Zeuge

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ein Bild in einer frühen Phase erleichtert die Feststellung der Brandursache auch bei einem Fahrzeugbrand. Der Fotograf ist hier auch Zeuge.
Foto: laumat.at
auch für diesen Fahrzeugbrand in Colmberg werden Zeugen gesucht.
Foto: Thomania Presse

Als Zeuge wird eine natürliche Person bezeichnet, die zu einem aufzuklärenden Sachverhalt eigene Wahrnehmungen bekunden kann („Zeugnis ablegen“), siehe §§ 48 ff. StPO. Zeugen sind bei der Aufklärung von Sachverhalten zum Beispiel durch Ordnungs-, Strafverfolgungs- und andere Behörden und durch Gerichte von Bedeutung. Für die Aufnahme einer Urkunde, die Errichtung eines Nottestaments oder bei Ritualen oder Zeremonien (z. B. Trauungen) kann erforderlich oder üblich sein, dass Personen als Zeugen anwesend sind.

Zitate:
  • auch wenn das Fenster das gleiche ist, sehen nicht alle, die hindurchblicken, die gleichen Dinge.
Das Gesehene hängt vom Blick ab. Alda Merini
  • wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind, wir sehen sie so, wie wir sind. Anais Nin


Wortherkunft

Etymologisch leitet sich der Rechtsbegriff Zeuge über die mittelhochdeutsche Form (ge)ziuc „Zeugnis, Beweis“ vom Verb ziehen ab und ist ursprünglich also im Sinne vom „Ziehen vor Gericht“ zu verstehen, wie es bereits in althochdeutschen Quellen mit der Formel zi urkundin ziohan „zum Zeugnis heranziehen“ schriftlich belegt ist. Das häufig verwendete Substantiv Augen-zeuge ist eine direkte Lehnübersetzung (laS|testis ocularis), dessen Grundwort testis „Zeuge“ u. a. dem deutschen Verb testieren „bezeugen“ zu Grunde liegt.


Kategorisierung

Je nach Art der Zeugenschaft und der Rolle des Zeugen sind dessen Aussagen bei der Entscheidungsfindung mehr Gewicht gegenüber anderen Zeugen zuzumessen:

  • Amtszeuge ist eine Person, die während der Amtsausübung Zeuge eines Vorfalles geworden ist und als Zeuge aussagen kann;
  • Erkennungszeuge ist der Zeuge, der einen Täter wiedererkennen kann;
  • Augenzeuge (Zeitzeuge) ist derjenige, der einen Vorgang erlebt hat, visuell wahrgenommen hat;
  • Ohrenzeuge (Zeitzeuge) ist, wer etwas gehört, aber nicht gesehen hat;
  • Zeuge vom Hörensagen ist, wer dasjenige berichtet, was ein anderer ihm aufgrund seiner Wahrnehmung kundtat.
  • Alibizeuge ist ein Zeuge, der bestätigen kann, dass sich der Verdächtige während der Tatzeit an einem anderen Ort als dem Tatort aufhielt.
  • Tatzeuge ist eine Person, die den Tathergang oder Teile davon verfolgen konnte bzw. zu der fraglichen Zeit dabei war. Oft sind solche Tatzeugen nicht nur unbeteiligte Personen, sondern selbst Opfer oder Verdächtige.

Ein Sonderfall der Ohrenzeugen sind Knallzeugen, die z. B. einen Verkehrsunfall nicht beobachtet haben, sondern sich erst in dem Moment umgedreht haben, als es „geknallt“ hat.

Berufszeugen sind Personen, die während der Ausübung des Dienstes Angaben zu einer Tat oder einem Täter machen können.


Qualität

Wenn ein unmittelbarer Zeuge aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht gehört werden kann, ist es möglich, an seiner statt auf Zeugen vom Hörensagen zurückzugreifen, deren Vernehmung nach § 244 stpo Abs.2 StPO sogar geboten sein kann. Da bei mittelbaren Angaben mit mehreren Zwischengliedern eine höhere Gefahr besteht, Ereignisse zu entstellen oder unvollständig wiederzugeben, sind an die Beweiswürdigung höhere Anforderungen zu stellen.

Knallzeugen behaupten oft im Nachhinein, den Unfall gesehen zu haben. Ihre Aussage ist dabei in der Regel nicht nur wertlos, sondern kann das erkennende Gericht sogar bei der Wahrheitsfindung behindern.

Eine Forschergruppe der University of New South Wales im australischen Sydney berichtete im August 2004 von der überraschenden Entdeckung, dass zum Zeitpunkt der aufzuklärenden Ereignisse misslaunige Augenzeugen genauere Aussagen beibringen als solche, die sich gerade in guter Stimmung befanden. Der Sozialpsychologe Prof. Joseph P. Forgas, Leiter der Fallstudie|Studie, führte das auf die Hypothese zurück, dass „Stimmungszustände evolutionäre Signale dafür sind, wie mit bedrohlichen Situationen umgegangen werden soll.“ Eine wegen der Bedrohlichkeit des Geschehens ins Negative gerutschte Stimmungslage begünstigt demnach eine systematische, aufmerksame Informationsverarbeitung.

Bei einer Sichtfeldbestimmung wird der Standort des Zeugen, Verursacher / Täter oder Geschädigten gemäß des bekannten Ablaufes nachgestellt und bewertet.
Das Ergebnis der Nachstellung ermöglicht nicht nur einen Abgleich der Zeugenaussagen oder Vernehmungen, bzw. auch Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt.


Rechtslage in Deutschland

Die Zeugeneinvernahme ist der häufigste Strengbeweis. Der Zeuge schildert dem Gericht eigene sinnliche Wahrnehmungen, keine Rechtsmeinungen, Schlussfolgerungen oder Erfahrungswissen. Fehler der Fragetechnik der Verhörsperson, Mängel in der Wahrnehmung und Speicherung des Erlebten beim Zeugen, aber auch etwaige Lügenhaftigkeit eines Zeugen müssen bei der Würdigung der Zeugenaussage berücksichtigt werden. Zeuge kann jedermann sein, der nicht als Partei bzw. Angeklagter vernommen werden kann. Auch ein Minderjähriger kann Zeuge sein, sofern er nur die erforderliche Verstandesreife besitzt.


Rechtsgebiete

Die zentralen Normen über den Zeugenbeweis nach dem jeweiligen Verfahrensrecht:

  • Zivilprozessrecht (Deutschland): §§ § 383 ZPO, § 384 ZPO Zivilprozessordnung (Deutschland), Ausnahmen in § 385 ZPO
  • Strafverfahren: § 48 StPO Strafprozessordnung (Deutschland)
  • Ordnungswidrigkeiten: es gilt sinngemäß das Recht des Strafverfahrens § 46 OWiG Gesetz über Ordnungswidrigkeiten)
  • Verwaltungsprozess: es gilt das Recht des Zivilprozesses entsprechend § 98 VwGO Verwaltungsgerichtsordnung)
  • Verwaltungsverfahren: § 26 BVwVfG VwVfG für den Bereich des Bundes und entsprechende landesrechtliche Regelungen

Manchmal werden bei der Errichtung einer Urkunde vorsorglich Zeugen hinzugezogen, die die Urkunde mit unterschreiben (z. B. Trauzeugen) – hier wird von Zeugen gesprochen, obwohl diese letztlich nicht über die Urkunde aussagen, sondern nur den Vorgang als solchen bestätigen.


Zeugeneinvernahme

Das Gericht hat sich eine eigene Überzeugung über die Zeugenaussage zu bilden. Die bloße Einführung und Verlesung einer Niederschrift einer Vernehmung durch die Polizei, Staatsanwaltschaft oder einer sonstigen Behörde genügt in der Regel nicht. Das erkennende Gericht soll sich seine eigene Meinung über die Glaubwürdigkeit des Zeugen bilden und Fragen stellen, die es zur Erforschung des Sachverhalts für geboten hält. Nur die persönliche und sachliche Unabhängigkeit des Richters und gegebenenfalls die Öffentlichkeit der gerichtlichen Zeugenvernehmung sichern die Erschöpfung des Beweismittels. In Sonderfällen kann das erkennende Gericht im Zivilverfahren die Zeugeneinvernahme einem Mitglied des Gerichts oder einem anderen Gericht übertragen. Im Zivilverfahren ist die Zeugenvernehmung von dem Antrag einer Partei abhängig.

In Deutschland erfolgt, bezogen auf das gerichtliche Verfahren (Hauptverhandlung, mündliche Verhandlung), die Vernehmung des Zeugen durch den Richter oder durch den Staatsanwalt bzw. den Verteidiger des Angeklagten. Die Parteien bzw. ihre Prozessbevollmächtigten können Fragen stellen. Eine Ausnahme gilt für das Kreuzverhör.

Für die kritische Beurteilung des Inhalts einer Zeugenaussage, etwa Aussagen, die von Belastungseifer getrieben sind, ist die Kenntnis wahrnehmungspsychologischer Grundsätze unerlässlich. Bei Anhaltspunkten für eine psychiatrische Erkrankung eines Zeugen kann im Hauptverfahren auf Antrag ein Glaubwürdigkeitsgutachten eingefordert werden. Dieses wird durch Sachverständige erstellt. Antragsteller kann jeder Prozessbeteiligte sein.

In einer Studie aus dem Jahr 1996, bei der die Versuchspersonen beschuldigt wurden, die Datengewinnung durch ihr Verhalten im Experiment unmöglich gemacht zu haben, zeigte sich eine starke Auswirkung von Zeugenaussagen auf die Internalisierung von Schuld und Generierung von falschen Geständnissen bei den Beschuldigten. Dies weist darauf hin, dass die Präsentation fälschlich beschuldigender Beweise Menschen zu der Überzeugung ihrer eigenen Schuld bringen kann, obwohl sie unschuldig sind.

Zeugen haben im Zeugenstand kein Fragerecht.
Das „Rederecht“ wird ihnen nur vom Gericht eingeräumt. Ist ein Zeuge zugleich Nebenkläger, steht ihm jedoch in dieser Eigenschaft ein Fragerecht zu.

Zu unterscheiden ist zwischen der uneidlichen Vernehmung und der Vernehmung unter Eid.

Die Aussagen der Zeugen sind in das Protokoll (Niederschrift) aufzunehmen (§ 159, § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO). Unter bestimmten Voraussetzung kann die Protokollierung durch einen Berichterstattervermerk ersetzt werden.


Rechte und Pflichten

Bei einer gerichtlichen Vorladung hat der Zeuge die Pflicht vor Gericht zu erscheinen, wahrheitsgemäß und vollständig über die von ihm wahrgenommenen Tatsachen und Zustände zu berichten und gegebenenfalls seine Aussage zu beeiden oder eidesgleich zu bekräftigen.
Der Zeuge darf Aufzeichnungen vorlegen, Beweismaterial in Form von Fotos die er bezeugen kann, Tonbandaufnahmen die seine Aussage unterstützen und Zeichnungen, auch Zeichnungen die er selbst zur Aufklärung eines Sachverhalt angefertigt hat und zu Erklärung herbeizieht.
Eine Pflicht zum Erscheinen besteht entsprechend vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

Einer staatsanwaltschaftlichen Ladung hat der Zeuge Folge zu leisten und zur Sache auszusagen aus § 161a Abs. 1 StPO. Die Staatsanwaltschaft kann gestatten, keine Angaben zur Person zu machen (§ 68 Abs. 3 StPO). Einem Zeugen soll zudem gestattet werden, statt des Wohnortes seinen Geschäfts- oder Dienstort oder eine andere ladungsfähige Anschrift anzugeben (§ 68 Abs. 2 StPO). Dies gilt nur dann, wenn ein begründeter Anlass zu der Besorgnis besteht, dass durch die Angabe des Wohnortes Rechtsgüter des Zeugen oder einer anderen Person gefährdet werden oder dass auf Zeugen oder eine andere Person in unlauterer Weise eingewirkt werden wird.

Auch bei einer Ladung durch die ermittelnde Polizei (Deutschland) besteht für Zeugen diese Erscheinungs- und Aussagepflicht, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt (§ 163 Abs. 3 StPO). Diese Aussage- oder Auskunftspflicht gegenüber der Polizei kann auch Kreditinstitute betreffen.

Folgt der Zeuge einer Vorladung nicht, können gegen ihn Ordnungsmittel wie Ordnungsgeld, Vorführung oder Ordnungshaft in Betracht kommen.

Ein Zeugnisverweigerungsrecht (Aussageverweigerungsrecht) besteht nur, wenn der Zeuge glaubhaft machen kann, mit einer Partei oder – im Strafprozess – mit dem Angeklagten verwandt, verschwägert oder verlobt zu sein (§ 52 ff StPO). Für Berufsgeheimnisträger (z. B. Arzt, Seelsorger, Verteidiger) ergibt sich ein Zeugnisverweigerungsrecht aus ader StPO, aber nur unter den dort genannten Voraussetzungen. Wird der Zeuge auf das Zeugnisverweigerungsrecht im Rahmen der Vernehmung nicht hingewiesen, hat dies gegebenenfalls ein Beweisverwertungsverbot hinsichtlich des dadurch gewonnenen Beweises zur Folge, sofern der Zeuge nicht bereits nachweisbar anderweitig Kenntnis seiner diesbezüglichen Rechte hatte.

Ein Zeuge braucht nicht auf Fragen zu antworten, wenn er bei wahrheitsgemäßer Auskunft eine eigene Straftat einräumen müsste (§ 55 StPO). Ihm steht insofern also ein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Die vorsätzliche Falschaussage ist immer dann strafbar, wenn die Aussage vor Gericht oder vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss getätigt wurde. Die Strafbarkeit hängt hinsichtlich der Strafhöhe nur davon ab, ob sie unter Eid (vgl. Meineid) oder uneidlich geleistet wurde. Im Falle des Eides ist auch der fahrlässige Falscheid strafbar.

Weiter kann der Zeuge zu seiner Vernehmung einen anwaltlichen Zeugenbeistand hinzuziehen (§ 68b StPO). Im Übrigen sind ihm seine Kosten und Auslagen (Anfahrtskosten, Verdienstausfall u. a.) zu ersetzen. Näheres dazu regelt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG). Unter bestimmten Umständen (Gefahr für den Zeugen u. ä.) kann Zeugenschutz gewährt werden.

Zu den Pflichten eines Zeugen zählt ferner die Duldung von körperlichen Untersuchungsmaßnahmen (§ 81c StPO).


Abgrenzung zum Sachverständigen

Der Sachverständige stellt dem Gericht Fachkunde auf der Grundlage von Wissen zur Verfügung, über das die Berufsrichter als Juristen und die ehrenamtlichen Richter nicht verfügen. Ein Sachverständiger ist oft austauschbar, weil über seinen abstrakten Sachverstand regelmäßig mehrere Sachverständige verfügen, während ein Zeuge meist nicht ersetzt werden kann, weil nur er eine konkrete Wahrnehmung, nämlich seine Wahrnehmung schildern kann. Weiterhin muss ein Sachverständiger durch das Gericht bestellt werden.

Soweit ein vor Gericht erscheinender Sachverständiger über Wahrnehmungen berichtet, die er nur aufgrund seiner besonderen Fachkunde machen konnte (z. B. Desoxyribonukleinsäure|DNA-Untersuchungen), wird er als sachverständiger Zeuge vernommen (Zivilprozess: § 414 ZPO). Das Zusammentreffen von speziellem Sachverstand und der konkreten Wahrnehmung ist hier in der Regel rein zufällig.

Dieselbe Beweisperson kann Zeuge und Sachverständiger sein. Als was sie jeweils bezüglich einzelner Aussageninhalte anzusehen ist, richtet sich insbesondere nach der Qualität der Aussage. Die Unterscheidung ist nicht nur für die Höhe der Entschädigung gemäß Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) bedeutsam, sondern vor allem wegen des Rechts zur Ablehnung des Sachverständigen in § 406 ZPO.


Polizeiliche Zeugenfindung

Bei Zeugen können bei einem Polizeieinsatz, z. B. beim Sicherungsangriff nach einer strafbewehrten Handlung, zunächst informatorische Befragungen vorgenommen werden. Zeugen sind so bald als möglich, spätestens jedoch vor der ersten Vernehmung, über ihre Rechte und Pflichten zu belehren (§ 57 StPO).

In polizeilichen Großlagen werden Zeugensammelstellen eingerichtet. Sie dienen dazu, alle (potentiellen) Zeugen an einen Ort zu bringen, um eine Ordnung in das Einsatzgeschehen vor Ort zu schaffen. Dies dient auch der Effizienz bei der Informationsgewinnung und ist dem Arbeitsablauf förderlich.


siehe auch




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