellen Strafrechts in [[Deutschland]] sind unter anderem:
In der Lehre blieb dieser Aufbau besonders in jüngerer Zeit nicht kritiklos; im Besonderen wird darauf hingewiesen, dass Strafausschließungstatbestand in den deutschen dreiteiligen Aufbau besser einfügen. Dennoch stellt der vierteilige Aufbau das geltende Paradigma dar.
:* das [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|Strafgesetzbuch]] (StGB),
:* das [[Wehrstrafgesetz]] (WStG),
:* das [[Völkerstrafgesetzbuch]] (VStGB),
:* das [[Betäubungsmittelgesetz (Deutschland)|Betäubungsmittelgesetz]] (BtMG),
:* die [[Abgabenordnung]] (AO 1977),
:* das [[Versammlungsgesetz]] (VersG),
:* das [[Waffengesetz (Deutschland)|Waffengesetz]] (WaffG),
:* das [[Kriegswaffenkontrollgesetz]] (KWKG),
:* das [[Sprengstoffgesetz]] (SprengG),
:* das [[Wirtschaftsstrafgesetz]] (WiStG),
:* das [[Bundesdatenschutzgesetz]] (BDSG),
:* das [[Außenwirtschaftsgesetz]] (AWG),
:* das [[Handelsgesetzbuch]] (HGB) bei Buchführungs- und Insolvenzstraftaten u.&nbsp;v.&nbsp;a.


Das formelle Strafrecht in [[Deutschland]] greift teilweise auch auf Vorschriften des Strafgesetzbuchs zurück. Gesetze mit dem Kerngehalt sind jedoch:
Die Rechtswissenschaft unterscheidet beim Objekt der Tat zwischen dem konkreten Objekt der Tatbegehung (Handlungs- oder Angriffsobjekt, 对象, ''duixiang'') und dem abstrakten Schutzobjekt (客体, ''keti''). Das Schutzobjekt ist ein eigenständiges Merkmal im Tatbestandsaufbau; das Handlungsobjekt zählt hingegen zu den objektiven Umständen. Die tradierte Auffassung beschreibt als Schutzobjekt, die „vom Strafrecht geschützten, durch die strafbare Handlung verletzten sozialistischen Gesellschaftsbeziehungen“ (社会主义社会关系, ''shehui zhuyi shehui guanxi'')
:* das [[Gerichtsverfassungsgesetz]] (GVG),
:* die [[Strafprozessordnung (Deutschland)|Strafprozessordnung]] (StPO),
:* das [[Jugendgerichtsgesetz]] (JGG),
:* das [[Strafvollzugsgesetz]] (StVollzG) u.&nbsp;a.


Liegen alle vier Bedingungen vor, kann von einer gesellschaftsschädlichen und mithin strafbaren Handlung ausgegangen werden. Ausnahmen hiervon lassen sich als Unterfälle fehlender Gesellschaftsschädlichkeit auffassen. Die deutsche Einteilung in Rechtswidrigkeit und Schuld ist nicht bekannt; die im deutschen Rechtskreis hiervon erfassten Fälle werden unter dem Begriff „Grund für den Ausschluss der Strafbarkeit“ ''(paichu fanzui de shiyou)'' abgehandelt.


'''Siehe auch:'''


* [[Normentheorie]],
'''Einzelne Straftaten'''
* [[Strafprozess]],
* [[Strafprozessrecht]],
* [[Strafverteidiger]],
* [[Strafverfolgungsbehörde]],
* [[Strafvollzugsrecht]],
* [[Strafgesetzbuch (Deutschland)]],
* [[Strafgesetzbuch (Österreich)]],
* [[Strafgesetzbuch (Schweiz)]],
* [[Russisches Strafgesetzbuch]]


Überragende Bedeutung für die Einteilung der Straftaten im deutschen Modell der Straftat hat der Begriff des ''Rechtsguts'' ''(bien jurídico, bene giuridico).'' Die Einteilung der einzelnen Straftaten richtet sich dementsprechend an den durch die Straftat verletzten Rechtsgütern aus. Die Figur gründet sich mehr auf rechtstheoretische Überlegungen als auf Verfassungsrecht.


'''Weblinks'''
Angesichts seiner zentralen Stellung mag es deshalb überraschen, dass über die genaue Definition von ''Rechtsgut'' bislang keine Einigkeit besteht, wie dieses zu definieren sei: als unverzichtbare und deshalb werthafte Funktionseinheiten,<ref>Rudolphi, FS Honig, 1970, S. 151 (163 f.) als strafrechtlich schutzbedürftiges Interesse<ref>NK/Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 144. Entsprechend ist das Konzept als wenig fassbar oder zirkulär kritisiert worden: „Das Rechtsgut ist zu einem wahren Proteus (Mythologie) geworden, der sich unter den Händen, die ihn festzuhalten glauben, sofort in etwas anderes verwandelt.“ Unklar ist deshalb etwa, ob das Fehlen eines Rechtsgutes einen Straftatbestand verfassungswidrig macht. Insgesamt kommt dem Rechtsgut deshalb seine hauptsächliche Rolle bei der Interpretation der Straftatbestände zu. Eine ähnliche Rolle nehmen im US-Recht die Bestimmungen und Wertungen der Verfassung ein.
*[http://www.hrr-strafrecht.de/ HRRS via hrr-strafrecht.de] Onlinezeitschrift für höchstrichterliche Rechtsprechung zum Strafrecht, Entscheidungen des [[BGH]], des [[EGMR]] und weiterer Gerichte (deutsches Recht).  
 
*[http://www.juratexte.de/strafrechtliche%20Definitionen.pdf Strafrechtliche Definitionen] via [http://www.juratexte.de juratexte.de] - Die wichtigsten strafrechtlichen Definitionen in alphabetischer Reihenfolge, von '''A'''bsicht bis '''Z'''erstörung (deutsches Recht).  
Den Rechtsordnungen des Common Law fehlt ein Pendant zum ''Rechtsgut''. Am ehesten lassen sich Figuren wie ''individual or public interest'' oder ''harm or evil'' als Äquivalente auffassen, auch wenn ihnen bei weitem die systematische Bedeutung fehlt. Verfassungsrecht bietet deshalb den Kern der US-amerikanischen Begründung einzelner Straftaten.
*[http://www.juraquick.de/ juraquick.de] Das Wesentliche zur Strafrechtsdogmatik in kleinen Online-Crashkursen (deutsches Recht).
 
 
'''Rechtsvergleichende Darstellungen einzelner Straftaten'''
 
* Tötungsdelikt
* Körperverletzungsdelikt
* Vermögensdelikt
* Freiheitsdelikt
* Ehrdelikt
 
 
'''Ökonomische Analyse'''
 
Der Versuch, ökonomische Theorie zur Rechtfertigung des Strafrechts und zur Erklärung strafbaren Verhaltens zu nutzen, kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Im Zeitalter der klassische Nationalökonomie ragen besonders Cesare Beccaria, William Paley (Theologe) und Jeremy Bentham heraus. In neuerer Zeit hat besonders Gary Becker einen ökonomische Analyse des Strafrechts versucht.
 
Ökonomischen Theorien liegt oftmals das Bedürfnis zugrunde, das Strafrecht anhand Utilitarismus Prinzipien zu optimieren und Straftatbestände maximal wirksam zu konstruieren. Im ökonomischen Modell reagieren Straftäter auf positive und negative Anreize. Ziel der Optimierung ist somit der schonende Einsatz öffentlicher und privater Ressourcen zur Vermeidung von [[Kriminalität]]. Man unterstellt Straftätern grundsätzlich einen nutzenmaximierenden Einsatz bei der Auswahl strafbarer und strafloser Handlungen zum Erreichen ihrer finanziellen oder nicht-finanziellen Ziele. Die zugrundeliegende Strafzwecktheorie ist Abschreckung.
 
 
'''Kriminalpolitik und Kriminologie'''
 
Die rechtspolitische Dimension des Strafrechts wird oftmals als ''Kriminalpolitik'' bezeichnet. Im engeren Sinne versteht man hierunter „die Strategien der Straftatenverhütung und Straftatenermittlung […]“
 
Bezieht der Blick der ökonomischen Analyse des Strafrechts bereits einige außerrechtliche Faktoren mit ein, ist der Fokus der Kriminalpolitik und [[Kriminologie]] ''im weiteren Sinne'' jedoch ein noch größerer: Sie geht weit über das Strafrecht hinaus und bezieht ''alle'' Mittel und Rechtsgebiete ein, die faktisch der Vorbeugung von Kriminalität dienen. Berühmt ist Franz von Liszts Bonmot, dass die beste Kriminalpolitik eine gute Sozialpolitik sei.  
 
Das Strafrecht als Mittel der Politik zur Bekämpfung von Kriminalität hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Renaissance erfahren. Die steigende Bedeutung der innere Sicherheit hat die Entkriminalisierung gegenüber Verschärfungen des Strafrechts ins Hintertreffen gebracht. Wissenschaftlich wird dies zum Teil heftig kritisiert.
 
 
 
'''siehe dazu:'''
 
* [[Kriminalprävention]]
 
 
* Anfangsverdacht
* [[Beschlagnahme]]
* [[Beschuldigter]]
* [[Beweismittel]]
* [[Durchsuchung]]
* [[Ermittlungsverfahren]]
* [[Gemeingefährliche Straftat]]
* [[Haftbefehl]]
* [[Gericht]]
* [[Kriminalpolizei]]
* [[Locard’sche Regel]]
* [[Offizialdelikt]]
* [[Festnahme]]
* [[Sachbeweis]]
* [[Staatsanwaltschaft]]
* [[Straftat]]
* Strafrecht
* [[Strafverteidiger]]
* [[Strafverfolgung]]
* [[Tatbestand]]
* [[Täter]]
* [[Verdeckungstat]]




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<br />{{Wikipedia}}
<br />{{Wikipedia}}


[[Kategorie:Recht]]
[[Kategorie:Recht]]
[[Kategorie:Kriminalpolizei]]
[[Kategorie:Kriminalpolizei]]
[[Kategorie:Kriminalprävention]]
[[Kategorie:Umweltschutz]]

Aktuelle Version vom 31. Oktober 2023, 22:35 Uhr

Bitte jede Verordnung oder jeden Gesetzestext auf Aktualität prüfen


Denkmal der Eleonora di Arborea vor dem Rathaus von Oristano, Sardinien. Die von ihr entwickelte Carta de Lógu, einen Kodex, trat 1395 in Kraft und war die Gesetzesgrundlage auf Sardinien, bis zur Bildung des italienischen Staates 1861.
Foto: Rainer Schwarz 0510
Kabel abbrennen, um Kupfer zu gewinnen. Es folgt einen strafrechtliche Prüfung, ob eine Straftat vorliegt, der Vorsatz kann vorausgesetzt werden.
Foto: FW Weißenfels

Das Strafrecht, auch als Kriminal(straf)recht bezeichnet, umfasst im Rechtssystem (Soziologie) eines Landes diejenigen Rechtsnormen, durch die bestimmte Verhaltensweisen verboten und als „Straftaten“ mit einer Strafe Rechtsfolge|sanktioniert werden. Ziel des Strafrechts ist der Schutz bestimmter Rechtsgüter, so etwa Leben, Gesundheit und Eigentum, zudem die Sicherheit und Integrität des Staates sowie elementare Werte des Gemeinschaftslebens. Die Strafandrohung, nicht von allen Ländern praktiziert, reicht von Geldstrafe über Freiheitsstrafe zur Körperstrafe. In seiner ultima ratio resultiert in manchen Staaten die Todesstrafe.

In den meisten Staaten ist das Strafrecht mit einem eigenen Strafgesetzbuch kodifiziert. Gegebenenfalls wird das Strafgesetzbuch durch Gesetze zum Nebenstrafrecht ergänzt. Das Strafrecht stellt Rechtssatz|Rechtssätze auf, die die Strafbarkeit bestimmter Handlungsweisen und ihre spezifischen Merkmale definieren, die so genannten Tatbestand#Strafrecht|Straftatbestände. Festgelegt werden zudem Art und Umfang der mit der Normverletzung verbundenen Strafmaßnahmen. Aus der Tradition des Römisches Recht|römischen Rechts heraus zählt häufig das Strafverfahrensrecht selbst zum Strafrecht. Zur Durchsetzung der materiell-rechtlichen Strafanordnungen werden in den Verfahrensordnungen die zuständigen Institutionen und deren Arbeitsweise festlegt.

Hinsichtlich der zulässigen Strafen, der Bewertung des Strafzwecktheorien|Strafzwecks, Art und Umfang der zugrunde liegenden Rechtsgrundlagen sowie der Einordnung des Strafrechts in die Rechtssystematik gibt es zum Teil erhebliche Unterschiede zwischen den Rechtssystemen einzelner Staaten. Sie sind Gegenstand der Vergleichende Rechtswissenschaft|vergleichenden Rechtswissenschaft.


Strafzwecktheorien

Als die Haupttopoi der Strafzwecktheorien gelten über die Grenzen der Rechtskreise hinweg Vergeltung, (General- und Spezial-) Prävention, der Schutz der Allgemeinheit und Resozialisierung.

Der letzte Aspekt ist in den Vereinigten Staaten in der jüngeren Vergangenheit in den Hintergrund getreten; wichtigste Rechtfertigung des war on crime ist deshalb vorrangig der Schutz der Allgemeinheit vor Straftätern. Eine empirisch beobachtbare Folge dessen sind gestiegene Gefangenenraten und Todesstrafe in den USA|Todesurteile.

Auch in den kontinentalen Systemen oszilliert indessen die Bedeutung der verschiedenen Theorien. So können im 1933 eingeführten deutschen System Strafen im eigentlichen Sinne – sie messen sich an der Schuld des Täters – von Maßregel der Besserung und Sicherung|Maßregeln der Besserung und Sicherung – etwa an Gedanken der Resozialisierung anknüpfend – geschieden werden.


Aufbau der Straftatbestände

Die Analyse von Aufbau und Bestandteilen einer Tatbestand#Tatbestand in der Rechtswissenschaft|Straftat sind Kerninhalt des Strafrechts. Die Modelle der Rechtsordnungen des Common Law und die kontinentalen, insbesondere deutschen, sind zwar keineswegs völlig inkongruent, weisen jedoch deutliche Unterschiede auf.

Insbesondere das Strafrecht (England und Wales)|englische Strafrecht hält am überkommenen Aufbau einer offense fest. Dieser ist wie folgt:

  1. actus reus,
  2. mens rea.

Dem steht ein aus Deutschland stammendes, weltweit verbreitetes, zweites System gegenüber:

Deutsch Spanisch Italienisch
Tatbestandsmäßigkeit tipicidad tipicità
Rechtswidrigkeit antijuricidad antigiuridicità
Schuld (Strafrecht) culpabilidad colpevolezza


Die deutsche Strafrechtswissenschaft und ihre Allgemeine Lehre vom Strafrecht gehört zu den weltweit einflussreichsten. Die führenden deutschen Lehrbücher werden oftmals ins Spanische, Portugiesische, Chinesische, Japanische und Koreanische übersetzt. Deutsche Strafrechtswissenschaft ist besonders in Spanien, Lateinamerika, Japan, Südkorea, Taiwan sowie in Polen, Griechenland und der Türkei umfassend rezipiert worden.

Das im US-amerikanischen Model Penal Code vorgeschlagene Modell nähert sich dem deutschen Modell an, behält aber dessen ungeachtet seine charakteristische Färbung. Actus reus und mens rea sind auch nach Common Law jedoch nicht ausreichend. Für eine Verurteilung darf der offence zuletzt auch keine defence, also eine vor allem prozessual gedachte Verteidigungsmöglichkeit des Angeklagten, bestehen.<ref name="Dubber.2006.13180" /> Besonders in England steht man einer Einteilung in rechtfertigende und entschuldigende defences kritisch gegenüber, während sie in den Vereinigten Staaten besonders für Mord (Vereinigte Staaten) Mord an Bedeutung gewinnt. Die Unterscheidung ist jedoch auch in den USA weniger ontologisch als pragmatisch.


Der französische Code pénal enthält keine Angaben zum Aufbau der Strafbarkeitsprüfung; diese Lücke wurde von der Rechtslehre durch verschiedene Ansätze gefüllt. Der früheste Ansatz unterschied allein nach den Kriterien strafbare Tat und strafbarer Täter. Das Kriterium strafbarer Täter enthielt dabei etwa die Zurechnungsfähigkeit, die Schuld sowie die Notwehr (légitime défense). Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts setzten sich Ansätze durch, die erstmals die Straftat als solche gliederten. Diese klassische Lehre (doctrine classique) beschreibt einen dreiteiligen Tataufbau:

  1. gesetzliches Element (élément légal)
  2. materielles Element (élément matériel)
  3. subjektives Element (élément subjectif auch élément psychologique, intellectuel oder élément moral).


Die persönliche Verantwortlichkeit des Täters war nicht Bestandteil des Aufbaus der Straftat. Später kamen einige Versuche auf, die persönliche Verantwortlichkeit, wie Strafmündigkeit oder Zurechnungsfähigkeit, dem subjektiven Element zuzuordnen; andererseits wurde zum Teil die Existenz eines vierten Elementes, des élément injuste erwogen, das etwa die Notwehr erfassen sollte.

China lässt sich keinem der beiden großen Systeme zuweisen: Mit der langen eigenen chinesischen Rechtstradition wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zugunsten der Rezeption (Recht) des deutschen bzw. Japanisches Recht gebrochen. Man übernahm den klassischen deutschen Aufbau der Strafbarkeitsprüfung in Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld. 1949 verwarf die Kommunistische Partei alles bisher geltende Recht und die bisherige Lehre. Er wurde durch eine vom Recht der Sowjetunion geprägte Einteilung ersetzt, die auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus aufbaute. Die vier Voraussetzungen der Strafbarkeit sind demnach:

  1. Schutzobjekt
  2. bestimmte objektive Umstände
  3. Subjekt
  4. subjektive Tatmerkmale (Vorsatz und Fahrlässigkeit)

In der Lehre blieb dieser Aufbau besonders in jüngerer Zeit nicht kritiklos; im Besonderen wird darauf hingewiesen, dass Strafausschließungstatbestand in den deutschen dreiteiligen Aufbau besser einfügen. Dennoch stellt der vierteilige Aufbau das geltende Paradigma dar.

Die Rechtswissenschaft unterscheidet beim Objekt der Tat zwischen dem konkreten Objekt der Tatbegehung (Handlungs- oder Angriffsobjekt, 对象, duixiang) und dem abstrakten Schutzobjekt (客体, keti). Das Schutzobjekt ist ein eigenständiges Merkmal im Tatbestandsaufbau; das Handlungsobjekt zählt hingegen zu den objektiven Umständen. Die tradierte Auffassung beschreibt als Schutzobjekt, die „vom Strafrecht geschützten, durch die strafbare Handlung verletzten sozialistischen Gesellschaftsbeziehungen“ (社会主义社会关系, shehui zhuyi shehui guanxi)

Liegen alle vier Bedingungen vor, kann von einer gesellschaftsschädlichen und mithin strafbaren Handlung ausgegangen werden. Ausnahmen hiervon lassen sich als Unterfälle fehlender Gesellschaftsschädlichkeit auffassen. Die deutsche Einteilung in Rechtswidrigkeit und Schuld ist nicht bekannt; die im deutschen Rechtskreis hiervon erfassten Fälle werden unter dem Begriff „Grund für den Ausschluss der Strafbarkeit“ (paichu fanzui de shiyou) abgehandelt.


Einzelne Straftaten

Überragende Bedeutung für die Einteilung der Straftaten im deutschen Modell der Straftat hat der Begriff des Rechtsguts (bien jurídico, bene giuridico). Die Einteilung der einzelnen Straftaten richtet sich dementsprechend an den durch die Straftat verletzten Rechtsgütern aus. Die Figur gründet sich mehr auf rechtstheoretische Überlegungen als auf Verfassungsrecht.

Angesichts seiner zentralen Stellung mag es deshalb überraschen, dass über die genaue Definition von Rechtsgut bislang keine Einigkeit besteht, wie dieses zu definieren sei: als unverzichtbare und deshalb werthafte Funktionseinheiten,<ref>Rudolphi, FS Honig, 1970, S. 151 (163 f.) als strafrechtlich schutzbedürftiges Interesse<ref>NK/Hassemer/Neumann Vor § 1 Rn 144. Entsprechend ist das Konzept als wenig fassbar oder zirkulär kritisiert worden: „Das Rechtsgut ist zu einem wahren Proteus (Mythologie) geworden, der sich unter den Händen, die ihn festzuhalten glauben, sofort in etwas anderes verwandelt.“ Unklar ist deshalb etwa, ob das Fehlen eines Rechtsgutes einen Straftatbestand verfassungswidrig macht. Insgesamt kommt dem Rechtsgut deshalb seine hauptsächliche Rolle bei der Interpretation der Straftatbestände zu. Eine ähnliche Rolle nehmen im US-Recht die Bestimmungen und Wertungen der Verfassung ein.

Den Rechtsordnungen des Common Law fehlt ein Pendant zum Rechtsgut. Am ehesten lassen sich Figuren wie individual or public interest oder harm or evil als Äquivalente auffassen, auch wenn ihnen bei weitem die systematische Bedeutung fehlt. Verfassungsrecht bietet deshalb den Kern der US-amerikanischen Begründung einzelner Straftaten.


Rechtsvergleichende Darstellungen einzelner Straftaten

  • Tötungsdelikt
  • Körperverletzungsdelikt
  • Vermögensdelikt
  • Freiheitsdelikt
  • Ehrdelikt


Ökonomische Analyse

Der Versuch, ökonomische Theorie zur Rechtfertigung des Strafrechts und zur Erklärung strafbaren Verhaltens zu nutzen, kann auf eine lange Tradition zurückblicken: Im Zeitalter der klassische Nationalökonomie ragen besonders Cesare Beccaria, William Paley (Theologe) und Jeremy Bentham heraus. In neuerer Zeit hat besonders Gary Becker einen ökonomische Analyse des Strafrechts versucht.

Ökonomischen Theorien liegt oftmals das Bedürfnis zugrunde, das Strafrecht anhand Utilitarismus Prinzipien zu optimieren und Straftatbestände maximal wirksam zu konstruieren. Im ökonomischen Modell reagieren Straftäter auf positive und negative Anreize. Ziel der Optimierung ist somit der schonende Einsatz öffentlicher und privater Ressourcen zur Vermeidung von Kriminalität. Man unterstellt Straftätern grundsätzlich einen nutzenmaximierenden Einsatz bei der Auswahl strafbarer und strafloser Handlungen zum Erreichen ihrer finanziellen oder nicht-finanziellen Ziele. Die zugrundeliegende Strafzwecktheorie ist Abschreckung.


Kriminalpolitik und Kriminologie

Die rechtspolitische Dimension des Strafrechts wird oftmals als Kriminalpolitik bezeichnet. Im engeren Sinne versteht man hierunter „die Strategien der Straftatenverhütung und Straftatenermittlung […]“

Bezieht der Blick der ökonomischen Analyse des Strafrechts bereits einige außerrechtliche Faktoren mit ein, ist der Fokus der Kriminalpolitik und Kriminologie im weiteren Sinne jedoch ein noch größerer: Sie geht weit über das Strafrecht hinaus und bezieht alle Mittel und Rechtsgebiete ein, die faktisch der Vorbeugung von Kriminalität dienen. Berühmt ist Franz von Liszts Bonmot, dass die beste Kriminalpolitik eine gute Sozialpolitik sei.

Das Strafrecht als Mittel der Politik zur Bekämpfung von Kriminalität hat zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Renaissance erfahren. Die steigende Bedeutung der innere Sicherheit hat die Entkriminalisierung gegenüber Verschärfungen des Strafrechts ins Hintertreffen gebracht. Wissenschaftlich wird dies zum Teil heftig kritisiert.


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