Hinweise zur Bedarfsplanung in NRW

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Hinweise zur Bedarfsplanung in NRW
ist die Grundlage zur Ermittlung der Gefahrenabwehr zur Feststellung des erforderlichen Kräftebedarfs und der erforderlichen Ausstattungsmerkmale der Feuerwehr

Laut dem „Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz“ (BHKG) sind im Bundesland Nordrhein-Westfalen die Städte und Gemeinden dazu verpflichtet, eine den örtlichen Verhältnissen entsprechend leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten. Hierzu haben Städte und Gemeinden unter Beteiligung ihrer Feuerwehr Brandschutzbedarfspläne und Pläne für den Einsatz der öffentlichen Feuerwehr aufzustellen, umzusetzen und spätestens alle fünf Jahre fortzuschreiben.
Zur Beurteilung des unbestimmten Rechtsbegriffs „leistungsfähige Feuerwehr“ werden standardisierte Szenarien (Schutzzielszenarien) für den Brandeinsatz und für die Technische Hilfeleistung herangezogen. Auf deren Grundlage werden der zur Gefahrenabwehr erforderliche Kräftebedarf und die erforderlichen Ausstattungsmerkmale der Feuerwehr abgeleitet.
Schutzzielszenarien sind Schadensereignisse, die mit hoher Wahrscheinlichkeit im Gemeindegebiet auftreten können und aufgrund des Schadensausmaßes regelmäßig Personen- und/ oder Sachschäden fordern.
Bei den Szenarien handelt es sich im Wesentlichen um Standardereignisse, die zu den gesetzlichen Pflichtaufgaben (Bekämpfung von Schadenfeuern, Hilfeleistung bei Unglücksfällen und öffentlichen Notständen, vgl. § 1 Absatz 1 BHKG) zählen. Das aus der Analyse hervorgehende individuelle Gefahrenpotenzial der Gemeinde oder Stadt (örtliche Verhältnisse, vgl. § 3 Abs. 1 BHKG), kann die Szenarien zudem konkretisieren.

Solche Standardereignisse sind in jeder Gemeinde Brände in Gebäuden und Unfallereignisse. Bezüglich der Brandereignisse wird das Schadensausmaß anhand der ortsüblichen Bauweise definiert. Dies wird bestimmt durch die Nutzung und Größe, die Bauweise und die zu erwartenden betroffenen Personen, sofern dies Einfluss auf die Funktionsstärke hat. Die Planungsgrundlage ist in der Regel der Wohnungsbrand in einem Mehrfamilienhaus mit verrauchtem Rettungsweg und einer vermissten Person (kritischer Wohnungsbrand nach AGBF) und ein Verkehrsunfall mit zwei Fahrzeugen mit einer eingeklemmten Person und auslaufendem Kraftstoff. Zur Gefahrenabwehr müssen die erforderlichen Einsatzkräfte und Einsatzmittel innerhalb eines bestimmten Zeitraums an der Einsatzstelle einsatzbereit verfügbar sein. Daher wird die Leistungsfähigkeit einer Feuerwehr auf Basis der Qualitätskriterien Hilfsfrist, Funktionsstärke, Erreichungsgrad und Einsatzmittel untersucht. Diese Kriterien werden im Folgenden beschrieben.


Hilfsfrist

Die Hilfsfrist definiert den Zeitraum vom Beginn der Notrufabfrage in der Leitstelle bis zum Eintreffen der erforderlichen Einsatzkräfte an der Einsatzstelle (vgl. Definition DIN 14011). Sie besteht aus drei Teilen, welche sich zusammen zur Hilfsfrist aufaddieren: Die Dispositionszeit, die Ausrückzeit und die Fahrzeit. Für kreisangehörige Gemeinden übernimmt in der Regel die Leitstelle die Notrufabfrage und Alarmierung. Daher ist dieser Zeitraum von der Feuerwehr nicht direkt beeinflussbar. Allerdings wird die durchschnittliche Dispositionszeit im Rahmen des Bedarfsplanes statistisch ermittelt und im Rahmen der Hilfsfristauswertung berücksichtigt. Die Ausrückzeit hingegen kann durch die Feuerwehr direkt beeinflusst werden. Dies ist die Zeit ab Alarmierung der Einsatzkräfte, bis das erste Löschfahrzeug das Feuerwehrhaus verlässt. Der letzte Faktor zur Errechnung der Hilfsfrist ist die Fahrzeit zwischen dem Ausrücken der Einsatzkräfte und der Ankunft an der Einsatzstelle. Diese Zeit ist nur indirekt durch die Feuerwehr zu beeinflussen und spiegelt stark die örtlichen Gegebenheiten (u. a. Verkehrsaufkommen, Straßensituation, Entfernung) wider. Diese drei Teile der Hilfsfrist müssen separat betrachtet werden.
Die Festlegung der geforderten Hilfsfrist fußt auf der Annahme, dass sich Personen, die dem Brandrauch ausgesetzt sind, in akuter Lebensgefahr befinden. Die Erfahrungen der Feuerwehren mit kritischen Wohnungsbränden zeigen, dass Personen- und Sachschäden mit zunehmender Entwicklungsdauer des Brandes exponentiell zunehmen. Daher sind Maßnahmen zur Menschenrettung schnellstmöglich einzuleiten. Als Qualitätskriterium für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten hat die Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren (AGBF) eine Hilfsfrist von 9,5 Minuten (1,5 Minuten Gesprächs- und Dispositionszeit und 8 Minuten Eintreffzeit) ausgegeben.


Funktionsstärke

Die taktische Grundeinheit der Feuerwehr bildet eine Gruppe (vgl. Feuerwehr Dienstvorschrift 3). Diese besteht aus Einheitsführer, Maschinist, Melder und je zwei Kräften des Angriffs-, Wasser- und Schlauchtrupps (9 Funktionen). Im Löscheinsatz kann die Gruppe umfangreiche Maßnahmen zur Rettung bedrohter Personen durchführen, oder die Brandbekämpfung einleiten. Durch den Schlauchtrupp und Melder können die anderen Einsatzkräfte unterstützt oder ergänzende Maßnahmen parallel durchgeführt werden: z. B. Aufbau einer tragbaren Leiter oder Lüftereinsatz.
Auch in der Technischen Hilfe ist die Gruppe die Einheit, die eigenständig die Standardaufgaben zur Rettung einer eingeklemmten Person durchführen kann:

Versorgung des Verletzten, Sicherung der Unfallstelle (Verkehrssicherung, Sicherstellung Brandschutz, Sicherung des Fahrzeugs), technische Rettungsmaßnahmen zur Befreiung der Person.


Die Staffel (6 Funktionen) ist - gemäß FwDV 3 - die kleinste Einheit, die eine Menschenrettung aus dem Gefahrenbereich, beispielsweise unter umluftunabhängigem Atemschutz, autark durchführen kann. Dies bei entsprechenden Qualifikationen der Einsatzkräfte und den notwendigen Einsatzmitteln, sowie unter Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Aspekte und rechtlicher Vorgaben (beispielsweise das Stellen des Sicherheitstrupps).
Zur Brandbekämpfung, welche in der Regel nach der Menschenrettung durchgeführt wird, werden weitere Einheiten benötigt. Bei diesen ist es jedoch ausreichend, wenn sie leicht verspätet an der Einsatzstelle eintreffen.
Als Qualitätskriterium für die Bedarfsplanung von Feuerwehren in Städten hat die AGBF eine Mindestfunktionsstärke von 10 Einsatzkräften (eine Gruppe, also 9 Funktionen, plus Zugführer) nach einer Hilfsfrist von 9,5 Minuten angesetzt. Nach weiteren 5 Minuten soll zur Brandbekämpfung eine weitere Staffel (6 Funktionen) eintreffen. Der notwendige Personaleinsatz hängt jedoch auch stark mit der Bebauungsstruktur zusammen, so dass teilweise von der Zielstellung der AGBF abgewichen werden kann.


Erreichungsgrad

Der „Erreichungsgrad“ ist der prozentuale Anteil der Einsätze, bei dem die Zielgrößen „Hilfsfrist“ und „Funktionsstärke“ eingehalten werden. Ein Erreichungsgrad von z. B. 80 % bedeutet, dass für 4/5 aller Einsätze die Zielgrößen eingehalten werden, bei 1/5 der Einsätze jedoch nicht.
Die AGBF hat im Allgemeinen einen Zielerreichungsgrad von 90 % für Feuerwehren in Städten definiert. Naturgemäß ist das Erreichen aller Einsätze unrealistisch, da sehr viele Faktoren (bspw. Verkehrsaufkommen, Witterungsverhältnisse, Paralleleinsätze) vereinzelt zu einem verspäteten Eintreffen führen können.


Einsatzmittel

Um einen effektiven Erstangriff mit erfolgender Menschenrettung durchführen zu können, ist es nicht nur wichtig, ausreichend Personal in kurzer Zeit an der Einsatzstelle verfügbar zu haben. Zusätzlich ist es wichtig, dass geeignete Einsatzmittel bereitstehen. Eine erfolgreiche Menschenrettung kann im Regelfall bereits mit dem ersteintreffenden Löschfahrzeug mit Atemschutz und einer mobilen Löschwasserreserve auf dem Fahrzeug durchgeführt werden. Bei Technischer Hilfe ist es wichtig, auf Material zur Verkehrssicherung, zur Sicherstellung des Brandschutzes, zur Sicherung des Unfallfahrzeugs sowie auf einen Hilfeleistungssatz zur Befreiung von Personen zurückgreifen zu können.


Autor:

FORPLAN Forschungs- und Planungsgesellschaft für Rettungswesen, Brand- und Katastrophenschutz m.b.H


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