Die Brandursachenermittlung - Teil 2
Artikel in Bearbeitung!
Der geschichtliche Hintergrund ist ebenso interessant, wie das Vorgehen am Brandplatz und die Rekonstruktion der
Brandentstehungsstelle.
Ing. Wolfgang Fiala, BSc.
Die Geschichte der Brandursachenermittlung geht bis in die Entdeckungszeit des Feuers zurück.
Brandursachenermittlung beschäftigt sich nicht nur mit dem Herausfinden der Brandursache, sondern auch mit der Abwehr von Bränden (Brandverhütung, Verhinderung von Brandstiftung) und dient damit auch dem vorbeugenden Brandschutz.
BRANDURSACHENERMITTLUNG IN ÖSTERREICH
Der vorbeugende Brandschutz und die Brandursachenermittlung gehen in Österreich bereits in das frühe Mittelalter zurück.
Allgemein gesehen waren schon die früheren Nachtwächter eine direkte Folge der Brandursachenermittlung.
Deren Aufgabe war es, das Leben und die Besitztümer der schlafenden Menschen vor Feuer und Katastrophen zu schützen.
Der Ruf des Nachtwächters lautete: „Hört Ihr Herrn und lasst Euch sagen, unsere Glock` hat zehn geschlagen, wahrt das Feuer und das Licht, das Eurem Haus kein Schaden gschiecht.“ Jede Stunde wurde eine neue Strophe mit anderem Text wiederholt, um einerseits die Zeit anzusagen, andererseits das Gefühl der Sicherheit durch das Aufpassen durch den Nachtwächter zu vermitteln.
1221 bestimmt das Stadtrecht des Babenberger Herzogs Leopold VI. für Wien, dass jeder mit Geldstrafe belegt werden solle, in dessen Haus ein Brand ausbricht.
Würde das Haus aber ganz eingeäschert, so sei dies Schaden genug für ihn. Von Löschmaßnahmen ist noch keine Rede, man wollte nur den Ausbruch des Brandes verhindern.
Kaum verwunderlich also, dass es in Wien in den Jahren 1252, 1258, 1262, 1275 und 1276 zu verheerenden Bränden kam.
1326 und 1327
legten Riesenfeuer den
Großteil von Wien neuerlich in Schutt und
Asche. Im neuen Stadtrecht von 1340
wurde zwar ein Passus zur Brandverhü
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tung aufgenommen, die enthaltenen
Maßnahmen brachten aber keinen Fort
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schritt. Die Brandkatastrophen gingen
weiter. Das konnte auch der Türmer von
St. Stephan, der erstmals 1444 nach
-
weisbar ist, durch das Läuten der Glo
-
cken bei einem Schadenfeuer nicht än
-
dern.
3)
1881
kam es am 8. Dezember zum Brand
des Ringtheaters. Dabei kamen 386 Per
-
sonen ums Leben. Einige Erkenntnisse
wurden in den vorbeugenden Brand
-
schutz übernommen
4)
Nach dem 2. Weltkrieg wollten Teile der
Alliierten eine polizeiliche Organisation
der Feuerwehren verhindern.
5)
Daher
wurde die Verantwortung der Brandursa
-
chenermittlung den Ländern übergeben.
An die Polizei wurde die Brandursache
-
nermittlung deshalb übertragen, weil es
sich hierbei oft um strafbare Taten han
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delt.
In Österreich wird die Brandursachener
-
mittlung von der Polizei durchgeführt.
Wenn es zu einem Brandgeschehen
kommt, werden sowohl Feuerwehr, als
auch Rettung und Polizei an den Einsatz
-
ort gerufen. Falls der Verdacht aufkommt,
dass es sich um eine Straftat handeln
könnte, werden auch die Bezirksermittler
für die Brandursachenermittlung der Po
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lizei an die Einsatzstelle alarmiert. Bei ei
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nem Schaden ab einer bestimmten Scha
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denshöhe oder bei Verletzten oder gar
Todesfällen wird auch die Tatortgruppe
alarmiert. Diese Gruppe konsultiert bei ei
-
nem weiteren Verdacht oder einen höhe
-
ren Schadenssumme einen Brandursa
-
chenermittler aus dem Bundeskriminalamt.
Nach Feststellung der Brandursache und
bei Vorliegen einer Brandstiftung werden
der Staatsanwalt und der Brandermittler
der Polizei informiert und mit dem Fall be
-
traut. Dem Gericht obliegt dann noch die
Bestellung eines gerichtlich beeidigten
und zertifizierten Brandursachenermitt
-
lers.
Bei privatem Interesse (Versicherungen)
kann auch eine Brandursachenermittlung
über Vertreter der Versicherung durchge
-
führt werden. Einige Jahre lang wurde
diese Aufgabe auch von der Feuerwehr
übernommen, diese war aber an Erkennt
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nissen und Maßnahmen des vorbeugen
-
den Brandschutzes und nicht an der Fest
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stellung einer Straftat interessiert. Die
Ermittlungen waren durch das Wiener
Feuerwehrgesetz gedeckt.
„§ 9. FESTSTELLUNG DER BRANDURSACHE.
(1) Die Organe der Feuerwehr haben un
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beschadet der Befugnisse sonstiger Or
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gane der öffentlichen Aufsicht an Ort und
Stelle Erhebungen über den Brand und
seine Ursache zu pflegen und wahrge
-
nommene Übelstände den zuständigen
Behörden anzuzeigen.
(2) Jedermann ist verpflichtet, den Behör
-
denorganen die zur Feststellung der
Brandursachen erforderlichen Erhebun
-
gen zu ermöglichen und alle zweckdien
-
lichen Auskünfte zu erteilen“
6)
1) vgl. erste Strophe von einer achtstrophigen alten Volks
-
weise, bekannt als Nachtwächterlied, Autor unbekannt, 18 Jh.
gefunden im Volksliederarchiv im Internet, gelesen am
08.07.2010, 19:00Uhr
2) Wien und seine Feuerwehr, S. 19.
3) Wien und seine Feuerwehr, S. 24.
5) Schubert Rene; Brandbekämpfung und Brandursachener
-
mittlung – zwangsläufig ein Widerspruch? 2005; VdS Verlag;
Seite 17
6) Wiener Feuerwehrgesetz; Landesgesetzblatt für Wien Jahr
-
gang 1957 Ausgegeben am 27. Juli 1957
Hier einige Beispiele, durch welche Or
-
gane die Brandursachenermittlung in an
-
deren Ländern durchgeführt wird.
VEREINIGTE STAATEN
In den Vereinigten Staaten gibt es meh
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rere Organisationen, die sich mit der
Brandursachenermittlung beschäftigen.
Behördlich sind unter anderem die Feu
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erwehr und die Polizei dazu befugt. Pri
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vate Organisationen sind zum Beispiel
die National Fire Protection Association
(NFPA). Private Organisationen kommen
erst später an die Brandstelle, das Brand
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geschehen ist für sie nur relevant, wenn
es sich nicht um eine Straftat handelt. Im
öffentlichen Bereich ist die Brandursa
-
chenermittlung fast ausschließlich eine
Sache der Feuerwehr. Einige Gemeinden
Die Prüfstelle für Brandschutztechnik 4/2013
BRANDURSACHENERMITTLUNG
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unterhalten gemeinsame Ermittlungsbe
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hörden, deren Mitglieder sowohl Feuer
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wehrleute als auch Polizisten mit jeweils
spezieller Ausbildung sind. Speziell in
San Diego oder auch Kalifornien können
auf diesem Wege sehr hohe Aufklärungs
-
quoten erreicht werden.
7)
In den Vereinig
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ten Staaten gibt es für die Feuerwehren
spezielle Ausbildungen für die Brandur
-
sachenermittlung.
DEUTSCHLAND
In Deutschland wird die Brandursache
-
nermittlung, wie auch in Österreich, von
der Polizei durchgeführt.
DEUTSCHE DEMOKRATISCHE REPUBLIK
Eine Ausnahme bei den Alliierten bildete
die sowjetische Besatzungszone. Die
Feuerwehr der DDR war ein Organ der
Volkspolizei und auch mit den Aufgaben
der Brandursachenermittlung betraut. Es
ist daher nicht weiter verwunderlich, dass
die besten Unterlagen bezüglich der
Brandursachenermittlung in deutscher
Sprache in der DDR vor dem Mauerfall
entstanden sind.
7) Fritsche A.; San Diego-Feuerwehr mit vielen Spezial Teams;
Zeitschrift Feuerwehrmagazin Ausgabe 12; 1986 Seite 56 -
57
BEFUNDERSTELLUNG
VORGEHEN AM BRANDPLATZ
Um am Brandort korrekt vorgehen zu
können, muss dem Brandursachenermitt
-
ler bewusst sein, aus welchem Grund
seine Arbeit benötigt wird. Eine Ermitt
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lung, die nur auf die Feststellung einer
vorliegenden Straftat abzielt, ist für die
Polizei relevant, die Feuerwehr beschäf
-
tigt sich allerdings weitgehend mit dem
vorbeugenden Brandschutz. Im Falle ei
-
ner Brandursachenermittlung für ein Ge
-
richt stellt sich entweder die Frage einer
Straftat nach § 169 oder nach § 170 StGB
oder das Gericht ist mit einer Schadener
-
satzklage befasst. Wenn die Feuerwehr
eine Brandursachenermittlung durch
-
führt, dann werden auch technische
Brandursachen beleuchtet und es wer
-
den die Ergebnisse in den vorbeugenden
Brandschutz eingearbeitet.
Bei einem Brandgeschehen wird die Feu
-
erwehr gerufen und sie hat bei ihrer Ar
-
beit zuerst die Aufgabe, Menschenleben
zu retten, teilweise auch unter Einsatz der
eigenen Gesundheit. Erst anschließend
kümmert sie sich um Tierrettung und um
Gefahren für die Umgebung. Danach folgt
die Rettung von Sachgut. Diese notwen
-
dige Reihung beim Vorgehen hat zur
Folge, dass die Anliegen der Brandursa
-
chenermittlung im Feuerwehreinsatz
nicht beachtet werden können. Zudem
sind Wind- und Wetterverhältnisse und
verschiedene Bauweisen zu beachten,
aber auch die Einhaltung des vorbeugen
-
den Brandschutzes ist in die Überlegun
-
gen der Brandursachenermittlung mit ein
-
zubeziehen.
EINTREFFEN AM BRANDORT
Nach dem Eintreffen am Brandort ist eine
gründliche Besichtigung des Brandobjek
-
tes und seiner Umgebung durch den
Brandursachenermittler durchzuführen.
Man beobachtet Witterungsverhältnisse,
Entfernung des Brandobjektes zu ande
-
ren Gebäuden, auffällige Personen und
Gegenstände (Benzinkanister, Fackeln,
etc.) und vieles mehr.
BETRACHTUNG DES BRANDOBJEKTES
VON AUSSEN
Nach der ersten Besichtigung sucht man
nach Rauchfahnen oder Schwelgasnie
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derschlägen an der Außenmauer. Außer
-
dem ist es wichtig festzustellen, ob es zu
einem Feuerüberschlag gekommen ist.
In weiterer Folge ist auf Brandzerrungen
des Daches zu achten. Schwelgasnieder
-
schläge entstehen an kühlen Wänden im
Raum oder sie gelangen durch Risse,
Spalten oder andere kleine Öffnungen in
den nächsten Raum. Rauchfahnen sind
eine Art von Schwelgasniederschlägen
und eine markante Kennzeichnung, die
sich meist über Öffnungen (Fenster, Tü
-
ren) bildet oder an diesen besser erkenn
-
bar ist. Diese Kennzeichnungen entste
-
hen durch Brandrauchgase, in welchen
sich unvollständig verbrannte Kohlen
-
stoffteilchen befinden, die sich dann an
den Wänden absetzen. Bei geschlosse
-
nen Fenstern und Türen sind diese
Brandkennzeichnungen ausschließlich
bei erhöhtem Druck möglich.
VORGEHEN AM BRANDORT
Bei genauerer Betrachtung und Annähe
-
rung an den Brandort sollten Fotos und/
oder Videoaufnahmen gemacht werden.
Brandbilder werden bei der Brandursa
-
chenermittlung nach und nach zerstört
oder verändert, daher ist ein Foto zu Be
-
ginn der Arbeit und eine weitere fotogra
-
fische Dokumentation jedes weiteren Ar
-
beitsschrittes von Vorteil, um später die
Veränderungen durch die Brandursache
-
nermittlung nachvollziehen zu können.
Es gilt auch unbedingt, Brandtourismus
zu verhindern. Unter dem Begriff Brand
-
tourismus versteht man, dass sich einige
Personen im Bereich der Brandentste
-
hungsstelle aufhalten oder diese durch
-
schreiten. Um die Zerstörung von Indizien
und Beweisen durch diese Personen zu
verhindern, sollte der Bereich unverzüg
-
lich gesperrt werden. Dieser Brandtouris
-
mus kann auch durch Einsatzkräfte pas
-
sieren, deshalb sollten nur die
Brandursachenermittler nach den
Löscharbeiten den gesperrten Bereich
betreten dürfen.
Eine der wichtigsten Aufgaben ist, die
Stellung der Sicherungen zur Zeit des
Brandes festzustellen. Vor allem Einsatz
-
kräfte neigen dazu, alle Sicherungen ab
-
zuheben. Dies ist mit Hilfe der Schwel
-
gasniederschläge normalerweise keine
Hürde, wenn die Sicherungen nicht zu
stark thermisch umgesetzt worden ist.
Generell sollte zumindest sichergestellt
werden, ob der FI ausgelöst hat oder
nicht.
Auch am Brandort gilt es zuerst zu beob
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achten und zu fotografieren. Anfängliche
Beobachtungen des Brandursachener
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mittlers können zu einer schnelleren Ur
-
sachenfindung beitragen. Brandgerüche,
Rauchfahnen, Abbrandspuren, Brand
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zehrungen, Schüttspuren, Sperrverhält
-
nisse, Brandspuren an Glas, Blitzschlag
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spuren, Brandtrichter, Auswirkungen des
Brandes auf Metallteile oder thermische
Einwirkungen auf Metalle, Schmelzper
-
len an elektrischen Leitungen, Einschmel
-
zungen, Abtropfspuren, Scherstellen, Na
-
gespuren von Tieren, Spuren im Erntegut,
lokale Einbrennspuren, Spuren von Stich
-
flammen, mehrere Brandstellen, Zeichen
für hohe Temperaturen, Einwirkung von
Menschen auf Brände und umgekehrt
können wichtige Hinweise sein.
Die wesentlichste Aufgabe ist es, die
Brandentstehungsstelle zu lokalisieren
und festzulegen. Nach dieser Festlegung
sollte man verschiedene Situationen
durchdenken und mit den Spuren verglei
-
chen. Erst bei Übereinstimmung der Spu
-
ren mit einer logischen Ursache darf man
diese Brandentstehungsstelle in Betracht
ziehen. Zeugenaussagen sind ebenfalls
in die Ermittlung mit einzubeziehen. Die
Lage der Brandentstehungsstelle ist wäh
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rend der ganzen Brandursachenermitt
-
lung immer zu hinterfragen und mit den
Ermittlungsergebnissen abzugleichen.
SUBJEKTIVE EINDRÜCKE
Bei der Zeugenbefragung muss man zwi
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schen Einsatzkräften und „Laien- Zeu
-
gen“ unterscheiden. Menschen, die sonst
nichts mit Brandgeschehen und sonsti
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gen Einsätzen zu tun haben, sind oft tief
BRANDURSACHENERMITTLUNG
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Die Prüfstelle für Brandschutztechnik 4/2013