Brandschutzkonzepte für mehrgeschossige Gebäude und Aufstockungen

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Brandschutzkonzepte für mehrgeschossige Gebäude und Aufstockungen
Autoren: Prof. Dr. Dirk Kruse und Dr. Michael Dehne

Die Holzbauweise ist auf dem besten Weg, sich im Massenmarkt des mehrgeschossigen Bauens zu etablieren.
Damit hält der Holzbau wieder Einzug in die Ballungszentren. Zahlreiche technische Innovationen und werkstoffgerechte Konstruktionen eröffnen neue Potenziale. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass moderne Holzhäuser eine hohe Lebensdauer und Wertbeständigkeit aufweisen. Auch die hohen brandschutztechnischen Anforderungen können bei modernen Holzbauweisen erfüllt werden.
Die Holzbauweise bietet sich im Bestand bei Nachverdichtung oder zur Schließung von Baulücken im innerstädtischen Bereich an. Dabei erlaubt der hohe Vorfertigungsgrad die Errichtung von Holzbauwerken binnen kurzer Zeit. Die in Zimmerei und Fertigbaubetrieben unter optimalen Bedingungen hergestellten Wand-, Decken- und Dachbauteile können ungeachtet enger Zufahrten oder anderer Hindernisse einfach über bestehende Gebäude hinweg an ihren Bestimmungsort gehoben werden.
Vor dem Hintergrund vielerorts steigender Grundstückspreise in den Ballungszentren und dem hohen Bestand an flach gedeckten Häusern, die den Städtebau der 1960er und 1970er Jahre prägten, wird darüber hinaus das Thema der Aufstockung für viele Bauherren und Architekten zunehmend interessant. Häufig sind Aufstockungen auf Grund des geringen Gewichts der Konstruktionen ausschließlich in Holzbauweise möglich, da die Fundamente im Bestand nur noch geringe Tragreserven aufweisen. Zudem sind die im Bestand vorhandenen obersten Geschossdecken und die tragenden Innenwände oft nicht für eine größere zusätzliche Belastung geeignet. In diesem Zusammenhang zeichnet sich Holz durch seine Eigenschaft aus, bei geringem Eigengewicht über eine hohe Tragfähigkeit zu verfügen und damit selbst große Spannweiten überbrücken zu können.

Deutschland blickt im Bereich mehrgeschossiger Fachwerkhäuser auf eine lange Tradition zurück. Während in Skandinavien und Nordamerika bis zu siebengeschossige Holztafel- und Holzrahmenbauten mittlerweile keine Seltenheit mehr darstellen, standen dem modernen mehrgeschossigen Holzbau in Deutschland bis vor einigen Jahren bauordnungsrechtliche Einschränkungen entgegen. Dies war vor allem in den Anforderungen an den baulichen Brandschutz begründet. Seitens der Bauaufsichtsbehörden bestanden Bedenken, dass ein Brandeintrag in die Tragkonstruktion erfolgen und zu einem verzögerten Tragwerksversagen bzw. zu einem Durchbrand in angrenzende Nutzeinheiten führen könnte. Zudem wurde befürchtet, dass die raumabschließenden Bauteile in Holzbauweise im Brandfall keine ausreichende Rauch- und Gasdichtigkeit aufweisen könnten.
In Baden Württemberg soll das Bauen mit Holz zukünftig auch durch die neue Landesbauordnung befördert werden, weil nun tragende oder aussteifende sowie raumabschließende Bauteile, die hochfeuerhemmend oder feuerbeständig sein müssen, aus brennbaren Baustoffen zulässig sind, wenn die geforderte Feuerwiderstandsdauer nachgewiesen wird und die Bauteile so hergestellt und eingebaut werden, dass Feuer und Rauch nicht über Grenzen von Brand- oder Rauchschutzbereichen, insbesondere Geschosstrennungen, hinweg übertragen werden können. Damit sind theoretisch Gebäude jeder Gebäudeklasse - ohne Höhenbegrenzung - in Holzbauweise möglich. Der Nachweis der Randbedingungen, insbesondere der Feuer- und Rauchabschluss erfordert jedoch in der Praxis noch etliche Überlegungen.

Die im Jahre 2004 veröffentlichte Richtlinie für brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR) hat in Kombination mit der Musterbauordnung 2002 (MBO) der modernen Holzbauweise den Massenmarkt des mehrgeschossigen Bauens geöffnet. Sie stellt eine Erfolgsgeschichte für den modernen Holzbau dar. Die Anzahl der in Anlehnung an diese Konstruktionsrichtlinie errichteten mehrgeschossigen Holzgebäude ist erfreulicherweise jedes Jahr gestiegen und weiterhin steigend.

Bedenken der Bauaufsichten und der Feuerwehren gegenüber der Holzbauweise ließen sich mit Hilfe von theoretischen und experimentellen Grundlagenuntersuchungen weitgehend ausräumen. Die Übernahme der materiellen Anforderungen der MBO in Verbindung mit der M-HFHHolzR in die Baugesetzgebung der Bundesländer erfolgte bereits 2005 in Hessen. 15 Jahre nach Veröffentlichung der MBO 2002 haben alle Bundesländer die Regelungen in das jeweilige Landesrecht übertragen.

Auch in der Gebäudeklasse 5 (Gebäude bis zur Hochhausgrenze) und bei Sonderbauten wurden mehrgeschossige Gebäude in Holzbauweise in vielen Bundesländern in vielen Bundesländern bereits genehmigt und errichtet. Die Hauptschwierigkeit bestand (und besteht in vielen Bundesländern weiterhin) darin, dass die meisten Landesbauordnungen in der GK 5 und die Sonderbauverordnungen eine feuerbeständige Bauweise voraussetzen, die ein Bauteil in Holzbauweise per Definition nicht erfüllen kann. Im Rahmen eines ganzheitlichen Brandschutzkonzepts ist daher in der Regel im Einzelfall nachzuweisen, dass die allgemeinen bauaufsichtlichen Schutzziele mit Hilfe geeigneter Kompensationsmaßnahmen erfüllt werden.

Die nun vorliegende Publikation dient als Orientierungshilfe für Architekten, Fachplaner "Brandschutz", Bauaufsichtsbehörden und Feuerwehren. Sie zeigt, welche Möglichkeiten zum verdichteten und mehrgeschossigen Bauen mit Holz bestehen und welche Lösungen für die Erfüllung bauordnungsrechtlicher Anforderungen bzw. für die Kompensation bei Abweichungen vom Baurecht existieren. Dazu werden Referenzobjekte mehrgeschossiger Gebäude und Aufstockungen in Holzbauweise vorgestellt, die beispielhaft zeigen, welche Konzepte und Lösungen im Einzelfall entwickelt und umgesetzt wurden.

Die vom Holzbau Deutschland Institut e.V. herausgegebene Broschüre wurde von den Brandschutzexperten Prof. Dr. Dirk Kruse und Dr. Michael Dehne erarbeitet, zwei Autoren, die Praxiserfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse in verständlicher Form auf 70 Seiten aufbereitet haben. Die Schrift "Brandschutzkonzepte für mehrgeschossige Gebäude und Aufstockungen" erscheint im holzbau handbuch des INFORMATIONSDIENST HOLZ (Reihe 3, Teil 5, Folge 1). Sie kann kostenfrei heruntergeladen werden. Mitglieder des Informationsvereins Holz e.V. erhalten sie kostenfrei als Printausgabe zugesendet.

https://informationsdienst-holz.de/publikationen/2-informationsdienst-holz-holzbau-handbuch/reihe-3-bauphysik/brandschutzkonzepte/



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